Info
Geb.: 23.11.1901 in Ingolstadt
Gest.: 2. 2.1974 in Ingolstadt
Marieluise Fleißer im Juli 1965 (Bayerische Staatsbibliothek München/Timpe)
Namensvarianten: Luise Marie Fleißer, verh. Haindl

Marieluise Fleißer

Marieluise Fleißer wird als zweite Tochter eines Geschmeidemachers und Eisenwarenhändlers nach Angaben der Hebamme am 22., laut Kirchenbuch am 23. November 1901 in Ingolstadt geboren. Sie besucht dort die Volksschule, wechselt 1914 nach Regensburg in das Mädchengymnasium der Englischen Fräulein und macht fünf Jahre später Abitur. Während ihres theaterwissenschaftlichen Studiums an der Ludwig-Maximilians-Universität in München lernt sie Lion Feuchtwanger und über ihn Bertolt Brecht kennen. Beide regen sie an, Stücke zu schreiben. Ihr erstes Stück Die Fußwaschung wird 1926 in Berlin unter dem Titel Fegefeuer in Ingolstadt erfolgreich uraufgeführt.

1927 reist die Studentin ohne Abschluss nach Berlin und gewinnt in der Folgezeit beste Kontakte zur dortigen Literatur- und Kritikerszene. Es ist Brecht, der sie fördert und zur Abfassung des Stücks Pioniere in Ingolstadt auf der Basis realer Ereignisse ermutigt. Die erotisch und politisch verschärfte Inszenierung 1929 im Theater am Schiffbauerdamm erregt Aufsehen und verschafft Fleißer literarisches Renommee, aber auch Anfeindung, vor allem in ihrer Heimatstadt.

1929 erscheint ihr Erzählungsband Ein Pfund Orangen, 1931 die Mehlreisende Frieda Geier, der „Versuch eines Romans“. Nachdem sie die Beziehung zu Brecht und ihre eigene Verlobung aufgelöst hat, unternimmt Fleißer mit dem rechtskonservativen Schriftsteller Hellmut Draws-Tychsen Reisen nach Schweden (1929) und Andorra (1930). Bedingt durch finanzielle Probleme und infolge seelischer Demütigung durch Draws-Tychsen beginnt für Fleißer eine lang anhaltende Leidenszeit, die sie derart zerrüttet, dass sie 1932 versucht, sich umzubringen. Im Herbst desselben Jahres kehrt sie von Berlin nach Ingolstadt zurück; 1935 heiratet sie ihren Ex-Verlobten Bepp Haindl.

Die Nazidiktatur übersteht Marieluise Fleißer nur unter Schwierigkeiten. Ihr Name gerät auf die Liste der unerwünschten Literatur, sie selbst erleidet durch mehrfache Arbeitsüberlastung 1938 einen Nervenzusammenbruch, der sie zum Kuraufenthalt Neufriedenheim bei München zwingt, und wird zwei Jahre vor Kriegsende als Rüstungshilfsarbeiterin eingesetzt.

Trotz neuerlicher Erfolge, Preise und Ehrungen in der Nachkriegszeit dauert ihre Krise an: Sie muss ihrem Mann im Tabakwarengeschäft helfen und findet keine Zeit zum Schreiben. 1958 stirbt Bepp Haindl, mit dem sie das Geschäft geführt hat, das sie nun unter ungünstigen Bedingungen verkauft. Die 57jährige erleidet einen Herzinfarkt und muss sich einer dreimonatigen Krankenhausbehandlung unterziehen.

In den sechziger Jahren beginnt mit der Neu-Inszenierung des Volksstücks Der starke Stamm (1950) an der Berliner Schaubühne am Halleschen Ufer eine regelrechte Fleißer-Renaissance: Autoren wie Rainer Werner Fassbinder, Martin Sperr und Franz Xaver Kroetz nehmen sich jetzt ihrer Stücke an; umgekehrt nennt die Fleißer die neuen Vertreter des kritisch-realistischen Volkstheaters „alle meine Söhne“.

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Dr. Peter Czoik

Sekundärliteratur:

Hartenstein, Elfi; Hülsenbeck, Annette (2001): Marieluise Fleißer. Leben im Spagat. Eine biografische und literarische Collage mit Texten, Bildern und Fotografien. Edition Ebersbach, Berlin.

Kraft, Friedrich (2004): Marieluise Fleißer (23.11.1901 – 2.2.1974). Verwurzelt im heimatlichen Raum. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 181-183.

Pedarnig, Dietlind; Ziegler, Edda (Hg.) (2013): Bayerische Schriftstellerinnen. Ein Lesebuch. Allitera Verlag, München, S. 139-151.


Externe Links:

Literatur von Marieluise Fleißer im BVB

Literatur über Marieluise Fleißer im BVB

Interview mit Marieluise Fleißer 1971

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