Info
Geb.: 12.11.1853 in Bad Kissingen
Gest.: 28.9.1921 in Bayreuth
Oskar Panizza (Archiv Monacensia)
Namensvarianten: Leopold Hermann Oskar Panizza

Oskar Panizza

Am 12. November 1853 wird Leopold Hermann Oskar Panizza als das vierte von fünf Kindern von Karl und Mathilde Panizza (geb. Speeth) in Bad Kissingen geboren. Seine gesellschaftskritischen Werke betreffen den wilhelminischen Obrigkeitsstaat, die katholische Kirche, sexuelle Tabus und bürgerliche Moralvorstellungen. Er und sein Werk sind besonders stark von der Wilhelminischen Zensur im deutschen Kaiserreich betroffen. Nach einem psychischen Verfall wird er entmündigt und in das Sanatorium Herzoghöhe eingewiesen. Dort stirbt er am 28. September 1921. 

Werdegang

Nach dem Tod des Vaters 1855 möchte Panizzas evangelische Mutter ihre katholisch getauften Kinder evangelisch erziehen, was in Bayern zu erheblichen Problemen mit den Behörden führt. Diese von religiösen Konflikten beherrschten ersten Jahre im Leben Oskar Panizzas beeinflussen sein Werk nachhaltig. Panizza macht 1877 Abitur und wird ein begeisterter Medizinstudent in München. Sein Mentor Dr. Hugo von Ziemssen schickt ihn nach absolviertem Militärdienst mit den besten Zeugnissen nach Paris. 1882 kehrt Panizza nach München zurück und tritt in der Kreis-Irrenanstalt eine Assistentenstelle bei Dr. Bernhard Gudden an.

Oskar Panizza leidet seit seiner Kindheit an depressiven Schüben und macht dafür die familiäre Vorbelastung mütterlicherseits verantwortlich. Als studierter Psychiater pflegt Panizza die Selbstanalyse und bezeichnet sich in seiner Selbstbiographie (1926) als „Patient“. Auf Grund dieser gesundheitlichen Probleme sowie Differenzen mit Dr. Gudden gibt Panizza seine Stelle 1884 auf. Durch eine Jahresrente von Seiten der Familie finanziell unabhängig geworden, kann er sich nun voll der Schriftstellerei widmen. 1890 lernt er Michael Georg Conrad kennen, einen Vertreter der Münchner Moderne und Herausgeber der Zeitschrift Gesellschaft.

1878 erkrankt Oskar Panizza an der Geschlechtskrankheit Syphilis. Das Theaterstück Liebeskonzil bringt ihm 1894 eine einjährige Gefängnisstrafe wegen Gotteslästerung ein. Nach der Entlassung emigriert Panizza nach Zürich. 1898 wird er wegen Umgangs mit einer minderjährigen Prostituierten aus der Schweiz ausgewiesen. Nach dem Umzug nach Paris gibt er Wilhelm II. die Schuld an der Ausweisung aus der Schweiz. Panizza leidet in Paris an extremer Paranoia, sieht überall Agenten von Wilhelm II. und zieht sich völlig zurück. Die deutschen Behörden frieren sein Vermögen ein. Völlig mittellos ist er 1901 zur Rückkehr nach München gezwungen, wo er sofort verhaftet wird. Nach vier Monaten Gefängnis wird er für sechs Wochen in seine ehemalige Arbeitsstätte, die Kreis-Irrenanstalt eingewiesen. Wieder entlassen, verschlimmern sich die psychischen Probleme derart, dass Panizza sich schließlich selbst in eine Nervenheilanstalt einweisen lässt. Nach einigen Monaten wird er in ein Sanatorium in Bayreuth verlegt und am 28. März 1905 entmündigt. Seine letzten 16 Lebensjahre verbringt er isoliert in Bayreuth, bis er am 28. September 1921 an einem Schlaganfall stirbt.

Wichtige Werke (Auswahl)

Oskar Panizza schreibt insgesamt 35 Bücher und zahlreiche Aufsätze, die jedoch erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewürdigt werden. Die zutiefst religiöse Mutter, nach seinem Ableben für den literarischen Nachlass von Oskar Panizza zuständig, lässt sein bisher unveröffentlichtes Tagebuch weitgehend zensieren und sorgt so dafür, dass Panizzas literarische Hinterlassenschaften heute nur noch unvollständig vorhanden sind. Seine visionäre Kurzgeschichte Die Menschenfabrik wird erst 1984 veröffentlicht, und das Theaterstück Liebeskonzil, in dem Panizza beschriebt, wie ein greiser Gott den sündigenden Päpsten die Syphilis als Strafe auf die Erde schickt, wird 1969 in Paris uraufgeführt. In der Zeitschrift Gesellschaft veröffentlicht Oskar Panizza wissenschaftliche und literarische Artikel. Durch gesellschaftskritische Aufsätze und Vorträge wie „Genie und Wahnsinn“  gerät er in den Fokus der Münchner Behörden. Das 1893 im Züricher Schabelitz-Verlag veröffentlichte Buch Die unbefleckte Empfängnis der Päpste, eine Kritik an der katholischen Kirche, wird im Deutschen Reich verboten.

Oskar Panizza bricht 1886 im Buch Abschied von München mit der Stadt und gibt seine bayerische Staatsbürgerschaft auf. Dieses Werk wird sofort konfisziert und Panizza steckbrieflich gesucht. In der Gedichtesammlung Parisjana, „in der der persönliche Widersacher des Verfassers, Wilhelm II., zum öffentlichen Feind der Menschheit und ihrer Kultur hingestellt“ wird, rächt er sich an dem König Wilhelm, der vermeidlich Schuld an Panizzas Ausweisung aus der Schweiz ist.

Stil / Rezeption

Panizza erklärt selbst, er schreibt, „da intensive Beschäftigung mit fremden Sprachen und literarische Produktion als das beste Ableitungsmittel für allerlei psichopatische [sic!] Anwandlungen sich herausstellte“. 

Tätigkeiten im literarischen Betrieb

Oskar Panizza gründet den Verlag sowie die gleichnamige, als Flugblätter erscheinende Zeitschrift Zürcher Diskußjonen [sic!], in dem er Aufsätze des Züricher Freundeskreises veröffentlicht.

Verfasst von: Monacensia.Literaturarchiv und Bibliothek/ Sylvia Schütz

Sekundärliteratur:

Bauer, Michael (1984): Oskar Panizza. Ein literarisches Porträt. Hanser, München.

Ders. (2019): Oskar Panizza. Eine Biografie. Allitera, München.

Bauer, Michael; Gertacker, Christine (Hg.) (2019): Oskar Panizza. Ein Lesebuch. Allitera, München.

Lippert, Friedrich (1926): In memoriam Oskar Panizza. Stobbe, München.

Meid, Volker (20062): Reclams Lexikon der deutschsprachigen Autoren. Stuttgart, S. 738f.


Externe Links:

Literatur von Oskar Panizza im BVB

Literatur über Oskar Panizza im BVB

Website zu Oskar Panizza

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