SAID
SAID, 1947 in Theran geboren, erlebt zwei Exile in Deutschland: eines in den 1960ern, als er sich während des Auslandsstudiums gegen den Shah engagiert, eines seit den 1980ern, als ihn das Mullah-Regime zur literarischen Stimme der Exilierten werden lässt. Dementsprechend dominieren Themen wie Heimat, Exilerfahrungen und Sprache sein vielfach ausgezeichnetes literarisches Werk, in dem er verschiedene Perspektiven aus und über Deutschland sowie den Iran einnimmt. Der Autor stirbt in München am 15. Mai 2021, kurz vor seinem vierundsiebzigsten Geburtstag.
Werdegang
SAID (Pseudonym) wird als Sohn eines Offiziers geboren. Erst im Alter von 43 Jahren lernt er seine Mutter kennen, die vom Vater gleich nach der Geburt des Sohnes verstoßen wurde.
1965 kommt SAID zum Studium nach Deutschland und engagiert sich 1968 bei Studentenprotesten gegen den Schah. Nach dem Sturz des kaiserlichen Regimes ist es für ihn zwar möglich, wieder in seine Heimat Iran zurückzukehren, doch er bleibt nur für kurze Zeit. Die autoritäre Herrschaft der Mullahs, die sich in neuen Repressionen und Gewalt äußert, lässt ihn zum zweiten Mal ins Exil nach Deutschland gehen. Seit 1979 lebt SAID in München – als deutschsprachiger Dichter aus dem Iran.
Wichtige Werke (Auswahl)
1981 erscheint sein erstes Buch: liebesgedichte. Themen sind neben der Liebe das Exil, die Heimatlosigkeit und die Sprache. 1987 publiziert er 75 poetische Bilder seiner Iran-Reise von 1979 unter dem Titel wo ich sterbe, ist meine fremde. Ein Protokoll des Terrors aus Telefongesprächen, Todesnachrichten und Gedichten bildet der lange arm des mullahs (1995).
1992 erscheint sein Poem selbstbildnis für eine ferne mutter und 2001 die Fortsetzung landschaften einer fernen mutter. Beide Werke basieren auf SAIDS eigenen Kindheitserlebnissen und der späten Begegnung mit seiner Mutter. 1999 stellt SAID unter dem Titel Dieses Tier, das es nicht gibt ein ironisches Bestiarium realer und imaginierter Tiere vor. In dem 2004 publizierten Gesprächsband in deutschland leben (mit Wieland Freund) blickt SAID als Außenseiter, der „seine Wahlheimat weder glorifizieren noch verteufeln muss“ (Süddeutsche Zeitung), auf sein Exilland. Auch in seinem 2008 erscheinenden Erzählband Der Engel und die Taube spielt das Fremdsein eine tragende Rolle. 2010 folgt der Essayband Das Niemandsland ist unseres. West-östliche Betrachtungen. In seiner Gedichtsammlung Ruf zurück die Vögel (2010) wirft SAID einen poetisch-kritischen Blick auf unsere Zivilisation und lässt mit großer Fabulierlust historische und mythische Figuren lebendig werden.
Darüber hinaus publiziert SAID auch Kinderbücher, beispielsweise Es war einmal eine Blume (1998) oder Schneebären lügen nie (2013). Hörspiele wie Landschaften einer Mutter (1996) runden sein Werk ab.
Posthum erscheinen SAIDs Kindheitserinnerungen 2022 unter dem Titel Ein vibrierendes Kind.
Hier finden Sie alle Texte von SAID im Literaturportal Bayern.
Stil / Rezeption
SAIDs poetische Stimme ist von Anfang an deutsch. Ein literarischer Sprachwechsel hat nicht stattgefunden. „Die Sprache, die ich atme, ist Deutsch“, charakterisiert er sein Verhältnis zur deutschen Sprache, in der er sich von Anfang an aufgehoben fühlt. Seine Literatur verbindet Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Er betrachtet sie als Erinnerung, Vorausblick und Kommentar.
„SAIDs Notizen stehen unterhalb der großen Politik, in den täglichen Begebenheiten, die das Ausland nicht erreichen. Sie sind aber das Innenleben eines Landes“, schreibt Herta Müller in der ZEIT über wo ich sterbe, ist meine fremde.
Preise & Auszeichnungen
Für sein literarisches Schaffen erhält SAID zahlreiche Preise: 1986 den Förderpreis Literatur der Stadt München, 1992 den Civis-Hörfunk-Preis, 1996 den Preis „Literatur im Exil“ der Stadt Heidelberg, 1997 das Stipendium der Villa Aurora, Los Angeles, 2002 den Adelbert von Chamisso-Preis, 2006 die Goethe-Medaille, 2010 den Literaturpreis des Freien Deutschen Autorenverbands, 2014 den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland, 2016 den Friedrich-Rückert-Preis und 2017 den Alfred-Müller-Felsenburg-Preis für aufrechte Literatur.
Sein Engagement für verfolgte Schriftsteller wird 1997 mit der Hermann-Kesten-Medaille ausgezeichnet.
Tätigkeiten im literarischen Betrieb
Von 1995 bis 1996 ist er Beauftragter des „Writers in Prison Committee“ des deutschen P.E.N., von 2000 bis 2002 Präsident des deutschen P.E.N-Zentrums.
Sekundärliteratur:
Holzheimer, Gerd (2013): der du, ohne fromm zu sein, selig bist. Einladung ins Niemandsland zu den Westöstlichen Betrachtungen des Dichters SAID. In: Literatur in Bayern 112, H. 2, S. 38f.
Hübner, Klaus (2014): Teheran trifft Tegernsee. Über den Dichter SAID. In: Literatur in Bayern 116, S. 32f.
Meid, Volker (20062): Reclams Lexikon der deutschsprachigen Autoren. Stuttgart, S. 825f.
Externe Links:
SAID, 1947 in Theran geboren, erlebt zwei Exile in Deutschland: eines in den 1960ern, als er sich während des Auslandsstudiums gegen den Shah engagiert, eines seit den 1980ern, als ihn das Mullah-Regime zur literarischen Stimme der Exilierten werden lässt. Dementsprechend dominieren Themen wie Heimat, Exilerfahrungen und Sprache sein vielfach ausgezeichnetes literarisches Werk, in dem er verschiedene Perspektiven aus und über Deutschland sowie den Iran einnimmt. Der Autor stirbt in München am 15. Mai 2021, kurz vor seinem vierundsiebzigsten Geburtstag.
Werdegang
SAID (Pseudonym) wird als Sohn eines Offiziers geboren. Erst im Alter von 43 Jahren lernt er seine Mutter kennen, die vom Vater gleich nach der Geburt des Sohnes verstoßen wurde.
1965 kommt SAID zum Studium nach Deutschland und engagiert sich 1968 bei Studentenprotesten gegen den Schah. Nach dem Sturz des kaiserlichen Regimes ist es für ihn zwar möglich, wieder in seine Heimat Iran zurückzukehren, doch er bleibt nur für kurze Zeit. Die autoritäre Herrschaft der Mullahs, die sich in neuen Repressionen und Gewalt äußert, lässt ihn zum zweiten Mal ins Exil nach Deutschland gehen. Seit 1979 lebt SAID in München – als deutschsprachiger Dichter aus dem Iran.
Wichtige Werke (Auswahl)
1981 erscheint sein erstes Buch: liebesgedichte. Themen sind neben der Liebe das Exil, die Heimatlosigkeit und die Sprache. 1987 publiziert er 75 poetische Bilder seiner Iran-Reise von 1979 unter dem Titel wo ich sterbe, ist meine fremde. Ein Protokoll des Terrors aus Telefongesprächen, Todesnachrichten und Gedichten bildet der lange arm des mullahs (1995).
1992 erscheint sein Poem selbstbildnis für eine ferne mutter und 2001 die Fortsetzung landschaften einer fernen mutter. Beide Werke basieren auf SAIDS eigenen Kindheitserlebnissen und der späten Begegnung mit seiner Mutter. 1999 stellt SAID unter dem Titel Dieses Tier, das es nicht gibt ein ironisches Bestiarium realer und imaginierter Tiere vor. In dem 2004 publizierten Gesprächsband in deutschland leben (mit Wieland Freund) blickt SAID als Außenseiter, der „seine Wahlheimat weder glorifizieren noch verteufeln muss“ (Süddeutsche Zeitung), auf sein Exilland. Auch in seinem 2008 erscheinenden Erzählband Der Engel und die Taube spielt das Fremdsein eine tragende Rolle. 2010 folgt der Essayband Das Niemandsland ist unseres. West-östliche Betrachtungen. In seiner Gedichtsammlung Ruf zurück die Vögel (2010) wirft SAID einen poetisch-kritischen Blick auf unsere Zivilisation und lässt mit großer Fabulierlust historische und mythische Figuren lebendig werden.
Darüber hinaus publiziert SAID auch Kinderbücher, beispielsweise Es war einmal eine Blume (1998) oder Schneebären lügen nie (2013). Hörspiele wie Landschaften einer Mutter (1996) runden sein Werk ab.
Posthum erscheinen SAIDs Kindheitserinnerungen 2022 unter dem Titel Ein vibrierendes Kind.
Hier finden Sie alle Texte von SAID im Literaturportal Bayern.
Stil / Rezeption
SAIDs poetische Stimme ist von Anfang an deutsch. Ein literarischer Sprachwechsel hat nicht stattgefunden. „Die Sprache, die ich atme, ist Deutsch“, charakterisiert er sein Verhältnis zur deutschen Sprache, in der er sich von Anfang an aufgehoben fühlt. Seine Literatur verbindet Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Er betrachtet sie als Erinnerung, Vorausblick und Kommentar.
„SAIDs Notizen stehen unterhalb der großen Politik, in den täglichen Begebenheiten, die das Ausland nicht erreichen. Sie sind aber das Innenleben eines Landes“, schreibt Herta Müller in der ZEIT über wo ich sterbe, ist meine fremde.
Preise & Auszeichnungen
Für sein literarisches Schaffen erhält SAID zahlreiche Preise: 1986 den Förderpreis Literatur der Stadt München, 1992 den Civis-Hörfunk-Preis, 1996 den Preis „Literatur im Exil“ der Stadt Heidelberg, 1997 das Stipendium der Villa Aurora, Los Angeles, 2002 den Adelbert von Chamisso-Preis, 2006 die Goethe-Medaille, 2010 den Literaturpreis des Freien Deutschen Autorenverbands, 2014 den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland, 2016 den Friedrich-Rückert-Preis und 2017 den Alfred-Müller-Felsenburg-Preis für aufrechte Literatur.
Sein Engagement für verfolgte Schriftsteller wird 1997 mit der Hermann-Kesten-Medaille ausgezeichnet.
Tätigkeiten im literarischen Betrieb
Von 1995 bis 1996 ist er Beauftragter des „Writers in Prison Committee“ des deutschen P.E.N., von 2000 bis 2002 Präsident des deutschen P.E.N-Zentrums.
Holzheimer, Gerd (2013): der du, ohne fromm zu sein, selig bist. Einladung ins Niemandsland zu den Westöstlichen Betrachtungen des Dichters SAID. In: Literatur in Bayern 112, H. 2, S. 38f.
Hübner, Klaus (2014): Teheran trifft Tegernsee. Über den Dichter SAID. In: Literatur in Bayern 116, S. 32f.
Meid, Volker (20062): Reclams Lexikon der deutschsprachigen Autoren. Stuttgart, S. 825f.