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Aus der Topographia Franconiae von Matthäus Merian um 1656

Schweinfurt

Der Name der Stadt Schweinfurt verleitet nicht wenige dazu, seine Herkunft aus den beiden Bestandteilen des Worts zu erklären: Schweinfurt sei die Stadt, an der eine Furt für Schweine durch den Main geführt habe. Diese Deutung darf jedoch bezweifelt werden. Bereits vor der Mitte des 8. Jahrhunderts wird von „Suinuurde“, im Jahr 791 von „Suinfurtero marcu“ und um die Jahrtausendwende von „Suinvorde“ oder „Swinford“ gesprochen. Dass eine Furt nach ihrer Gangbarkeit durch Schweine beurteilt wird, gilt als unwahrscheinlich, da Schweine damals ein kostbares Gut darstellen, auch in dieser Zeit kaum je freilaufend von einem Ort an den anderen verbracht werden und der Main außer in Dürrezeiten hier an keiner Stelle einen derart niedrigen Pegelstand aufweist. Historiker gehen davon aus, dass das Wort nicht im Althochdeutschen wurzelt, sondern im 6. Jahrhundert von den Franken mitgebracht wird und einen Sumpf, Morast oder Marsch meint; ein verlandendes Gebiet also.

Im Laufe ihrer Geschichte wird Schweinfurt immer wieder Opfer von Macht- und Verteilungskämpfen. Wie sehr die Stadt darunter leidet, mag die Metapher beweisen, mit der die beiden schlimmsten Zerstörungen bezeichnet werden: Das „Erste Stadtverderben“ ist das Ergebnis des Kampfes zwischen weltlicher und geistiger Macht, zwischen dem Adelsgeschlecht der Henneberger und dem Bischof von Würzburg Mitte des 13. Jahrhunderts; das „Zweite Stadtverderben“ datiert auf den Juni 1554, als im Zweiten Markgrafen-Krieg Truppen Braunschweigs, Kursachsens und Würzburgs die Stadt erst belagern und aushungern, um sie schließlich dem Erdboden gleichzumachen; was danach noch steht, legt die wütende Bevölkerung aus dem Umland in Schutt und Asche. Während des 50 Jahre dauernden Wiederaufbaus wird der Ebracher Hof errichtet, in dem seit 2007 die Schweinfurter Stadtbücherei beheimatet ist.

Am 16. Mai 1788 wird Schweinfurts literarisch zweifellos berühmtester Sohn geboren, der spätere Dichter, Übersetzer und Begründer der deutschen Orientalistik Friedrich Rückert, der nach Lehr- und Wanderjahren ab 1826 in Erlangen unterrichtet und im Familiengehöft der Familie seiner Frau in Coburg (heute eine Gedenkstätte) die restliche Zeit seines Lebens verbringt. Auch Rückert kommentiert den Namen seiner Heimatstadt nicht nur einmal. Unter anderem heißt es bei ihm: „Hättest Mainfurt, hättest Weinfurt heißen können, weil du führest Wein, aber Schweinfurt, Schweinfurt sollt es sein.“

Anfang des 19. Jahrhunderts streiten sich erneut die Mächte um die Stadt: 1802 wird Schweinfurt von Kurpfalz-Bayern annektiert, 1810 kommt sie zum Großherzogtum Würzburg, 1814 fällt sie wieder und endgültig an das Königreich Bayern. Im selben Jahr beginnt die industrielle Herstellung der Farbe Schweinfurter Grün, deren hoher Arsengehalt die Legende in die Welt setzt, dass Napoleon an den Ausdünstungen von Tapeten in Schweinfurter Grün gestorben sei. Eine weitere Schweinfurter Erfindung mit Folgen verantwortet Philipp Moritz Fischer: Er baut Mitte des 19. Jahrhunderts das Veloziped mit Pedalkurbelantrieb. Sein Sohn gründet 1883 die erste von mehreren Kugellagerfabriken in Schweinfurt, die eine industrielle Hochphase einläuten. Ein Kind dieser Zeit ist Marie Luise Weissmann, die 1899 in Schweinfurt geboren wird, sich früh literarisch betätigt, 1918 nach München übersiedelt und im November 1929 dort schmerzlich jung verstirbt.

Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, im Dezember 1937, erblickt Paul Maar in Schweinfurt das Licht der Welt, der als Autor des Sams weltberühmt wird und in seinen Büchern immer wieder Hinweise auf seine Geburtsstadt Schweinfurt gibt, etwa wenn er eine seiner Figuren in der Friedrich-Rückert-Straße wohnen lässt. In Schweinfurt gibt es tatsächlich eine Straße dieses Namens, dort befindet sich Rückerts Geburtshaus. Das Gedenken an den Dichter und Orientalisten findet in vielfältigster Weise statt: Seit 1890 besteht, auf dem Marktplatz, unweit des Geburtshauses, das Rückert-Denkmal; 1962 wird der Friedrich-Rückert-Bau eingeweiht, in den damals Volkshochschule, Stadtarchiv und Stadtbibliothek einziehen, und ein Jahr später der Friedrich-Rückert-Preis gestiftet, der seither in unregelmäßigen Abständen verliehen wird.

Seit 1991 kann man die bibliophile Sammlung des Industriellen Otto Schäfer in dem nach ihm benannten Museum Otto Schäfer bewundern. Desweiteren gibt es eine Reihe von Vereinen, die sich der Pflege von Literatur widmen, wie etwa die Schweinfurter Autorengruppe oder die Hans-Sachs-Schauspielgruppe.

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