Info
Geb.: 7. 5.1942 in München
Fotografie Januar 1997 (Bayerische Staatsbibliothek/Timpe)

Gerhard Polt

Gerhard Polt wächst in Altötting und München auf. Er studiert in München zunächst politische Wissenschaften, Geschichte und Kunstgeschichte und wendet sich dann der Skandinavistik zu. Von 1962 bis 1968 studiert er nordische Sprachen in Göteborg in Schweden. 

Bevor er 1976 im Münchner Theater Die Kleine Freiheit mit seinem Kabarettprogramm Kleine Nachtrevue debütiert, arbeitet er als Dolmetscher, Übersetzer und Lehrer in München. Sein mimetisches Darstellungstalent zeigt sich bereits in seinem ersten Hörspiel Als wenn man ein Dachs wär in seinem Bau (Hessischer Rundfunk 1976), in dem er 50 verschiedene Sprechrollen übernimmt.

Bekannt wird Gerhard Polt durch die 12-teilige Sketchreihe Fast wia im richtigen Leben, die erstmals von 1979 bis 1988 ausgestrahlt und danach mehrfach wiederholt wird. Er verkörpert darin den bayerischen Spießbürger, dessen vermeintliche Harmlosigkeit Abgründe birgt. „Das Besondere an seinen Sketchen ist seine genaue Beobachtungsgabe: Was er formuliert, kann man jeden Tag in der S-Bahn zwischen Hackerbrücke und Pasing hören“, heißt es in der taz. 

Zusammen mit dem Regisseur und Drehbuchautor Hanns Christian Müller gründet Polt 1978 den Baaz Verlag, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts „zur Erforschung von Angelegenheiten“ und verlegt die gemeinsamen Texte, Platten und Bücher. In dieser Zeit beginnt seine Zusammenarbeit mit der Schauspielerin und Kabarettistin Gisela Schneeberger und der bayerischen Kultband Biermösl Blosn.

Den Adolf-Grimme-Preis erhält Gerhard Polt 1982 für seine Glosse gegen den umstrittenen Bau des Rhein-Main-Donau-Kanals, mit der er in Dieter Hildebrandts Satiremagazin Scheibenwischer auftritt.

Gerhard Polts erster Spielfilm Kehraus (1983 gemeinsam mit Hanns Christian Müller), der die Praktiken der Versicherungen und den Widerstand eines Kunden vor dem Hintergrund des Münchner Faschingstreibens zum Thema hat, wird mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Darüber hinaus erhält Gerhard Polt für seine komödiantische Leistung den Ernst-Lubitsch-Preis.

In den Münchner Kammerspielen stellt Polt 1983 in der Revue München leuchtet Jagdszenen aus dem Alltag der bayerischen Baulöwen- und Bussi-Gesellschaft vor. Das Stück, bei dem u.a. Gisela Schneeberger, Dieter Hildebrandt, Otto Grünmandl und die Biermösl Blosn mitwirken, wird zum großen Publikumserfolg.

Gerhard Polts zweiter Film Man spricht deutsh (sic!) kommt 1988 in die Kinos. Auch dieser Film über die Urlaubsfreuden des deutschen Kleinbürgers entsteht in Zusammenarbeit mit Hanns Christian Müller. Im selben Jahr zeigt er im Münchner Residenztheater Die Exoten, eine Revue über den Ausverkauf der Heimat im Voralpenland. An den Münchner Kammerspielen folgen Diridari – Münchner G´schichten vom und ums große Geld (1988), Tschurangrati (1993), Kinderdämmerung (1994), Bayern Open (1996) und Ekzem Homo (2015). Obatzt is – Crème Bavaroise wird im April 2002 im Münchner Cuvilliés-Theater, Offener Vollzug – Ein Staatsschauspiel  im April 2006 im Residenztheater uraufgeführt.

1991 ist Gerhard Polt Regisseur und Drehbuchautor des Spielfilms Herr Ober! Außerdem spielt er die Titelrolle, den Ehemann einer strengen Hotelbesitzerin, der sich dazu berufen fühlt, Dichter zu werden. 2004 folgt die Filmkomödie Germanikus, in der er einen Germanen verkörpert, der im 4. Jahrhundert nach Rom verschleppt wird, 2013 die Filmkomödie Und Äktschn!, in der er den leidenschaftlichen und pekuniären Amateurfilmer Hans A. Pospiech spielt, der das Privatleben Adolf Hitlers verfilmen will.

Gerhard Polt ist mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, darunter der Ernst-Hoferichter-Preis (1980), der Jean-Paul-Preis (2001), der Heimito von Doderer-Literaturpreis (2002), der Große Karl Valentin-Preis (2007), der Oberbayerische Kulturpreis (2007), der Bayerische Poetentaler (2008), der Ernst-Toller-Preis (2009), der Bayerische Kabarettpreis (Ehrenpreis, 2010), die Medaille „München leuchtet“ (2012), der Bayerische Fernsehpreis (Ehrenpreis, 2017), der Kulturelle Ehrenpreis der Landeshauptstadt München (2019) sowie der Bayerische Verdienstorden (2021).

Seit 2003 ist er Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.

Anlässlich seines 70. Geburtstags im Mai 2012 sind beim Züricher Kein & Aber Verlag Gerhard Polts Texte, die er regelmäßig in Buchform publiziert hat, in einer 10-bändigen Jubiläumsausgabe erschienen. Bereits 2002 hat er im selben Verlag Geschichten, Stücke, Monologe und Dialoge u.d.T. Circus Maximus und 2004 seine Jugenderinnerungen u.d.T. Hundskrüppel veröffentlicht. Fortgeführt werden Polts Texte mit der Geschichte Kinderdressur (2013) und einem von Claudia Pichler herausgegebenen „Konversationslexikon“ Der große Polt (2017). Mit Dr. Arnulf Schmitz-Zceisczyk erscheinen 2022 bei Kein & Aber Polts neueste Geschichten.

Das Literaturhaus München widmet ihm 2012 die Ausstellung „Braucht´s des?!“ (Kuratorin: Sandra Wiest). Seit 2016 engagiert Polt sich für die Gründung eines „Haus des Humors“ auf dem Gelände des früheren Schlacht- und Viehhofs München.

Gerhard Polt lebt in Neuhaus am Schliersee.

Verwandte Inhalte