Henrik Ibsen in München

Der norwegische Dramatiker Henrik Ibsen (1828-1906) lebte insgesamt elf Jahre in München: von 1875 bis 1891 – mit fünfjähriger Unterbrechung.

In München entstanden die Werke Die Stützen der Gesellschaft (1877), Nora oder ein Puppenheim (1879), Rosmersholm (1886), Die Frau vom Meer (1888) und Hedda Gabler (1890). Viele seiner Stücke hatten in München ihre deutsche Erstaufführung. So auch Hedda Gabler, das am 31. Januar 1891 einen Theaterskandal auslöste, worauf Ibsen laut Meldebogen im Münchner Stadtarchiv die Stadt am 15. Juli 1891 verließ. Neben dem Auszugstermin ist ein undatierter Zeitungsausschnitt eingeklebt:

[Henrik Ibsen] hat seine hiesige Wohnung, die er mehrere Jahre lang inne gehabt, aufgegeben. Ob er damit zugleich den Entschluß gefaßt überhaupt nicht mehr nach München zurückzukehren, wie Berliner Blätter wissen wollen, ist uns zur Zeit nicht bekannt. Es wäre indeß wohl möglich, da auch die Gattin des bekanntlich gegenwärtig in Christiania weilenden Dichters unsere Stadt bereits verlassen hat.

Der Entschluss des gekränkten Dichters erwies sich als endgültig, doch in München wurden er und sein Wirken nicht vergessen. Als er am 23. Mai 1906 in Christiania starb, war die Trauer in der Stadt, die er als „Genie unter den Städten Europas“ und seine „schöne zweite Heimat“ bezeichnet hatte, groß. Der Schriftsteller Michael Georg Conrad verfasste in den Münchner Neuesten Nachrichten einen bewegenden Nachruf mit dem Titel „Ibsen im Lichte Münchens“; das Münchner Schauspielhaus veranstaltete eine Gedenkfeier, in deren Rahmen der dramatische Epilog Wenn die Toten erwachen aufgeführt wurde. Max Halbe hielt die Trauerrede.

Ein Jahr später wurde im Stadtteil Gern eine Straße nach Henrik Ibsen benannt. Am Hemmeterhaus in der Maximilianstraße 32 wird bis heute mit einer Gedenktafel an den prominenten Bewohner erinnert:

In diesem Hause wohnte Henrik Ibsen während der Jahre 1885 bis 1891. Dem Andenken des nordischen Dichters widmet diese Tafel die Stadtgemeinde München.

Während seiner Münchner Zeit war Ibsen eine berühmte, das kulturelle Leben der Stadt prägende Persönlichkeit, wie zahlreiche Berichte und Anekdoten in der Münchner Presse belegen. In seinen Briefen würdigt Ibsen die Bedeutung Münchens für seine Arbeit. Hier begegnete er zwei Frauen, die zum Vorbild für seine Protagonistinnen Nora und Hedda Gabler wurden. Die Aufführungen seiner Stücke gehörten zu den Höhepunkten des Münchner Theatergeschehens und wiesen weit darüber hinaus.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Gunna Wendt

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Henrik Ibsen, Fotogravur (Bayerische Staatsbibliothek München/Porträtsammlung)
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