atelier monaco – Das Festival. Ein Bericht
Ein Festival, das die unterschiedlichen Facetten der literarischen Szenen Münchens ineinander vereint. So präsentierte sich atelier monaco – Das Festival der Monacensia, das vom 16. bis 18. Juli auf der Gartenbühne/Glasanbau-Terrasse des Münchner Hildebrandhauses stattfand.
Das atelier monaco ist eine 2018 ins Leben gerufene Programmreihe der Monacensia, die Münchner Autor*innen, Künstler*innen, Musiker*innen und Kooperationsprojekte aus unterschiedlichen und vielsprachigen Szenen in den Fokus stellt. Das Festival gründet sich auf diese Programmreihe und wurde von Jan Geiger, Tristan Marquardt, Lilian Robl und Katharina Adler kuratiert. In den Reden zur Eröffnung umrissen Monacensia-Leiterin Anke Buettner und das Kuratorium die Hintergründe und das Ziel des Festivals: Literatur in allen ihren Genres zu präsentieren und einen Austausch zwischen den Kunstschaffenden und den Zuschauer*innen zu ermöglichen. Dass das Festival nun endlich stattfinden konnte, beschrieb Tristan Marquardt in Anbetracht der zwei Jahre Planung als „absurd schön“.
Die erste Performance des Festivals machte der Konzeptkünstler Diogo Da Cruz. Mit bedächtigen Schritten nahm der Künstler große Buchstaben, aus dünnen Blechplatten ausgeschnitten, trug sie jeweils an verschiedene Orte im Garten und bog die flexiblen Lettern um vorhandene Objekte herum. Da Cruz begleitete diese Aktion mit einem Text, der sich u.a. mit dem Leben in München auseinandersetzt und den er in verschiedenen Sprachen vortrug. Der Kern seiner Kunst ist das Nachdenken über die Langsamkeit als Art des Widerstands. Die verteilten Buchstaben verdeutlichten dabei, wie sich Wörter und Sprache in einem Raum festsetzen.
Konzept-Kunst (Diogo Da Cruz) © Literaturportal Bayern
Nach einer kurzen Pause lasen Katharina Adler und Markus Ostermair aus ihren Romanen. Adlers Debütroman Ida stammt bereits aus dem Jahr 2018. Für die Lesung hatte sie nun Passagen aus ihrem noch unveröffentlichten Roman Igelhaut ausgewählt, der voraussichtlich Sommer 2022 erscheint. Igelhaut ist der Name der Protagonistin des Romans, die von ihrem Nachbarn zu einer Reise nach Ägypten eingeladen wird, die er selbst in einem Gewinnspiel gewonnen hat. Da ihr Nachbar kurz vor Beginn der Reise erkrankt, tritt Igelhaut die Reise allein an, und es offenbart sich, in welchem Hamsterrad sich ihr alltägliches Leben befindet. Anschließend las Markus Ostermair aus seinem Debütroman Der Sandler, der letztes Jahr Premiere in der Monacensia feierte. Der Roman erzählt die bewegende Geschichte dreier Obdachloser auf den Straßen Münchens.
Den Abend ausklingen ließen die Künstlerinnen IHR! mit einer Klangperformance. Das Trio setzt sich aus Theresa Seraphin, Nora Zapf und Marie-Kristin Burger zusammen, wurde auf dem Festival allerdings nur von beiden letzteren vertreten. In ihren Performances verbinden die Frauen zeitgenössische Lyrik mit Klanginstallationen. So trugen sie das Stück Home Sweet Home vor, welches Marie-Kristin Burger in der Corona-Zeit daheim konzipierte, und einen Protestsong, der aus der Feder von Theresa Seraphin stammt.
*
Am zweiten Festivaltag hingen im Vergleich zum Vorabend tiefe, dunkle Wolken am Himmel, weswegen einige Plätze leer blieben. Neben der Gartenbühne hatte nun auch die zweite Bühne auf der Terrasse des Glasanbaus an der Rückseite der Villa geöffnet.
Den Anfang machte Alex Burkhard, der u.a. eine abenteuerliche Geschichte auf See vortrug, die laut einer Zeile im Text von dem kreativen Erzählstil des Käpt'n Blaubär inspiriert ist. Philipp Potthast, der amtierende bayerische Meister im Poetry Slam, machte der Butterbreze eine Liebeserklärung und kam in einem zweiten Text zu der Erkenntnis, dass nicht er das Leben im Griff hat, sondern das Leben ihn. Meike Harms, die u.a. 2019 die Münchner Stadtmeisterschaft gewann, machte sich stellvertretend für Echsen, genauer gesagt der Bartagamen, Gedanken um deren Existenzkrise und richtete in ihrem zweiten Slam einen Appell an die Menschheit, zumal sich der „Mensch wie ein Mensch im Porzellanladen“ in Hinblick auf die Klimakrise verhält.
Meike Harms © Literaturportal Bayern
Nach einer kurzen Pause betrat Sophia Klink die Bühne. Klink promoviert neben ihren literarischen Tätigkeiten in Biologie, was sich auch in ihren Texten niederschlägt. In Flechten z.B. nahm sie die Zuhörer*innen mit in einen Laboralltag und berichtete von der Begegnung mit einem Fremden, der ihr gar nicht so fremd schien, während immer wieder Beobachtungen von Flechtenpilzen durch ein Mikroskop eingebaut wurden. Ähnlich auch ihre zweite Geschichte, in der der Tod der Partnerin der Protagonistin mit der faszinierenden „Great Night of Reproduction“ der Korallen verflochten wird. Dem schloss sich Vladimir Kholdokov an, der zwei Szenen aus seinem Roman las. Darin wird der Alltag eines Vaters geschildert, dessen junge Tochter an Krebs erkrankt ist.
Jan Geiger ließ sich glücklicherweise nicht vom schlechten Wetter beeindrucken und las seinen Theatertext Drag Me Out, der 2019 in München uraufgeführt wurde. In dem Monolog versucht die Dragqueen Maxima Madness auf Fragen, wie „wohin, wenn man vom Exfreund aus der Wohnung geworfen wird?“, Antworten zu finden und stellt fest, dass man stets dem Druck ausgesetzt ist, begehrenswert zu sein, um dazuzugehören.
Raphaela Bardutzky las zwei ihrer Kurzgeschichten. In Wüstling werden zwei Perspektiven gegenübergestellt: zum einen die von Fritz, der einen Kleinhirninfarkt erlitten hat, und zum anderen die von Petra, die seine polnische Pflegerin ist. Schlussendlich steht fest, dass sie trotz ihrer Differenzen miteinander zurechtkommen. Die zweite Kurzgeschichte Happy Birthday schildert den außergewöhnlichen Geburtstag der Protagonistin, wie sie ihre in den Wehen liegende Freundin ins Krankenhaus bringt.
Danach las Björn Stephan aus seinem Debütroman Nur vom Weltraum aus ist die Erde blau über einen Sommer des 13-jährigen Sascha. Sascha lebt in einer Plattenbausiedlung und sammelt bereits sein Leben lang einzigartige Wörter. In diesem Sommer lernt er das geheimnisvolle Mädchen Juri kennen, das ihm das Universum erklärt.
Den Abend auf der Terrassenbühne durfte Efua Traoré beenden, die eine bewegende Kurzgeschichte vorstellte: die Geschichte eines Mannes aus Nigeria, der in Deutschland nicht seiner beruflichen Leidenschaft als Arzt nachgehen kann, sondern als Taxifahrer arbeitet und versucht, mit dieser Situation umzugehen.
Efua Traoré © Literaturportal Bayern
Anschließend hatte man noch Gelegenheit, die letzten Auftritte auf der Gartenbühne zu genießen. Dort las Benedikt Feiten aus seinem Roman Leiden zentral, der voraussichtlich im Frühjahr 2022 erscheint: Die Rumänin Christina sucht ihre verschwundene Schwester über ein digitales Leiharbeitsnetzwerk. Ihre Recherchen überschneiden sich mit der Arbeit von Adrian und der forensischen Informatikerin Valerie, wodurch die drei Protagonisten unweigerlich zusammentreffen. Darüber hinaus stellte Comic-Künstler Dominik Wendland eine Auswahl seiner Arbeiten vor. Neben zwei kürzeren Comics gab es einen längeren über den Partyabend einer Frau, die mit ihrer Freundin aus der Disco geworfen wird und auf dem Heimweg sich gegen eine männliche Person zur Wehr setzen muss. Dabei durchläuft sie eine ähnliche Verwandlung wie Sailor Moon, natürlich mit passender musikalischer Untermalung, die bei allen Comics an diesem Abend nicht zu kurz kam.
Obwohl sich das Wetter nicht durchgehend von seiner schönsten Seite präsentierte, überzeugten sowohl das vielfältige Programm als auch das gemütliche Ambiente des Festivals. Die ausgewählte literarische Bandbreite konnte den Besucher*innen zeigen, wie facettenreich die Literatur unserer Stadt tatsächlich ist. Nach diesem erfolgreichen Festivaldebüt kann man nur hoffen, dass eine Fortsetzung bereits in Planung ist.
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Ein Festival, das die unterschiedlichen Facetten der literarischen Szenen Münchens ineinander vereint. So präsentierte sich atelier monaco – Das Festival der Monacensia, das vom 16. bis 18. Juli auf der Gartenbühne/Glasanbau-Terrasse des Münchner Hildebrandhauses stattfand.
Das atelier monaco ist eine 2018 ins Leben gerufene Programmreihe der Monacensia, die Münchner Autor*innen, Künstler*innen, Musiker*innen und Kooperationsprojekte aus unterschiedlichen und vielsprachigen Szenen in den Fokus stellt. Das Festival gründet sich auf diese Programmreihe und wurde von Jan Geiger, Tristan Marquardt, Lilian Robl und Katharina Adler kuratiert. In den Reden zur Eröffnung umrissen Monacensia-Leiterin Anke Buettner und das Kuratorium die Hintergründe und das Ziel des Festivals: Literatur in allen ihren Genres zu präsentieren und einen Austausch zwischen den Kunstschaffenden und den Zuschauer*innen zu ermöglichen. Dass das Festival nun endlich stattfinden konnte, beschrieb Tristan Marquardt in Anbetracht der zwei Jahre Planung als „absurd schön“.
Die erste Performance des Festivals machte der Konzeptkünstler Diogo Da Cruz. Mit bedächtigen Schritten nahm der Künstler große Buchstaben, aus dünnen Blechplatten ausgeschnitten, trug sie jeweils an verschiedene Orte im Garten und bog die flexiblen Lettern um vorhandene Objekte herum. Da Cruz begleitete diese Aktion mit einem Text, der sich u.a. mit dem Leben in München auseinandersetzt und den er in verschiedenen Sprachen vortrug. Der Kern seiner Kunst ist das Nachdenken über die Langsamkeit als Art des Widerstands. Die verteilten Buchstaben verdeutlichten dabei, wie sich Wörter und Sprache in einem Raum festsetzen.
Konzept-Kunst (Diogo Da Cruz) © Literaturportal Bayern
Nach einer kurzen Pause lasen Katharina Adler und Markus Ostermair aus ihren Romanen. Adlers Debütroman Ida stammt bereits aus dem Jahr 2018. Für die Lesung hatte sie nun Passagen aus ihrem noch unveröffentlichten Roman Igelhaut ausgewählt, der voraussichtlich Sommer 2022 erscheint. Igelhaut ist der Name der Protagonistin des Romans, die von ihrem Nachbarn zu einer Reise nach Ägypten eingeladen wird, die er selbst in einem Gewinnspiel gewonnen hat. Da ihr Nachbar kurz vor Beginn der Reise erkrankt, tritt Igelhaut die Reise allein an, und es offenbart sich, in welchem Hamsterrad sich ihr alltägliches Leben befindet. Anschließend las Markus Ostermair aus seinem Debütroman Der Sandler, der letztes Jahr Premiere in der Monacensia feierte. Der Roman erzählt die bewegende Geschichte dreier Obdachloser auf den Straßen Münchens.
Den Abend ausklingen ließen die Künstlerinnen IHR! mit einer Klangperformance. Das Trio setzt sich aus Theresa Seraphin, Nora Zapf und Marie-Kristin Burger zusammen, wurde auf dem Festival allerdings nur von beiden letzteren vertreten. In ihren Performances verbinden die Frauen zeitgenössische Lyrik mit Klanginstallationen. So trugen sie das Stück Home Sweet Home vor, welches Marie-Kristin Burger in der Corona-Zeit daheim konzipierte, und einen Protestsong, der aus der Feder von Theresa Seraphin stammt.
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Am zweiten Festivaltag hingen im Vergleich zum Vorabend tiefe, dunkle Wolken am Himmel, weswegen einige Plätze leer blieben. Neben der Gartenbühne hatte nun auch die zweite Bühne auf der Terrasse des Glasanbaus an der Rückseite der Villa geöffnet.
Den Anfang machte Alex Burkhard, der u.a. eine abenteuerliche Geschichte auf See vortrug, die laut einer Zeile im Text von dem kreativen Erzählstil des Käpt'n Blaubär inspiriert ist. Philipp Potthast, der amtierende bayerische Meister im Poetry Slam, machte der Butterbreze eine Liebeserklärung und kam in einem zweiten Text zu der Erkenntnis, dass nicht er das Leben im Griff hat, sondern das Leben ihn. Meike Harms, die u.a. 2019 die Münchner Stadtmeisterschaft gewann, machte sich stellvertretend für Echsen, genauer gesagt der Bartagamen, Gedanken um deren Existenzkrise und richtete in ihrem zweiten Slam einen Appell an die Menschheit, zumal sich der „Mensch wie ein Mensch im Porzellanladen“ in Hinblick auf die Klimakrise verhält.
Meike Harms © Literaturportal Bayern
Nach einer kurzen Pause betrat Sophia Klink die Bühne. Klink promoviert neben ihren literarischen Tätigkeiten in Biologie, was sich auch in ihren Texten niederschlägt. In Flechten z.B. nahm sie die Zuhörer*innen mit in einen Laboralltag und berichtete von der Begegnung mit einem Fremden, der ihr gar nicht so fremd schien, während immer wieder Beobachtungen von Flechtenpilzen durch ein Mikroskop eingebaut wurden. Ähnlich auch ihre zweite Geschichte, in der der Tod der Partnerin der Protagonistin mit der faszinierenden „Great Night of Reproduction“ der Korallen verflochten wird. Dem schloss sich Vladimir Kholdokov an, der zwei Szenen aus seinem Roman las. Darin wird der Alltag eines Vaters geschildert, dessen junge Tochter an Krebs erkrankt ist.
Jan Geiger ließ sich glücklicherweise nicht vom schlechten Wetter beeindrucken und las seinen Theatertext Drag Me Out, der 2019 in München uraufgeführt wurde. In dem Monolog versucht die Dragqueen Maxima Madness auf Fragen, wie „wohin, wenn man vom Exfreund aus der Wohnung geworfen wird?“, Antworten zu finden und stellt fest, dass man stets dem Druck ausgesetzt ist, begehrenswert zu sein, um dazuzugehören.
Raphaela Bardutzky las zwei ihrer Kurzgeschichten. In Wüstling werden zwei Perspektiven gegenübergestellt: zum einen die von Fritz, der einen Kleinhirninfarkt erlitten hat, und zum anderen die von Petra, die seine polnische Pflegerin ist. Schlussendlich steht fest, dass sie trotz ihrer Differenzen miteinander zurechtkommen. Die zweite Kurzgeschichte Happy Birthday schildert den außergewöhnlichen Geburtstag der Protagonistin, wie sie ihre in den Wehen liegende Freundin ins Krankenhaus bringt.
Danach las Björn Stephan aus seinem Debütroman Nur vom Weltraum aus ist die Erde blau über einen Sommer des 13-jährigen Sascha. Sascha lebt in einer Plattenbausiedlung und sammelt bereits sein Leben lang einzigartige Wörter. In diesem Sommer lernt er das geheimnisvolle Mädchen Juri kennen, das ihm das Universum erklärt.
Den Abend auf der Terrassenbühne durfte Efua Traoré beenden, die eine bewegende Kurzgeschichte vorstellte: die Geschichte eines Mannes aus Nigeria, der in Deutschland nicht seiner beruflichen Leidenschaft als Arzt nachgehen kann, sondern als Taxifahrer arbeitet und versucht, mit dieser Situation umzugehen.
Efua Traoré © Literaturportal Bayern
Anschließend hatte man noch Gelegenheit, die letzten Auftritte auf der Gartenbühne zu genießen. Dort las Benedikt Feiten aus seinem Roman Leiden zentral, der voraussichtlich im Frühjahr 2022 erscheint: Die Rumänin Christina sucht ihre verschwundene Schwester über ein digitales Leiharbeitsnetzwerk. Ihre Recherchen überschneiden sich mit der Arbeit von Adrian und der forensischen Informatikerin Valerie, wodurch die drei Protagonisten unweigerlich zusammentreffen. Darüber hinaus stellte Comic-Künstler Dominik Wendland eine Auswahl seiner Arbeiten vor. Neben zwei kürzeren Comics gab es einen längeren über den Partyabend einer Frau, die mit ihrer Freundin aus der Disco geworfen wird und auf dem Heimweg sich gegen eine männliche Person zur Wehr setzen muss. Dabei durchläuft sie eine ähnliche Verwandlung wie Sailor Moon, natürlich mit passender musikalischer Untermalung, die bei allen Comics an diesem Abend nicht zu kurz kam.
Obwohl sich das Wetter nicht durchgehend von seiner schönsten Seite präsentierte, überzeugten sowohl das vielfältige Programm als auch das gemütliche Ambiente des Festivals. Die ausgewählte literarische Bandbreite konnte den Besucher*innen zeigen, wie facettenreich die Literatur unserer Stadt tatsächlich ist. Nach diesem erfolgreichen Festivaldebüt kann man nur hoffen, dass eine Fortsetzung bereits in Planung ist.