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Maro Verlag

Der Maro Verlag wurde 1969 von Benno Käsmayer und Franz Bermeitinger während der Frankfurter Buchmesse gegründet. Den legendären Gründungsabend beschreiben die Verlagsleiter selbst wie folgt:

»1968 schickte der Deutschlehrer den frischgebackenen Abiturienten in die Welt: 'Machen Sie nicht Ihr Hobby zum Beruf, sonst geht es Ihnen wie mir …' Benno Käsmayr folgte dem Rat und begann erst einmal Mathematik zu studieren, doch die Literatur hatte ihn fest im Griff. Die TU München interessierte ihn weniger als die Maistrassenpresse mit Autoren wie Herbert Achternbusch, Peter Handke und G. F. Jonke, in der er mitarbeitete. Der Besuch der Frankfurter Buchmesse 1969 gab dann den Ausschlag: Benno Käsmayr und sein Freund Franz Bermeitinger gründeten in der Schwarzen Katz bei Äppelwoi den Maroverlag, während im Nebenraum H.C. Artmann gegen Peter Handke im Kickern verlor.«1

Benno Käsmayer hatte zuvor bereits bei der 1963 von Wolf Peter Schnetz in München gegründeten Maistrassenpresse mitgearbeitet, was seine Begeisterung für das Literatur Machen noch verstärkte. Zunächst erscheint die Zeitschrift UND – zeitschrift für angebliche literatur und andere branchenunübliche kommunikationsformen in dementsprechender aufmachung, in der Karikaturen, Rätsel, Briefe und Gedichte veröffentlicht werden. Hier publizieren u.a. Christian Geissendörfer, Timm Ulrichs, Dieter Walter, Norbert Werner, Katrine von Hutten, Manfred Bosch, Katharina Werner, Gebhard Harlander und Peter Schumann. Ab 1970 publiziert der Verlag auch Bücher.

Die etablierten Verlage bieten zu diesem Zeitpunkt kaum Anlaustellen für den damaligen dichterischen Nachwuchs, so dass sich der Maro Verlag als Kleinverlag trotz geringer Auflagen als „Wagenbach der 70er“ (Darmstädter Echo) etablieren kann. Zum Programm des Verlags gehören beispielsweise Tiny Stricker (Trip Generation, 1970), Hygin Elbling (Zweitaktgemisch, 1970), Norbert Eichler (Comic Gedichte, 1971), Peter Reuss (Papiertieger, 1972), Jörg Fauser mit Tophane (1972) und Die Harry Gelb Story (1973), Manfred Achs Moratorium (1973) oder Klaus Grohs etc (1972) und Manfred Chobots Projekte (1973).

Den kostspieligen Offsetdruck können die Verleger allerdings erst nach einer glücklichen Fügung des Schicksals finanzieren: Nach einem Wechsel an die Universität Augsburg, wo Benno Käsmayer nun Sozialwissenschaften studiert, gelingt es ihm ein praktisches Engagement mit seinem damaligen Arbeitgeber, einer Dissertationsdruckerei, zu treffen: Er kann Arbeitszeit gegen Papier und Maschinenzeit tauschen.

In der Kleinverlagsszene nimmt der Maro Verlag eine wichtige Vermittlerrolle ein. Er gibt die Kataloge Bücher, die man sonst nicht findet heraus, in der sich Kleinverlage mit ihrem Programm vorstellen können.

Der große Durchbruch des Verlags kommt jedoch mit Charles Bukowski. Nach dem Motto „Lieber ein Buch in einem kleinen Verlag als gar kein Buch“ bricht Carl Weissner, Übersetzer und Freund Bukowskis, seine Suche nach einem größeren Verlag ab und kam zum Ausgburger Kleinverlag. Als erster Titel erschienen Bukowskis Gedichte, die einer schrieb, bevor er im 8. Stockwerk aus dem Fenster sprang 1974 zur Buchmesse.

Zum zehnjährigen Bestehen des Verlags gratuliert Charles Bukowski seinem deutschen Entdecker in einem Brief. Hier schreibt er auch:

»But Benno had found me before the larger publishers and they had taken me away from him because, like any other whore, I was in love with success and money.«2

Dank des Erfolgs des ersten und der weiteren Bukowski-Bände (Gedichte und Kurzprosa, kongenial übersetzt von Carl Weissner) folgen bald weitere namhafte amerikanische Autoren, die in Deutschland bislang unveröffentlicht blieben. Dazu zählen u.a. Jack Micheline, Harold Norse, William S. Burroughs, Jack Kerouac, John Fante, Ronald Koertge, Gerald Locklin, Al Masarik, Raymond Carver, Paul Bowles oder Harry Mathews. Die sogenannten Beatniks verschaffen dem Maro Verlag sein bis heute gültiges Renommee. Insbesondere die Texte herausragender Autorinnen aus den USA wie Jane Kerouac, Anne Waldmann oder Juliet Escoria macht der Verlag in Deutschland bekannt.

Aus dem studentischen Nebenjob wird schließlich ein Vollzeit-Beruf. Benno Käsmayer gibt seine Tätigkeit in der Druckerei auf und etabliert in einer Ladenwohnung im Augsburger Studentenviertel neben dem Verlag eine kleine Offsetdruckerei. Mit Jörg Fauser, Günter Ohnemus, Andreas Mand, Uli Becker, Susanne Neuffer und Michael Schulte kommen auch wieder deutsche Nachwuchsautoren zum Verlag.

Eine weitere Zäsur in der Verlagsgeschichte ist die Begegnung mit Rotraut Susanne Berner, durch die sich das Erscheinungsbild des Verlags ab 1980 entscheidend verändert. Die Buchumschläge werden jetzt fast ausschließlich als sogenannte Offset-Lithografien in der verlagseigenen Druckerei von handgezeichneten Farbauszügen in Echtfarben gedruckt. Damit kann sich der Maro Verlag optisch von den übliche Vierfarbdrucken absetzen. Für die Buchgestaltung wird Berner mit dem Celestino-Piatti-Preis für Buchgrafik ausgezeichnet. In der gleichen Drucktechnik erscheinen ab 1991 bis 2012 die von Armin Abmeier herausgegebenen Tollen Hefte (begleitet von der Reihe Die tollen Bücher, seit 2001 in der Büchergilde Gutenberg). Nach dessen Tod führt Rotraut Susanne Berner die Reihe weiter.

Einen weiteren Schwerpunkt setzt der Verlag mit sogenannten „Ausgrabungen“: vergessene Bücher, die als Reprints oder Neuausgaben aufgelegt werden. Dazu gehören Titel aus dem Bestand des März Verlages, Typografie-Klassiker von Jan Tschichold und Paul Renner, die Beat-Anthologie des Rowohlt-Verlages oder Bertolt Brechts Ernte oder Solidarismus von Rudolf Diesel, ein vergessenes sozialreformerisches Buch des begnadeten Augsburger Motoringenieurs. Später kommen auch Fachbücher zum Thema Textildesign und Textiltechnik sowie aus den Bereichen Sozialpolitik und Sozialpädagogik hinzu.

Im Verlauf der Verlagsentwicklung startet der Maro Verlag auch immer wieder kleinere waghalsige Projekte, wie etwa im Jahr 1997. Beim „Mulligan-Stew-Projekt“ sollen die Vertreter am Verstand des Verlegers gezweifelt und ihn tollkühn genannt haben: Gilbert Sorrentinos Buch Mulligan Stew galt nicht nur als unübersetzbar, sondern auch als unverkäuflich. Das Projekt sah 100 nummerierte und signierte Vorzugsausgaben zum stolzen Preis von 360 DM vor, die allen Skeptikern zum Trotz in drei Wochen verkauft und vorausbezahlt waren. Dadurch ist die Finanzierung gesichert.

2002 erhält Benno Käsmayr den Kurt-Wolff-Preis zur Förderung einer vielfältigen Verlags- und Literaturszene, der „Drahtseilakt des Machbaren“ war auch in der Öffentlichkeit angekommen.

2017 erhält der MaroVerlag den Preis für einen bayerischen Kleinverlag des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst. Die Jury unterstreicht in ihrer Begründung vor allem die Unbeirrbarkeit des Verlags: „Seit beinahe einem halben Jahrhundert leistet der Maro Verlag Pionierarbeit als innovativer Kleinverlag und ist dabei seinem Grundanliegen, qualitativ hochwertige Belletristik zu verlegen, ohne Kompromisse an den Zeitgeist treu geblieben. Das gilt auch für seine hohen gestalterischen Maßstäbe. Bei seinem Publikum hat sich der Verlag immer wieder auf überraschende Weise in Erinnerung gebracht. Der Maro Verlag ist in Bewegung geblieben und will bewegen.“

Daneben erhält der Verlag 2017 den Förderpreis für „junge Buchgestaltung“ der Stiftung Buchkunst für KLEINE SATELLITEN von Lydia Daher und Warren Craghead III. Der Verlag ist außerdem Mitglied bei indiebook.

Bis heute ist die Pflege der deutschsprachigen Autorinnen und Autoren, die ihrem Verlag treu geblieben sind, und das Aufspüren von neuen literarischen Talenten ein zentrales Anliegen in der Verlagsarbeit des Maro Verlags.

 

 

1) „ÜBER DEN MAROVERLAG“, Homepage des Verlags.

2) Brief von Charles Bukowski, datiert Aug. 3, 1979, 2 Seiten, Maro Verlag Frühjahrsprogramm 1981/82.

 

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