Info
Geb.: 20.10.1923 in Reichenberg (Liberec)
Gest.: 18.2.2013 in Prien a.Chiemsee
© Francis Koenig
Namensvarianten: Otfried Syrowatka (Geburtsname); Jeremias Punktum
Wirkungsorte:
Rosenheim

Otfried Preußler

Otfried Preußler wird 1923 in Reichenberg in Nordböhmen geboren. Schon von klein auf sind die große Bibliothek der Familie – seine Eltern sind beide Lehrer – und der scheinbar unerschöpfliche Geschichtenfundus seiner Großmutter Dora eine Quelle der Inspiration für ihn, ebenso wie seine böhmische Heimat. Als Heimatforscher trägt der Vater Otfried Preußlers die Sagen und Geschichten des böhmischen Isergebirges zusammen: Geschichten von Zauberern, Hexen und Gespenstern, die später auch Eingang in die Erzählungen Preußlers finden.

Auf die Kindheit in einem offenen, künstlerisch und literarisch geprägten Umfeld folgen die Jahre des Zweiten Weltkriegs. Wie die meisten seiner Schulkameraden wird auch Preußler 1942 nach dem Abitur in Reichenberg eingezogen. Erst posthum (2015) wird bekannt, dass Preußler zwischen 1940 und 1942 ein Jugendbuch im Stil der HJ-Ideologie u.d.T. Erntelager ‚Geyer‘ verfasst. Das Buch handelt von einer Gruppe Jungen, die zum Arbeitseinsatz auf sudetendeutschen Bauernhöfen eingeteilt werden, und wird nach Kriegsende in der Sowjetischen Besatzungszone verboten.

Nach einem Einsatz an der Ostfront wird der damals 21-Jährige 1944 in sowjetische Kriegsgefangenschaft genommen und verbringt die folgenden fünf Jahre in verschiedenen Lagern im östlichen Russland. Nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft 1949 findet er in Rosenheim den Teil seiner Angehörigen wieder, der in der Heimat verblieben ist. Unter ihnen ist auch Annelies Kind, seine Braut aus Reichenberg. Das Paar heiratet noch im selben Jahr.

Mit 26 Jahren muss Preußler als Spätheimkehrer von Neuem beginnen, sich ein Leben aufzubauen und für seine Familie zu sorgen: Er ergreift wie seine Eltern den Beruf des Lehrers und arbeitet nebenbei als Lokalreporter und Autor für den Kinderfunk. Nach dem Abschluss seines pädagogischen Studiums wird er Volksschullehrer und bleibt bis 1970 im Schuldienst. Mit Annelies Kind bekommt Preußler in den 1950er-Jahren drei Töchter: Renate, Regine und Susanne. Die Familie lebt im Rübezahlweg in der Nähe von Rosenheim.

In diese Zeit fallen auch Preußlers erste literarische Erfolge: Der kleine Wassermann erscheint 1956 und wird von Kindern wie Erwachsenen und der Fachwelt begeistert aufgenommen. Preußler erhält hierfür bei der Vergabe des Deutschen Jugendbuchpreises einen Sonderpreis für sein Erstlingswerk. Es folgen Die kleine Hexe (1957), Bei uns in Schilda (1958), Thomas Vogelschreck (1958), Der Räuber Hotzenplotz (1962) – zum Räuber Hotzenplotz entstehen 1969 und 1973 zwei Fortsetzungen – und Das kleine Gespenst (1966). Viele der Geschichten aus dieser höchst produktiven Schaffensphase Preußlers entspringen dem Alltag mit seinen Töchtern.

Zudem finden sich in Preußlers Werk immer wieder Einflüsse aus Osteuropa, etwa in den Geschichten Kater Mikesch (1962, eine Übersetzung und Interpretation von Kocour Mikes des tschechischen Autors Josef Lada), Die Abenteuer des starken Wanja (1966)und dem Bühnenstück Der goldene Brunnen (1975).

Nach seinen erfolgreichen Kinderbüchern schreibt Otfried Preußler ab den 1970er-Jahren auch Jugend- und Erwachsenenromane. Sein Roman Krabat, der 1971 erscheint und die Geschichte eines sorbischen Zauberlehrlings erzählt, wird zu einem seiner wichtigsten Werke. Krabat wird später in 31 Sprachen übersetzt und erhält neben dem Deutschen Jugendbuchpreis auch internationale Auszeichnungen wie den Europäischen Jugendbuchpreis oder den Notable Book-Preis der American Library Association.

Mit Die Flucht nach Ägypten. Königlich böhmischer Teil erscheint 1978 Preußlers erstes explizit an erwachsene Leser gerichtetes Buch. Viele der folgenden Bücher siedelt der Autor ebenfalls in seiner böhmischen Heimat an und lässt sie in den Wäldern und Bergen seiner Kindheit spielen.

Für die meisten seiner Kinderbücher schreibt Otfried Preußler selbst Bühnen- und Hörspielfassungen und arbeitet eng mit den Kindertheatern in ganz Deutschland zusammen. Es folgen Verfilmungen, u.a. von Kater Mikesch, inszeniert von der Augsburger Puppenkiste (1964). Später werden auch die Räubergeschichten um Hotzenplotz verfilmt, und die kleine Hexe und das kleine Gespenst werden zu Zeichentrickfiguren. Auch hierfür wird der Autor vielfach ausgezeichnet und erhält mehrere Goldene Schallplatten.

Preußlers Geschichten zählen noch heute zu den beliebtesten Kinder- und Jugendbüchern in Deutschland und der ganzen Welt. Für sein Gesamtwerk und seine literarischen Verdienste wird er mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt. Neben vielen anderen Preisen erhält er den Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e.V. Volkach (1988), den Eichendorf-Literaturpreis (1990), den Deutschen Fantasy Preis (1992), das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (1993) und den Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst (2010). 1976 wird in Dillenburg die erste Schule nach dem Autor benannt, weitere folgen, u.a. das Staatliche Gymnasium Pullach in München.

Neben seinem literarischen Schaffen, das er bis 2011 fortführt, ist Otfried Preußler auch im sozialen und pädagogischen Bereich sehr engagiert. Als Schriftsteller und Lehrer bleibt er stets ein „praktischer Pädagoge“. Seine Bücher bieten pädagogische Impulse für die sprachliche und emotionale Bildung und kommen auch im Bereich der Heilpädagogik zum Einsatz. Seit den 1970er-Jahren engagiert sich Preußler für die Orthopädische Kinderklinik Aschau und unterhält Zeit seines Lebens „Brieffreundschaften“ mit Kindern aus aller Welt.

Am 18. Februar 2013 verstirbt er im Kreis seiner Familie in Prien am Chiemsee. Zum 100. Geburtstag des Kinderbuchautors zeigt das Sudetendeutsche Museum München die Sonderausstellung „Ein bisschen Magier bin ich schon ... Otfried Preußlers Erzählwelten“.

Verfasst von: Laura Velte / Bayerische Staatsbibliothek

Sekundärliteratur:

Baron, Bernhard M. (2022): Otfried Preußler und sein Räuber Hotzenplotz. In: Eichendorff-Hefte/Zeszyty Eichendorffa – Geschichte – Kultur – Literatur/Historia – Kultura – Literatura, Nr. 80, hg. vom Oberschlesischen Eichendorff-Kultur- und Begegnungszentrum in Lubowitz/Lubowice (Polen), S. 70-73.

Jooß, Erich (2004): Otfried Preußler (*20.10.1923). Von der weißen und der schwarzen Magie. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 249-251.


Externe Links:

Literatur von Otfried Preußler im BVB

Literatur über Otfried Preußler im BVB

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