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23.03.2023, 10:01 Uhr
Bernhard M. Baron
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Foto: Reinhold Willfurth

Der Grafiker und SF-Illustrator Jobst H. Teltschik (1943-1999). Eine Hommage zum 80. Geburtstag

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Jobst H. Teltschik. Foto: privat © Oberpfälzer Kunstverein Weiden

Der gelernte Grafiker und Designer Jobst H. Teltschik (1943-1999) war gebürtiger Oberschlesier und entfernter Verwandter von Horst M. Teltschik (*1940), dem langfristigen politischen Berater und Vertrauten Helmut Kohls. Von 1960 bis 1964 studierte Jobst H. Teltschik an der Höheren Fachschule für Grafik und Werbung in Nürnberg. Nach einer Tätigkeit als Grafiker in Kulmbach orientierte er sich beruflich 1967 nach Weiden. Intellektuell beeinflusst durch die Arbeiten von HAP Grieshaber begann Jobst H. Teltschik mit Holzschnitt und Radierungen. 1971 erfolgte der familiäre Umzug nach Schnaittenbach (Lkr. Amberg). Am 23. März hätte Teltschik seinen 80. Geburtstag gefeiert. Bernhard M. Baron über den Wahl-Oberpfälzer, der für die Science-Fiction-Reihe des Münchner Heyne-Verlags lange Zeit der wohl aktivste und international anerkannteste SF-Illustrator gewesen war.

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Beruflich und familiär in der bayerischen Oberpfalz verwurzelt, floss seine ganze kreative Arbeit und Neigung – nach Veröffentlichung seiner Kurzgeschichte „leben – leben – leben“ (1982, in: SF-Story Reader 18) – in unzählige Science-Fiction-Illustration einfühlsam und phantasiereich in diversen nationalen und internationalen SF-und Fantasy-Romane (z.B. Der schöne Schein von Christopher Priest, 1984; Erdstadt von Uwe Anton, 1985 oder Necroville von Ian McDonald, 1994).

Seit 1986 nimmt Jobst H. Teltschik an zahlreichen Gruppenausstellungen teil (so 1986 an der Biennale des Friedens in Hamburg, 1989 Biennale Humor und Satire in Gabrovo/Bulgarien, 1991 in Essen, 1993 an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien oder 1995 im Nobel-Restaurant „La Truffe Noire“ in Brüssel) und zeigt seine Arbeiten in zahlreichen regionalen und überregionalen Einzelausstellungen. In diesem Zusammenhang kreiert Jobst H. Teltschik 1994 auch zahlreiche künstlerische Wein-Etiketten für seinen Schwager Willi Opitz, einen originellen Winzer aus dem österreichischen Burgenland: „Muskat Ottonel“, „Scheurebe“ und „Welschriesling“.

Jobst H. Teltschik engagierte sich als aktives Mitglied bei zahlreichen regionalen und auswärtigen Kollektiv-Ausstellungen des Oberpfälzer Kunstvereins Weiden (OKV) sowie im Arbeitskreis Kunst des rührigen Leiters Günter Alois Stadler (1946-2018) im Oberpfalzverein Weiden. Als Pioniertat zählt seine spontane Beteiligung im Oktober/November 1992 an der ersten Kollektiv-Ausstellung Weidener Künstler in der seit 1990 bestehenden sächsischen Partnerstadt von Weiden, Annaberg-Buchholz im Erzgebirge/Sachsen, arrangiert im dortigen Foyer des Eduard-Winterstein-Theaters.

Eine große Einzelausstellung („Science Fiction-Buchillustrationen“) fand im Mai 1990 i. R. der 6. Weidener Literaturtage „Phantastische Literatur – Eine Reise aus der Wirklichkeit?“ in der Stadtbücherei in Weiden statt.

Jobst H. Teltschik gestaltete dazu auch das dazugehörende Plakat dieses Literaturfestivals – beherrscht von einem übergroßen Auge, Zeichen des „Visionären“ dieser Literaturrichtung. Im Januar 1994 hat Jobst H. Teltschik auch noch eine erfolgreiche Einzelausstellung („Neue Arbeiten“) im CityCenter Weiden.

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Fotos: Jobst H. Teltschik, Foto: privat

Es ist März 1997. Auch der amerikanische Präsident Bill Clinton findet Geschmack an einem Bild des Schnaittenbacher Künstlers Jobst H. Teltschik – vor allem aber wohl an dem Wein von Teltschiks Schwager Willi Opitz. Teltschik wird mit ins Weiße Haus nach Washington/D.C. eingeladen. Zehn Minuten sind eingeplant, doch leider kann Clinton nicht kommen. Kurz vorher hat sich der US-Präsident bei einem Sturz das Knie verletzt und muss operiert werden. Als Ersatz gibt es eine längere Führung durchs Weiße Haus von Clintons Stabschef. Jobst H. Teltschik: „Wir konnten Räume betreten, die dem normalen Besucher verschlossen bleiben.“

Jahrelang illustrierte Jobst H. Teltschik die vom Schriftsteller und Verlagslektor Wolfgang Jeschke (1936-2015) im Münchner Heyne-Verlag erschienene renommierte Edition der SF-Jahrbücher und der Heyne-Reihe „SF-Literatur“. Der Verlag war jahrelang der größte Publikumsanbieter Deutschlands für Science Fiction, visuell animierend schon mit seinen einprägsamen Cover-Illustrationen mit suggestiver Wirkung auf die Leser und Leserinnen. Jobst H. Teltschiks malerische Präsentationen lassen von der Zukunft träumen und machen auch positiv Lust auf die Zukunft – im Gegensatz zu neuen Genre-Titeln der Gegenwart, wo meist schnelle einfallslose und lieblose monotone Computer-Art mit austauschbaren Klischee-Motiven vorherrscht und Kritiker vom Niedergang der SF-Illustration sprechen. Malen bedeutet für Jobst H. Teltschik, in seinen Gedanken und Träumen Erlebtes oder Geschautes neu wiederzuentdecken.

Mit seinen kreativen Exponaten war Teltschik eine markante Künstlerpersönlichkeit, die noch pointiert in individuellem Stil ausstrahlende SF-Akzente setzte und die phantastischen Visionen der SF-Autoren bildreich umsetzte. Die Farben- und Formensprache seiner Arbeiten scheint eine Fortsetzung der Bildsprache der Maler des „Blauen Reiters“ Kandinsky, Klee, Macke, Marc und Münter zu sein.

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1995 erhielt Jobst H. Teltschik den Kurd-Laßwitz-Preis für die beste Grafik für das SF-Titelbild zu Ian McDonalds Schere schneidet Papier wickelt Stein. Der namhafte literarisch motivierte Kunstpreis ist nach Kurd Laßwitz (geb. 1848 in Breslau/Schlesien, gest. 1910 in Gotha) benannt, der als Begründer der deutschen SF-Literatur gilt.

Jobst H. Teltschiks Künstlerleben endet viel zu früh in Schnaittenbach am 28. Juli 1999. Seine Beerdigung findet am 30. Juli im benachbarten Hirschau statt. Die trauernde Familie verabschiedet ihn in der Traueranzeige mit dem Gedicht Stufen des deutsch-schweizerischen Malerpoeten Hermann Hesse:

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Was bleibt vom meist surrealistischen Werk Jobst H. Teltschik sind seine in unzähligen Büchern veröffentlichten und in öffentlichen und privaten Sammlungen vorhandenen markanten SF-Gemälde.

Foto: Jobst H. Teltschik (mit Widmung), Foto: privat

Sekundärliteratur:

Baron, Bernhard M. (2022): Teltschik, Jobst H. In: Schlesier von den frühesten Zeiten bis zur Gegenwart VI. A – Z./Slazacy od czasow najdawniesjszych do wspolczesnosci. Hg. von Joanna Rostropowicz, Fundacja Nauki i Kultury na Slasku. Oppeln/Opole (Polen), S. 316-319.

Kulturamt der Stadt Weiden i.d. OPf. (Hg.) (1994): 10 x Weidener Literaturtage: 1985-1994. Eine Dokumentation [Red.: Bernhard M. Baron u. Otmar Schwarzer]. Druckhaus Oberpfalz Weiden i.d. OPf., S. 21f.

Schieder, Erika (2012): 50 Jahre Oberpfälzer Kunstverein e.V. (OKV) Weiden: 1962-2012. Spintler Druck, Weiden i.d. OPf., S. 26 u. S. 84.

Strobl, Reinhold (1997): Chronik der SPD Schnaittenbach mit Hinweis auf den Dankesbrief von Bill Clinton, The White House, Washington, an Willi Opitz, Illmitz/Austria, 10. März.

„sor“ [= Strobl, Reinhold] (2023): Jobst H. Teltschik: Künstler mit berühmtem Fan. In: Amberger Zeitung/Der neue Tag – Kultur, 13. April, S. 7. 

Externe Links:

Homepage Oberpfälzer Kunstverein e.V.

Homepage Oberpfalzverein e. V.