Info
Geb.: 27. 3.1909 in München
Gest.: 7. 4.1994 in Leverkusen
Fotografie 1984 (Bayerische Staatsbibliothek/Timpe)
Titel: Prof. Dr. phil. Dr. h.c. Dr. h.c.
Namensvarianten: Angelus Gottfried Thomas Mann; Michael Ney

Golo Mann

Der zweite Sohn Thomas Manns besucht die Schule Schloss Salem am Bodensee und studiert Philosophie und Geschichte in München, Berlin und Heidelberg. 1932/33 promoviert er in Heidelberg bei Karl Jaspers über Hegel. 1933 folgt er seinem Vater in die Emigration, zuerst nach Frankreich, wo er als Hochschuldozent bis 1937 unterrichtet, dann als Schriftsteller in die Schweiz (Redakteur der Zeitschrift Maß und Wert in Zürich) und schließlich in die USA, wo er von 1942 bis 1958 als Professor für Geschichte an mehreren Colleges lehrt. 1958 kehrt er in die Schweiz zurück und lässt sich in Kilchberg bei Zürich nieder, dem letzten Aufenthaltsort von Thomas und Katia Mann. Golo wird Gastprofessor in Münster, zwischen 1960 und 1964 ist er Ordinarius am neu errichteten Lehrstuhl für Politische Wissenschaften in Stuttgart. In dieser Zeit ist er Mitherausgeber der Neuen Propyläen Weltgeschichte (11 Bde., 1961-65), von 1963 bis 1979 zudem Mitherausgeber und Autor der Literaturzeitschrift Die neue Rundschau.

Als Erzähler von Geschichte wird Golo Mann erstmals bekannt durch seine Monografie über Friedrich von Gentz, den Mitarbeiter Fürst Metternichs, die ins Englische übersetzt 1946 in den USA erscheint. Mit Ansätzen zu einer pessimistischen Geschichtsphilosophie ist das Buch „eine Geschichte vom Elend der Politik, vom Scheitern des politischen Menschen.“ 1954 kommt als zweites Werk Vom Geist Amerikas heraus, eine essayistische Schilderung der USA aus europäischer Sicht. Zu einem Begriff macht Golo Mann die bis heute in Millionenauflage erscheinende und als historisches Standardwerk geltende Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts (1958).

Sein eigentliches Hauptwerk ist das 1971 erscheinende Buch Wallenstein. Sein Leben erzählt von Golo Mann, das sieben Jahre später verfilmt wird und zu den besten deutschsprachigen Biografien gehört. Als „Meisterwerk der Geschichtsschreibung“ überschreitet es deutlich die Grenzen der historischen Wissenschaft, indem es in der Schilderung von Wallensteins Träumen und Visionen literarisch-psychologisch zu plastischer Anschaulichkeit vordringt. 1973 erscheint die Fortsetzung Wallenstein – Bilder zu seinem Leben (zusammen mit Ruedi Bliggenstorfer). Als großartiger Essayist macht sich Golo Mann ebenso einen Namen; 1974 bekommt er als Nachfolger von Günter Gaus eine eigene Fernsehsendung unter dem Titel Golo Mann im Gespräch mit...

Manns Stimme in der Öffentlichkeit gewinnt im Zuge der großen bundesrepublikanischen Debatten zunehmend an Gewicht, stößt aber auch auf Widerspruch: Ende der 60er-Jahre setzt er sich in der Frage um die Ostpolitik für die Friedenspolitik von Willy Brandt ein, würdigt aber zugleich in den 70er-Jahren den früher scharf kritisierten Konrad Adenauer. In der Terrorismus-Diskussion von 1977 bezeichnet er den Terrorismus als „neue Art von Bürgerkrieg“ und votiert dafür, nur noch Pflicht- statt Wahlverteidiger zuzulassen. Ende der 80er-Jahre schlägt Mann eine Begrenzung des Asylbewerberstroms vor. Dem damaligen Bundespräsidenten empfiehlt er, zum 50. Jahrestag des Angriffs von Nazi-Deutschland auf Polen nicht nach Polen zu fahren, um die nationalsozialistische Vergangenheit als endgültig abgeschlossen zu betrachten. In einem Fernsehinterview zu Golo Manns 80. Geburtstag nennt er die Begründer der Frankfurter Schule Adorno und Horkheimer „Lumpen“, weil diese ihn als „heimlichen Antisemiten“ beim damaligen hessischen Kultusminister angeschwärzt hätten, als es um seine Berufung auf einen Lehrstuhl der Frankfurter Universität ging.

Den ersten Band seiner Erinnerungen und Gedanken. Eine Jugend in Deutschland veröffentlicht Mann 1986. Nach Meinung der Rezensenten sei ihm damit keine bloße Autobiografie, sondern ein Memoirenwerk gelungen, das so viel „Welt“ in sich vereine wie selten eines zuvor. Mann beschreibt darin nicht nur das vom Vater bestimmte Elternhaus, das geschwisterliche Leben, kulturelle Einflüsse, die Schul- und Studentenzeit, vielmehr gelangt der Autor zu der Überzeugung, dass der tiefste Einschnitt deutscher Geschichte ohne die Einzigartigkeit der Person Hitlers undenkbar gewesen sei – eine Position, die er auch im sog. „Historikerstreit“ vertritt. Der zweite Band Erinnerungen und Gedanken. Lehrjahre in Frankreich, die Zeit des französischen Exils, kommt 1999 postum als Fragment heraus.

Von seinen vielfachen Auszeichnungen seien nur die wichtigsten genannt: der Mannheimer Schillerpreis (1965), der Georg-Büchner-Preis (1968), der Gottfried-Keller-Preis (1969), das Große Bundesverdienstkreuz (1972), der Ehrendoktor der Universität Nantes und Orden Pour le Mérite (beide 1973), der Bayerische Verdienstorden (1974), der Schiller-Gedächtnispreis (1977), der Kulturelle Ehrenpreis der Stadt München (1980), der Bayerische Maximiliansorden (1981), die Jakob-Fugger-Medaille (1982), der Ernst-Robert-Curtius-Preis (1984), der Goethe-Preis der Stadt Frankfurt (1985), der Bodensee-Literaturpreis und Ehrendoktor der Universität Bath/England (beide 1987) sowie der Karl-Wolfskehl-Preis für Exilliteratur (1991).

Neben internationalen Mitgliedschaften (P.E.N., Kuratorium des Internationalen Instituts für Nationalitätenrecht und Regionalismus, American Academy of Arts und Sciences) ist Golo Mann seit 1967 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Er stirbt am 7. April 1994 unverheiratet in Leverkusen.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek

Sekundärliteratur:

Mann, Golo. In: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, URL: http://www.munzinger.de/document/00000006807, (29.07.2012).


Externe Links:

Literatur von Golo Mann im BVB

Literatur über Golo Mann im BVB

Artikel bei Spiegel Online

Schlagwort Golo Mann in Zeit Online

Thema Golo Mann in der FAZ

Golo-Mann-Gesellschaft

Nachlass Golo Mann im Schweizerischen Literaturarchiv

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