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12.10.2020, 11:12 Uhr
Antonie Magen
Text & Debatte
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Eduard von Schenk, bayerischer Staatsrat und Literat, porträtiert von August Riedel (© WikiMedia)

Spurensuche im Nachlass Eduard von Schenks

Der Name Eduard von Schenk (1788-1841) ist heute weitgehend vergessen. Genannt wird er lediglich noch in Geschichtsbüchern, die sich mit der bayerischen Innen- und Kulturpolitik des Vormärz beschäftigen: In erster Linie beschreiben sie die Karriere, die Schenk nach seiner juristischen Promotion im bayerischen Staatsdienst machte, und die sich in den 1820er Jahren zusehend beschleunigte. Nach einigen Jahren im Justizministerium trat er 1826 ins Innenministerium ein. Dort wurde er zunächst Leiter der Abteilung für Kirchen- und Schulangelegenheiten; bereits zweieinhalb Jahre später ernannte ihn Ludwig I. zum Innenminister. Dieses Amt hatte er bis 1831 inne. Danach wurde er als Generalkommissär des Regenkreises nach Regensburg versetzt, wo er bis zu seinem Tod am 26.4.1841 blieb.

Weniger bekannt ist dagegen, dass Schenk, im gleichen Jahr wie Joseph von Eichendorff geboren, zeitlebens auch literarisch aktiv war. Sein dichterisches Lebenswerk umfasst immerhin 145 Gedichte, zum Teil politische und private Gelegenheitslyrik, aber auch Ambitionierteres, 13 Schauspiele, ein Versepos sowie 33 kleinere epische Texte, darunter Fabeln, Parabeln, Erzählungen und eine Novelle. Das von den Zeitgenossen meistrezipierte Werk dürfte das Trauerspiel Belisar sein, das 1826 am Münchner Hoftheater uraufgeführt wurde.

Einige seiner Dichtungen wurden zu Lebzeiten veröffentlicht, anderes blieb ungedruckt. Aufbewahrt hat er seine literarischen Arbeiten jedoch alle. Sie waren Teil des Nachlasses, den seine älteste Tochter Therese (1817-1904) verwaltete. Sie sorgte dafür, dass besonders wertvolle Stücke an Kulturinstitutionen gingen, die sie sicher verwahren konnten: Die Briefe, die ihr Vater mit dem Theologen und Goethekritiker Johann Michael Sailer wechselte, übergab sie dem Bischöflichen Ordinariat in Regensburg. Die Korrespondenz mit Ludwig I. kam dank ihres Engagements 1881 in den Bestand des Klosters Metten. Ein drittes Konvolut überantwortete sie der Königlichen Hof- und Staatsbibliothek München, der jetzigen Bayerischen Staatsbibliothek, wo es unter der Signatur „Schenkina“ bis heute zu finden ist. Der Rest blieb in der Familie. 2010/11 übernahm die Staatliche Bibliothek Regensburg weiteres Material von Schenks Nachfahren. Seitdem besitzt sie die meisten seiner literarischen Arbeiten.

In der Bayerischen Staatsbibliothek liegen hingegen, neben einigen Werkmanuskripten (darunter schön gebundene Reinschriften der Dramen Die Crone von Cypern und Adolph von Nassau), literarischen Notizen, Tagebucheinträgen und Aufsätzen, vor allem Briefe. Auf den ersten Blick mag das unspektakulärer wirken. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich aber, dass das, was im Magazin an der Ludwigstraße in vier großen Schachteln aufbewahrt wird, ein wahrer Schatz für alle ist, die sich für die Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts interessieren.

Neben einigen Privatbriefen besteht das Herzstück der Sammlung nämlich aus 265 Briefen, die zeitgenössische Schriftsteller an Eduard von Schenk schrieben: Zu ihnen gehören Sulpiz Boisserée, Adalbert von Chamisso, Joseph Görres, Franz Grillparzer, Karl Immermann, August von Platen, Franz Graf von Pocci und Ludwig Tieck, um nur einige der bekannteren Namen zu nennen. Sie schrieben ihm, entweder weil sie literarischen Austausch und Rat suchten, oder weil sie sich von dem literaturinteressierten Minister auf die eine oder andere Weise Förderung versprachen. Wie erfolgreich sie damit auch immer waren: Wirkung zeitigen ihre Briefe in jedem Fall als Teil von Schenks Nachlass, in dem sie die Zeiten überdauert haben, und der durch sie noch heute Auskunft über einige der bekanntesten zeitgenössischen Literaten gibt, deren prominente Namen ganz selbstverständlich in jeder Literaturgeschichte der Romantik, des Biedermeier und der Vormärzjahre begegnen.