Info
Geb.: 7. 3.1807 in München
Gest.: 5. 7.1876 in München
Fotografie von Franz Seraph Hanfstaengl (Bayerische Staatsbibliothek München/Porträtsammlung)
Titel: Dr. phil. h.c.
Namensvarianten: Franz Ludwig Evarist Alexander Graf von Pocci; Kasperlgraf

Franz Graf von Pocci

Der Sohn eines italienischstämmigen Generalleutnants und Oberstkämmerers am bayerischen Hof und einer malenden Dresdner Baronin wächst zweisprachig auf und wird musisch erzogen. Nach dem Jurastudium in Landshut (1825) und München (1826) ist Franz Graf von Pocci zunächst Rechtspraktikant in Starnberg und Dachau, 1830 schließlich Kammerjunker und Zeremonienmeister Ludwigs I., den er mehrfach auf seinen Italienreisen begleitet. Mitglied in verschiedenen Künstlergesellschaften, u.a. der mit Franz von Kobell gegründeten Zwanglosen Gesellschaft (1837), steigt Pocci Jahre später zum Hofmusikintendanten auf und wird 1864 wie sein Vater Obersthofkämmerer.

Dank seiner Ämter sowie künstlerischen Beziehungen ist er eine feste Größe in der Münchner Gesellschaft, verkehrt im Kreis um den katholischen Publizisten Joseph Görres, wo er auch mit dem Dichter Clemens Brentano zusammentrifft. Der Austausch mit Vertretern der Romantik führt schnell zur produktiven Freundschaft mit Görres' Sohn Guido, dem geistigen Führer der katholischen Reaktion und Spätromantik in München. Mit diesem gibt Pocci den an Kinder gerichteten Festkalender in Bildern und Liedern (3 Bde., 1835-59) heraus, der von Pocci illustrierte Märchen und Strophen aus Des Knaben Wunderhorn enthält. Fortgesetzt unter dem Titel Geschichten und Lieder in Bildern (1840-45) sind hier die meisten Gattungen seiner literarischen Arbeiten vertreten: Kinderlieder und -sprüche, Gebete, Parabeln, Märchen, Exempel, Puppen- sowie Schattenspiel. Einen Namen als Illustrator macht Pocci sich vor allem durch Friedrich Gülls Kinderheimath in Liedern und Bildern (1846) und der Sammlung Alte und neue Kinderlieder (zus. mit Karl von Raumer, 1852). Für Isabella von Brauns Zeitschrift Jugendblätter liefert er außerdem bis zu seinem Tod über 70 Beiträge.

Seine Mitarbeit an den Fliegenden Blättern und dem Münchner Bilderbogen wird derart prägend, dass man ihn als „Carricaturen-Raffael“ (Luise von Kobell) betitelt. Als Beispiel kann Poccis berühmte Figur des „Staatshämorrhoidarius“ gelten, die 1857 als eigenständige Veröffentlichung zusammen mit seinen gesammelten Zeichnungen erscheint.

Erfolgreich mit seinen Werken für Kinder, versucht Pocci sich auch im Bereich der Volksdichtung, insbesondere im Volksdrama (Gevatter Tod, 1855; Michel, der Feldbauer, 1858, nach Hebels alemannischem Gedicht „Der Karfunkel“), scheitert hier aber.

Ebenso bleibt der Großteil seines musikalischen Werkes – gemessen an der Anzahl der Kompositionen (ca. 600, darunter eine Oper!) – in seiner Wirkung eher bescheiden. Einzig die früh komponierte Melodie zum Volkslied „Wenn ich ein Vöglein wär“ sowie die von Robert Schumann geschätzte „Frühlingssonate“ (1834) sind heute noch im Gedächtnis.

Dagegen gilt Pocci als Klassiker des literarischen Puppenspiels, mit der Figur des knollnäsigen harlekinesken „Kasperl Larifari“ im Mittelpunkt, die er für das Münchner Marionettentheater zum Amüsement der Kinder eigens entwickelt. Als Hausdichter schreibt er für Joseph „Papa“ Schmids Bühne über 40 Stücke. Den Stoff bezieht Pocci aus Sagen- und Märchensammlungen, darunter Erzählungen von Christoph von Schmid und Isabella Braun, aber auch aus eigenen Erfindungen.

Neben seiner Münchner Wohnung übernimmt Pocci 1844 das an seinen Vater verliehene Rittergut Ammerland am Starnberger See als Sommerresidenz. Seine Grabstätte befindet sich in der Nähe in Münsing, wo ihm zu Ehren ein Denkmal errichtet wird.

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Dr. Peter Czoik

Sekundärliteratur:

Jordan, Stefan: Pocci, Franz Ludwig Evarist Alexander Graf von. In: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 552-554, http://www.deutsche-biographie.de/pnd118595245.html, (13.02.2012).

Mahr, Johannes (1987) (Hg.): Die Krokodile. Ein Münchner Dichterkreis. Texte und Dokumente mit 29 Abbildungen. Reclam, Stuttgart.

Pörnbacher, Hans (1967): Romantisches Biedermeier in Bayern. Franz Graf Pocci und sein Kreis. In: Dünninger, Eberhard; Kiesselbach, Dorothee (Hg.): Bayerische Literaturgeschichte in ausgewählten Beispielen II. Süddeutscher Verlag, München, S. 288-300.

Weichslgartner, Alois J. (2001): Schreiber und Poeten. Schriftsteller aus Altbayern und Schwaben im 19. Jahrhundert. Bayerland Druckerei und Verlagsanstalt, Dachau.


Externe Links:

Literatur von Franz Graf von Pocci im BVB

Literatur über Franz Graf von Pocci im BVB

Franz Graf von Pocci in der BLO

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