Brecht-Preis 2018 für Nino Haratischwili

Nino Haratischwili erhält den mit 15.000 Euro dotierten Bertolt-Brecht-Preis 2018 der Stadt Augsburg. Geehrt wird sie für ihre Theaterstücke und und ihren Roman Das achte Leben (Für Brilka), der in der Frankfurter Verlagsanstalt erschienen ist. Mit dem Bertolt-Brecht-Preis wurden unter anderem auch Franz Xaver Kroetz, Albert Ostermaier und Dea Loher ausgezeichnet.

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»Nino Haratischwilis Romane und Theaterstücke lassen sich mit den großen Exildramen Bertolt Brechts in Verbindung bringen«, heißt es in der Jury-Begründung: »Ihre Begabung, komplizierte historische Prozesse, Revolutionen und Kriege ebenso wie menschliches Versagen, Opportunismus und Machtmissbrauch sowie individuelle Katastrophen in sinnliche Geschichte und großartige Frauenfiguren zu fassen, erinnert an Brechts Mutter Courage und seinen Kaukasischen Kreidekreis

Die öffentliche Preisverleihung findet am Donnerstag, 19. April, um 20:00 Uhr im Goldenen Saal im Augsburger Rathaus statt, wie die Stadt mitteilt. Andreas Platthaus, Ressortleiter Literatur und literarisches Leben bei der FAZ wird die Laudatio sprechen.

 

Das achte Leben (Für Brilka)

Georgien, 1900: Mit der Geburt Stasias, Tochter eines angesehenen Schokoladenfabrikanten, beginnt dieses berauschende Opus über sechs Generationen. Stasia wächst in der wohlhabenden Oberschicht auf und heiratet jung den Weißgardisten Simon Jaschi, der am Vorabend der Oktoberrevolution nach Petrograd versetzt wird, weit weg von seiner Frau. Als Stalin an die Macht kommt, sucht Stasia mit ihren beiden Kindern Kitty und Kostja in Tbilissi Schutz bei ihrer Schwester Christine, die bekannt ist für ihre atemberaubende Schönheit. Doch als der Geheimdienstler Lawrenti Beria auf sie aufmerksam wird, hat das fatale Folgen.

Deutschland, 2006: Nach dem Fall der Mauer und der Auflösung der UdSSR herrscht in Georgien Bürgerkrieg. Niza, Stasias hochintelligente Urenkelin, hat mit ihrer Familie gebrochen und ist nach Berlin ausgewandert. Als ihre zwölfjährige Nichte Brilka nach einer Reise in den Westen nicht mehr nach Tbilissi zurückkehren möchte, spürt Niza sie auf. Ihr wird sie die ganze Geschichte erzählen: von Stasia, die still den Zeiten trotzt, von Christine, die für ihre Schönheit einen hohen Preis zahlt, von Kitty, der alles genommen wird und die doch in London eine Stimme findet, von Kostja, der den Verlockungen der Macht verfällt und die Geschicke seiner Familie lenkt, von Kostjas rebellischer Tochter Elene und deren Töchtern Daria und Niza und von der Heißen Schokolade nach der Geheimrezeptur des Schokoladenfabrikanten, die für sechs Generationen Rettung und Unglück zugleich bereithält.

 

Bertolt-Brecht-Preis

Zu Ehren des am 10. Februar 1898 in Augsburg geborenen Dichters und Dramatikers Bertolt Brecht verleiht die Stadt Augsburg seit 1995 (zunächst alle drei Jahre, seit 2016 im Zwei-Jahres-Rhythmus) den Bertolt-Brecht-Preis an Persönlichkeiten, die sich in ihrem literarischen Schaffen durch die kritische Auseinandersetzung mit der Gegenwart auszeichnen.

Bisherige Preisträger waren: 1995: Franz Xaver Kroetz; 1998: Robert Gernhardt; 2001: Urs Widmer; 2004: Christoph Ransmayr; 2006: Dea Loher; 2010: Albert Ostermaier; 2013: Ingo Schulze; 2016: Silke Scheuermann.

 

Brechtfestival

Gleichzeitig ehrt die Stadt ihren großen Dichter mit dem jährlich stattfindenden Brechtfestival, das in diesem Jahr vom 23. Februar bis 4. März stattfindet.

Beim Brechtfestival in Augsburg treffen Hochkultur auf Popkultur, Unterhaltung auf Diskurs, Brechts Werk auf die Gegenwart und die Gegenwart auf Brecht. Das 10-tägige Festival läuft in diesem Jahr unter dem Motto »Egoismus versus Solidarität« und hat sich das Zitat »Ich glaub nicht, was ich denk« aus Brechts Fatzer-Fragment an die Seite gestellt. Es lenkt so den Blick auf die Frage, wie wir angesichts schwindender Gewissheiten und alltäglich gewordener Widersprüche zwischen Glauben und Denken, Wissen und Handeln eigentlich leben wollen. »Das Brechtfestival 2018 soll jedoch »kein jammervolles Echo der uns umgebenden Krisen sein, sondern vielmehr Lust darauf machen, diese Krisen durchstehen zu wollen«, so Festivalleiter Patrick Wengenroth.