Walter Kolbenhoff
„Ich will tendenziös schreiben, wenn es Tendenz ist, den Menschen an sein Menschsein zu erinnern.“ Die Biographie von Walter Kolbenhoff ist von den politischen Ereignissen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geprägt.
Walter Hoffmann, wie Walter Kolbenhoff eigentlich heißt, wird am 20. Mai 1908 als Sohn einer Arbeiterfamilie in Berlin geboren. Nach dem Besuch der Volksschule macht er eine Lehre als Druckplattenhersteller. 1925 bricht Walter Kolbenhoff aus diesem Leben aus und unternimmt ausgedehnte Reisen durch Europa, Nordafrika und Asien. In dieser Zeit hält er sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. Kolbenhoff ist zunächst Mitglied der SPD, tritt 1928 in die Kommunistische Partei ein und berichtet als Reporter für die Rote Fahne. Nach dem Reichstagsbrand flieht er 1933 über Amsterdam nach Kopenhagen, wo er als freier Journalist und Schriftsteller tätig ist.
Im dänischen Exil erscheint Walter Kolbenhoffs Roman Untermenschen (1933), in dem er den Sieg der Nationalsozialisten als Niederlage für die Arbeiterklasse wertet. Für diese Einschätzung wird er aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen. Als Dänemark 1940 vom Deutschen Reich annektiert wird, erhält Kolbenhoff seine Einberufung. Obgleich er sich inhaltlich von der Kommunistischen Partei entfernt hat, tritt er innerhalb der Wehrmacht für die Kommunisten ein. 1944 gerät Kolbenhoff in Italien bei Monte Cassino in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Bis 1946 ist er in verschiedenen Lagern interniert, ab 1945 in Fort Kearny, Rhodes Island, wo er Alfred Andersch und Hans Werner Richter kennenlernt. Zusammen arbeiten sie an der Kriegsgefangenenzeitung Der Ruf, dem Vorläufer der gleichnamigen späteren Zeitschrift. Im Lager entsteht das Manuskript zu seinem Roman Von unserem Fleisch und Blut, für das er 1946 den Preis des vom Bermann-Fischer-Verlag, Stockholm, in den US-Kriegsgefangenenlagern ausgeschriebenen Romanwettbewerbs gewinnt.
Nach dem Krieg wird Walter Kolbenhoff aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft nach Bayern entlassen. Der einstige Soldat erschrickt zutiefst, als er sich im Frühjahr 1946 einen Weg durch das zerstörte München bahnt und die Menschen in der Trümmerlandschaft sieht. Walter Kolbenhoff hält seine Eindrücke in dem autobiographischen Roman Schellingstraße 48. Erfahrungen mit Deutschland (1984) fest: „Mal konnte man kilometerweit sehen, dann wieder ging man durch Schluchten, zu beiden Seiten ragten Trümmerhaufen hoch (…) Männer in zerschlissenen Uniformen, Frauen in abgetragenen Kleidern und Mänteln. Die Gesichter waren ohne Ausdruck, die Augen tiefliegend und ohne jegliche Regung. Kinder sah ich nicht. Mich ergriff eine ungeheure Einsamkeit und Verzweiflung. Weg von dieser Stätte, nichts wie weg!“ Der Schriftsteller bleibt jedoch in München. Auf Vermittlung von Alfred Andersch fängt Kolbenhoff bei Erich Kästner in der Kulturredaktion der amerikanischen Neuen Zeitung an. Im selben Jahr wird Kolbenhoff Mitarbeiter der Zeitschrift Der Ruf – Unabhängige Blätter für die junge Generation, die im August 1946 erstmals erscheint und von Alfred Andersch und später von Hans Werner Richter herausgegeben wird. Zusammen mit Hans Werner Richter gehört er zu den Initiatoren der Gruppe 47. Im Hungerwinter 1947 heiratet er Isolde Walter. Das Paar bezieht eine Wohnung in der Schellingstraße 48, direkt gegenüber der Neuen Zeitung, die zu einem Treffpunkt für junge Intellektuelle wird. Im selben Jahr kommt der Roman Von unserem Fleisch und Blut heraus, 1949 folgt die Heimkehr in die Fremde. Das Feuilleton der Neuen Zeitung ist in dieser Zeit viel beachtet, die amerikanischen Besatzer verlangen aber eine antisowjetische Berichterstattung. Gemeinsam mit anderen Journalisten verlässt Kolbenhoff daraufhin die Redaktion. Er verdient seinen Lebensunterhalt als freier Autor für Rundfunkanstalten sowie für Zeitschriften und Zeitungen.
1970 erscheint Kolbenhoffs Roman Das Wochenende, der sich mit orientierungslos gewordenen Arbeitern in der Wohlstandsgesellschaft befasst. In einem Interview bringt der Schriftsteller seine Enttäuschung über das allgemeine Desinteresse der Menschen an gesellschaftlichen Fragen zum Ausdruck. Noch 1990 adaptiert er den Roman Blumen von Hiroshima von Edita Morris (1963) als Hörspiel für den Bayerischen Rundfunk. 1993 stirbt Walter Kolbenhoff mit 84 Jahren in Germering bei München.
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„Ich will tendenziös schreiben, wenn es Tendenz ist, den Menschen an sein Menschsein zu erinnern.“ Die Biographie von Walter Kolbenhoff ist von den politischen Ereignissen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geprägt.
Walter Hoffmann, wie Walter Kolbenhoff eigentlich heißt, wird am 20. Mai 1908 als Sohn einer Arbeiterfamilie in Berlin geboren. Nach dem Besuch der Volksschule macht er eine Lehre als Druckplattenhersteller. 1925 bricht Walter Kolbenhoff aus diesem Leben aus und unternimmt ausgedehnte Reisen durch Europa, Nordafrika und Asien. In dieser Zeit hält er sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. Kolbenhoff ist zunächst Mitglied der SPD, tritt 1928 in die Kommunistische Partei ein und berichtet als Reporter für die Rote Fahne. Nach dem Reichstagsbrand flieht er 1933 über Amsterdam nach Kopenhagen, wo er als freier Journalist und Schriftsteller tätig ist.
Im dänischen Exil erscheint Walter Kolbenhoffs Roman Untermenschen (1933), in dem er den Sieg der Nationalsozialisten als Niederlage für die Arbeiterklasse wertet. Für diese Einschätzung wird er aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen. Als Dänemark 1940 vom Deutschen Reich annektiert wird, erhält Kolbenhoff seine Einberufung. Obgleich er sich inhaltlich von der Kommunistischen Partei entfernt hat, tritt er innerhalb der Wehrmacht für die Kommunisten ein. 1944 gerät Kolbenhoff in Italien bei Monte Cassino in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Bis 1946 ist er in verschiedenen Lagern interniert, ab 1945 in Fort Kearny, Rhodes Island, wo er Alfred Andersch und Hans Werner Richter kennenlernt. Zusammen arbeiten sie an der Kriegsgefangenenzeitung Der Ruf, dem Vorläufer der gleichnamigen späteren Zeitschrift. Im Lager entsteht das Manuskript zu seinem Roman Von unserem Fleisch und Blut, für das er 1946 den Preis des vom Bermann-Fischer-Verlag, Stockholm, in den US-Kriegsgefangenenlagern ausgeschriebenen Romanwettbewerbs gewinnt.
Nach dem Krieg wird Walter Kolbenhoff aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft nach Bayern entlassen. Der einstige Soldat erschrickt zutiefst, als er sich im Frühjahr 1946 einen Weg durch das zerstörte München bahnt und die Menschen in der Trümmerlandschaft sieht. Walter Kolbenhoff hält seine Eindrücke in dem autobiographischen Roman Schellingstraße 48. Erfahrungen mit Deutschland (1984) fest: „Mal konnte man kilometerweit sehen, dann wieder ging man durch Schluchten, zu beiden Seiten ragten Trümmerhaufen hoch (…) Männer in zerschlissenen Uniformen, Frauen in abgetragenen Kleidern und Mänteln. Die Gesichter waren ohne Ausdruck, die Augen tiefliegend und ohne jegliche Regung. Kinder sah ich nicht. Mich ergriff eine ungeheure Einsamkeit und Verzweiflung. Weg von dieser Stätte, nichts wie weg!“ Der Schriftsteller bleibt jedoch in München. Auf Vermittlung von Alfred Andersch fängt Kolbenhoff bei Erich Kästner in der Kulturredaktion der amerikanischen Neuen Zeitung an. Im selben Jahr wird Kolbenhoff Mitarbeiter der Zeitschrift Der Ruf – Unabhängige Blätter für die junge Generation, die im August 1946 erstmals erscheint und von Alfred Andersch und später von Hans Werner Richter herausgegeben wird. Zusammen mit Hans Werner Richter gehört er zu den Initiatoren der Gruppe 47. Im Hungerwinter 1947 heiratet er Isolde Walter. Das Paar bezieht eine Wohnung in der Schellingstraße 48, direkt gegenüber der Neuen Zeitung, die zu einem Treffpunkt für junge Intellektuelle wird. Im selben Jahr kommt der Roman Von unserem Fleisch und Blut heraus, 1949 folgt die Heimkehr in die Fremde. Das Feuilleton der Neuen Zeitung ist in dieser Zeit viel beachtet, die amerikanischen Besatzer verlangen aber eine antisowjetische Berichterstattung. Gemeinsam mit anderen Journalisten verlässt Kolbenhoff daraufhin die Redaktion. Er verdient seinen Lebensunterhalt als freier Autor für Rundfunkanstalten sowie für Zeitschriften und Zeitungen.
1970 erscheint Kolbenhoffs Roman Das Wochenende, der sich mit orientierungslos gewordenen Arbeitern in der Wohlstandsgesellschaft befasst. In einem Interview bringt der Schriftsteller seine Enttäuschung über das allgemeine Desinteresse der Menschen an gesellschaftlichen Fragen zum Ausdruck. Noch 1990 adaptiert er den Roman Blumen von Hiroshima von Edita Morris (1963) als Hörspiel für den Bayerischen Rundfunk. 1993 stirbt Walter Kolbenhoff mit 84 Jahren in Germering bei München.