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19.09.2022, 18:58 Uhr
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Offenes Format: Barcamp Literatur München

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Was bedeutet es, heutzutage gute Bücher zu machen? Was ist der Status quo des Mediums Buch? Was bewegt die Gegenwartsliteratur? Und wie sieht die Zukunft des Lesens aus? So oder so ähnlich konnten die Fragestellungen lauten, die beim Barcamp Literatur München unter dem Motto „Netzwerken und austauschen“ am 10. September 2022 in den unterschiedlichen Sessions präsentiert und diskutiert wurden. Das Barcamp selbst ist eine Veranstaltung von Münchner Volkshochschule und Münchner Stadtbibliothek im Rahmen der kooperativen Kulturvermittlung im Gasteig HP8, gefördert von der bayerischen Landeshauptstadt und dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Die Gestaltung des Programms liegt ganz bei den Teilnehmenden, die gemeinsam entscheiden, welche Workshops im Laufe des Tages angeboten werden.

Zu diesem Barcamp waren alle eingeladen, die sich für Literatur begeistern: Verlagsleute und Leser, Autoren und Blogger, Typografen und Journalisten, Buchhändler und Bibliothekare. Wir vom Literaturportal Bayern waren auch mit dabei. Eindrücke von Thomas Lang.

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An diesem Morgen regnet es wie aus Kübeln in München. Dennoch ist der Raum mit den ansteigenden Stuhlreihen in der angesagten neuen Thalkirchener Location, dem HP8 bei der Isar, gut gefüllt. Die Münchener Volkshochschule, kurz MVHS, veranstaltet hier ein Barcamp Literatur, zu dem sich über 90 Menschen angemeldet haben.

Die Krimiautorinnen Angela Eßer und Elke Pistor haben die Moderation des Camps übernommen. Ein Barcamp, erklärt Eßer, sei eine Unkonferenz. Das lässt die Köpfe der Teilnehmenden in die Höhe gehen, der Begriff ist noch nicht etabliert. Gemeint ist damit eine Tagung, die vom Ablauf und den Inhalten her nicht oder schwach vorstrukturiert ist. Es gibt nicht von vornherein einen festen Ablaufplan, keine (oder keine strikte) Trennung zwischen Vortragenden und Teilnehmenden. Jede*r kann ein Thema vorschlagen, wobei das Themenfeld, hier die Literatur, in der Regel definiert sein dürfte. Das englische bar rührt dabei aus dem Bereich der Informatik und bezeichnet einen Platzhalter.

Im HP8 gibt es eine Mischung aus vorbereiteten Vorträgen, die angeboten werden, zum Beispiel einer über das Literaturportal Bayern, ein anderer über das Literatur Radio Hörbahn. Wer will, kann auch eine Diskussionsrunde anbieten, in der die Teilnehmenden sich ihre Inhalte selbst erarbeiten. Zettel werden verteilt, mit Textmarkern malen die Anwesenden an die 30 Vorschläge für jeweils 45-minütige Camps auf die Blätter. Es entsteht Spannung im Raum, als die Moderatorinnen die Blätter einsammeln und an eine Tafel heften. Zuvor haben alle Mitmachenden sich mit jeweils drei Hashtags selbst beschrieben, etwa: #autorin, #romane, #kreativesschreiben.

Nun sind alle aufgerufen, „ihr Thema“ noch dem Publikum laut vorzustellen. Jedes hat einen Bezug zur Literatur. Manche setzen sich mit dem „Betrieb“ auseinander, mit Bücherblogs etwa, dem Buchhandel oder der Kritik. Diese sei ihr, erläutert die Anbieterin des entsprechenden Camps, in Deutschland im Ton zu harsch. „Gendern im Roman“ ist ebenso ein Thema wie die Frage, ob sich in Kinderbüchern „Tabuthemen“ darstellen lassen. Mehrfach drehen sich Barcamps um den Bereich des Selfpublishings, diese werden in Absprache mit den Initiierenden zusammengelegt. Manch eine*r versäumt nicht, Hinweise auf eigene Veranstaltungen zu geben. Sechs rote Punkte darf jede*r gemäß seinen Interessen auf den entsprechenden Zetteln kleben, bei dem Camp, das ihm oder ihr am wichtigsten erscheint, dürfen es zwei Punkte werden.

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Mit einiger Verzögerung aufgrund der ausgedehnten Camp-Vorstellungsrunde geht es dann los. Die Teilnehmenden verteilen sich im Gebäude, setzen sich in abgeschlossene Räume oder finden sich im offenen Raum zusammen, der das HP8 zu weiten Teilen charakterisiert. Nicht alle Camps werden am Ende des Tages ausreichend besucht gewesen sein. Doch es liegt ein kleines Flirren in der Luft, eine angenehme Konzentration, weil man sich zusammengefunden hat, um über das eine Thema zu sprechen, dass alle verbindet: Literatur, ihr Entstehen, ihre Sichtbarmachung, ihre Aufnahme, das Reden darüber etc.

Beim Barcamp über das Literaturportal Bayern sind es etwa zwölf Leute, die teilnehmen, sich eine PowerPoint-Präsentation anschauen, immer wieder Fragen stellen, Anregungen geben, sich selbst vorstellen können, daran mitzuwirken. Das Gespräch ist freundlich, von Neugier geprägt. Die 45 Minuten vergehen schnell.

Auf die Frage nach dem Erfolg der Veranstaltung äußert sich Dorothee Lossin, die Fachgebietsleiterin für Literatur, kreatives Schreiben und Film an der MVHS, hinterher zufrieden. Das Wetter habe vielleicht ein wenig Publikum gekostet. Auf jedem Fall würde sie diese Art von Veranstaltung wieder anbieten. Bis es soweit ist, haben alle Interessierten die Möglichkeit, für sich aus rund 200 Veranstaltungen in diesem Bereich für sich eine auszuwählen. Oder gar mehrere.