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21.02.2017, 10:50 Uhr
Brigitta Rambeck
Text & Debatte
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© privat/Arche Verlag

Büchersendung: Brigitta Rambeck über die Schriftstellerin Barbara Bronnen

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Buchcover © Europa Verlag

Kronzeugin deutscher und bayerischer Geschichte – die Münchner Feldherrnhalle, stolz und geheimnisumwittert. Die Loggia, die König Ludwig I. aus Trotz gegen jene, die die Monarchie abschaffen wollten, gleich eine Nummer größer als das Florentiner Original bauen ließ, hat Pracht und Niedertracht gesehen, Größe und heimtückische Gewalt. Barbara Bronnen blickt in ihrem Roman auf die bewegte Geschichte dieses außergewöhnlichen Monuments zurück. Eine Einführung in das Leben und Werk Bronnens hat die Münchner Künstlerin und Autorin Brigitta Rambeck für die aktuelle Ausgabe von Literatur in Bayern geschrieben. Brigitta Rambeck, die unter anderem mit dem Schwabinger Kunstpreis augezeichnet wurde, leitet seit Jahren den literarischen Seerosenkreis in München.

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Barbara Bronnen ist eine „bekennende Münchnerin“, obwohl noch etliche andere Orte ihr Leben und Werk stark geprägt haben, zum Beispiel die Toskana, in die sie sich seit vielen Jahren regelmäßig zum Schreiben zurückzieht und der sie mehrere literarische Hommagen gewidmet hat. Auch die DDR gehört zu den Lebensräumen, mit denen sie sich intensiv – persönlich und literarisch – auseinandersetzte, angeregt durch ihren Vater, den Schriftsteller Arnolt Bronnen, der 1955 nach einer letzten politischen Kehrtwende nach Berlin-Ost übergesiedelt war, dann durch ihren ersten Mann, den Autor Manfred Grunert, dessen Familie aus Thüringen stammte.

Geboren wurde Barbara Bronnen in Berlin (1938), ihre Kindheit verbrachte sie in Österreich, nach der Matura in Linz studierte sie Germanistik an der Universität München, wo sie 1965 promovierte. Seit ihrer Studienzeit ist Barbara Bronnen in München, genauer gesagt in Schwabing ansässig. Hier hat sie den größten Teil ihres breitgefächerten Werks geschrieben – Sachbücher, Biographien, Romane, Erzählungen.

Ein Erkennungsmerkmal ihres schriftstellerischen Ansatzes war und ist die engagierte Anteilnahme an politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen, selbst bei Themen, die ganz persönliche Lebensstationen der Autorin zum Inhalt haben – so etwa in Veröffentlichungen wie Mütter ohne Männer oder Wie mein Kind mich bekommen hat, seit einigen Jahren auch in etlichen ebenso ehrlichen wie unwehleidigen Betrachtungen zum Alter und Älterwerden.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass ihre im Herbst 2016 erscheinende Auseinandersetzung mit ihrer Münchner Wahl-Heimat nicht als beschaulich-idyllischer Spaziergang daherkommt, sondern einen kritisch-historischen Streifzug quer durch die Geschichte der bayerischen Hauptstadt und weit darüber hinaus beinhaltet, mit ständigem Bezug zur politischen und sozialen Situation unserer Tage.

Als „Kronzeugin“ deutscher Geschichte tritt die – auch titelgebende – Münchner Feldherrnhalle auf, jene „Loggia“, die Ludwig I. in den Jahren 1841–44 nach dem Vorbild der „Loggia dei Lanzi“ in Florenz errichten ließ als prunkvollen Übergang von der historischen Altstadt zu seiner neuen Prachtstraße mit dem Siegestor als korrespondierendem Abschluss. In immer neuen „Begegnungen“ mit dieser langfristigen Zeitzeugin aus Stein, die im Laufe des Buchs gewissermaßen zur „Stimme der Historie“ wird, zeigt Barbara Bronnen die Vielschichtigkeit eines Denkmals, dessen Vergangenheit auf einzigartige Weise unsere Geschichte widerspiegelt und zur Chiffre für Umbrüche, Wandlungen und Ambivalenz der deutschen Seele zwischen gestern und morgen geworden ist.

Auf ihrer Spurensuche begleitet wird die Autorin auch von einer Zeitzeugin aus Fleisch und Blut: ihrer Großmutter Else von Lossow, die, in München ansässig, die Begegnungen der Enkelin mit München von Anfang an maßgeblich beeinflusste: „Die Erzählungen meiner Großmutter nebst ihren nachglühenden Stadtführungen“, schreibt sie, „binden mich an die Münchner Geschichte – sie ist meine erste Zuarbeiterin aus dieser geheimnisvollen Werkstatt Gottes, wie Goethe die Historie nannte.“