Buchblogger im Porträt (3) – Günter Keil

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Foto: Anna Mensing

Viele lesenswerte Bücherblogs befinden sich im Internet. Buchblogger (Booktuber, Bookstagrammer, Booktiktoker, Bookpodcaster, Bookvlogger, Bookfacebooker, Booktwitterer) spielen eine wachsende Rolle in der Literaturlandschaft. Was treibt diese Book-Influencer an? Wo verorten sie sich in der Bücherwelt? Welche dieser Multiplikatoren gewinnen an Bedeutung und warum? Die neue Journal-Kolumne „Buchblogger im Porträt“ von Autor, Journalist und Übersetzer Nicola Bardola porträtiert leidenschaftliche Leser*innen, die ihre Erfahrungen auf vielfältige Weise in den sozialen Netzwerken und auf eigenen Webseiten teilen.

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Günter Keil (München)

Günter Keil ist ein besonders vielseitiger Book-Influencer: In Augsburg geboren, arbeitet er seit 25 Jahren in München als Journalist und Moderator mit verschiedenen Tätigkeitsbereichen: Keil hat beispielsweise gemeinsam mit Karla Paul die Literaturshow „Die Seitenspringer“ und den Podcast „Long Story Short“ konzipiert. Er ist Juror u.a. beim Tukan-Preis der Stadt München und moderiert eine Literatur-Liveshow beim Radiosender egoFM. In seinem Literaturblog bespricht er regelmäßig Novitäten. Auf seiner Website führt er die Besucher zum seinem Blog, zu Facebook, Instagram, Torial, Podcast und Radio. Zudem moderiert Keil Lesungen und Literaturveranstaltungen, interviewt Autoren und veröffentlicht Buchbesprechungen u.a. in der Süddeutschen Zeitung und im Spiegel. Keil steht regelmäßig mit den ganz Großen der Branche auf Bühnen, u.a. moderierte und übersetzte er T.C. Boyle, Simon Beckett, Ken Follett, Arundhati Roy, Jostein Gaarder oder Jo Nesbö.

Keil ist also nicht der typische Digital-Buchblogger, aber Autoren und Bücher stehen stets im Focus seiner Aktivitäten. „Ich sehe mich als Literaturlobbyist, Kulturaktivist, Literaturvermittler, Büchermensch, Buchfreak – und vor allem anderen als Journalist und Moderator. Das sind meine beiden ‚richtigen‘ Berufe“, erklärt Keil. „Ich bin überzeugter und freiwilliger Freiberufler/Selbständiger, der tatsächlich nur von seinen Texten, Moderationen und Konzepten lebt – allein diese Tatsache unterscheidet mich von den meisten anderen medialen Buchmenschen.“

Kern von Keils Online-Aktivitäten ist sein Literaturblog. Dort postet er regelmäßig (alle drei bis sechs Tage) Rezensionen aktueller Belletristik, Interviews mit Autor*innen und berichtet von seinen Lesungsmoderationen.

Auf Facebook und Instagram postet er Fotos seiner Moderationen, weist auf aktuelle Texte und Termine hin, verlinkt auf die Blog-Posts. „Im Blog liegt der Schwerpunkt auf meinen Texten, also Inhalt, wohingegen auf Facebook und Instagram die Fotos wichtiger sind“, sagt Keil. Hinzu kommen seine Literatursendung auf egoFM (alle zwei Wochen samstags 14-16 Uhr live, anschließend unbegrenzt im Stream auf egoFM.de), Rezensionen und Interviews für Print- und Onlinemedien und der Literaturpodcast „Long Story Short“ (alle zwei Wochen). Einen aktuellen Überblick über all seine Aktivitäten gibt Keil auf dem Journalistenportal TORIAL.

Mit Facebook und dem Blog hat Keil 2013 begonnen, bei Instagram ist er erst seit diesem Jahr. „Ein guter Freund, der als Medienberater tätig ist, riet mir 2012 dringend dazu, online sichtbarer zu werden. Für einen Freiberufler wie mich, meinte er, sei es geradezu fahrlässig, nicht einen Blog zu haben und sich nicht auf Social Media zu präsentieren. Diese Chancen müsse man nutzen, um Auftragsflauten abzuschwächen. Ich ließ mich überzeugen, obwohl ich keine Lust auf die Onlinewelt verspürte“, erinnert sich Keil. Als Hybrid-Blogger mit Online- und Print-Anteilen differenziert Keil: „Ich meine es ernst, ohne dauernd ernst sein zu müssen. Sprich: Ich sehe mich als seriösen Journalisten, der online auch etwas entspannter und lockerer Literatur vermittelt als in klassischen Medien. Das macht mir großen Spaß und erweitert nicht nur meine Palette, sondern auch meinen Horizont.“ Seine Präferenzen liegen bei guter Belletristik jeder Art, im permanenten Genrewechsel. Vor allem hochwertige Spannungsromane, moderne Dramen, ausgeklügelte Psychogramme, feine Familiengeschichten. Zwischendurch mischt er ein Jugend- oder Sachbuch, so stimme der Mix.

Keil bezeichnet sein Verhältnis zu Autor*innen als hervorragend. „Ich habe großen Respekt vor der Leistung, ein Buch zu schreiben, und ich freue mich über die regelmäßigen Begegnungen mit Autor*innen. Oft sind sie ihren Büchern, Figuren oder ihrer Sprache irgendwie ähnlich, und das fasziniert mich. Durch Moderationen und Lesereisen lerne ich viele von ihnen näher kennen, was ich für ein Privileg halte.“

Die Bedeutung der Buchblogger*innen im deutschsprachigen Raum verglichen mit Feuilletons, Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen sieht Keil differenziert: „In bestimmten, jungen Zielgruppen ist die Blogger*innen-Bedeutung sehr hoch: Dort können Empfehlungen mehr bewirken als viele Rezensionen in anderen Medien. Umgekehrt ist deren Bedeutung im Rahmen von anspruchsvoller Literatur und bei höheren Altersgruppen geringer: Dort zählen eher Fachkompetenz, Erfahrung und eine klassische Rezeption. Meiner Meinung nach ergänzen sich alle Formen wunderbar – aus der Vielfalt können sich Literaturbegeisterte ihre jeweils passenden Angebote heraussuchen. Qualitativ gibt es in allen Medienformen positive und negative Beispiele – dass online das Niveau grundsätzlich niedriger ist, stimmt nicht“, erklärt Keil.

Verrisse sind nicht seine Sache: „Ich nutze meine Einflussmöglichkeiten lieber für Empfehlungen. Den begrenzten Platz in Medien für Literatur will ich nicht für Warnungen vergeuden, sondern für konkrete Tipps verwenden. Zu diesem spannenden Thema habe ich einen Essay geschrieben, der viel Feedback nach sich gezogen hat“.