Info
Geb.: 17.11.1751 in Aresing
Gest.: 20.5.1832 in Regensburg
Punktierstich von Johann Heinrich Lips nach Jakob Sommerhalder
Titel: Dr. theol., Prof.
Namensvarianten: Johann(es) Michael von Sailer
Wirkungsorte:
Dillingen

Johann Michael Sailer

Johann Michael (von) Sailer (geadelt 1825) wird als viertes und letztes Kind des Kleinbauern und Dorfschusters Andreas Sailer und dessen Frau Maria, geb. Reisner, 1751 in Aresing bei Schrobenhausen in der Diözese Augsburg geboren. Als Vorkämpfer einer neuen, auf Offenbarung und Gnade zielenden Religiosität wird Johann Michael Sailer zum Zentrum der geistigen Erneuerungsbewegung der „Landshuter Romantik“. Seine pädagogischen Schriften stellen formal und methodisch einen Neubeginn in der katholischen Moraltheologie dar und wenden sich gegen Kants Autonomie des Gesetzes. Am 20. Mai 1832 stirbt Sailer in Regensburg

Werdegang

Nach dem Abitur am Münchener Jesuitengymnasium verbringt Sailer sein Noviziat in Landsberg am Lech (1770-1772) und studiert seit 1772 Theologie in Ingolstadt. Er wird zum Priester geweiht (1775) und Repetitor für Philosophie (1777), bis er 1780 zum zweiten Professor der Dogmatik neben seinem Lehrer Benedikt Stattler berufen wird. Im selben Jahr erhält er die Promotion zum Dr. theol. Aufgrund von Sparmaßnahmen als „Exjesuit“ und „Obskurant“ vorzeitig entlassen, übersiedelt Johann Michael Sailer 1783 nach Augsburg, wo er sein sehr erfolgreiches Vollständiges Lese- und Betbuch zum Gebrauche der Katholiken publiziert, das ihm u.a. eine Professur für Moral- und Pastoraltheologie in Dillingen einbringt (1784). Weil er als „Illuminat“ und Aufklärer verdächtigt wird, verliert er diesen Posten zehn Jahre später.

Nach Jahren in Ebersberg wird Sailer 1799 vom bayerischen Kurfürsten Max IV. Joseph an die Landesuniversität Ingolstadt (ab 1800 nach Landshut verlegt) berufen. Die sich bereits in Dillingen abzeichnende sog. Priesterschule Sailers kommt in Landshut zur vollen Entfaltung: die späteren Bischöfe Schwäbl, Oettl, Reisach, die Theologen Buchner, Deutinger, Gügler und Widmer zählen zu seinen Schülern. Ab 1803 unterrichtet Sailer zudem den bayerischen Kronprinzen Ludwig, der bei ihm Privatkollegien über die „Moral des Regenten in christlichen Maximen“ und Erläuterungen zum Evangelium hört.

Die Ablehnung Sailers für den Augsburger Bischofsstuhl empfindet der bayerische Kronprinz Ludwig, der in Sailer einen „Apostel Bayerns“ erblickt, als persönliche Kränkung, woraufhin König Max I. Joseph auf sein Drängen hin Sailer ins Domkapitel von Regensburg beruft. Dort wird Sailer 1822 zum Weihbischof und Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge erhoben; 1829 ist er dann Bischof von Regensburg. Bereits im Juli 1828 erleidet Sailer jedoch einen Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr erholt. Er stirbt am 19. Mai 1832 und wird am 23. Mai im vorderen südlichen Seitenschiff des Regensburger Doms beigesetzt.

Wichtige Werke 

In Ebersberg übersetzt Sailer die Nachfolge Christi des Thomas von Kempen, veröffentlicht eine sechsbändige Sammlung von Briefen aus allen Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung und bearbeitet die geistlichen Übungen des Ignatius von Loyola. Wichtige Werke Sailers entstehen ab 1803: die pädagogische Schrift Ueber die Erziehung für Erzieher (1807) sowie das Handbuch der christlichen Moral (3 Bde., 1817), das – formal und methodisch ein völliger Neubeginn in der katholischen Moraltheologie – gegen die Autonomie des Gesetzes bei Kant die Theonomie des Gewissensgesetzes setzt und damit ein rein innerweltliches Gewissensverständnis überwindet (B. Jendrosch).

Die Sprichwörtersammlung Die Weisheit auf der Gasse (1810) ist Sailers dichterischer Beitrag zur deutschen Romantik.  

Stil / Rezeption

Aus der Aufklärung der Generation Westenrieders kommend, durch sein anziehendes Wesen, seine pastoral orientierte Theologie und konfessionell-irenische Gesinnung übt Sailer auf seine Zeit und Generationen von Schülern einen besonderen – nicht zuletzt kulturpolitischen – Einfluss aus. Seine akademischen Vorlesungen ziehen viele Hörer an und begeistern in der „Wärme des Tones“ (Christoph von Schmid). Unter dem umfangreichen literarischen Werk (Sämtliche Werke, hg. von J. Widmer, 40 Bde., 1830/45) rühmt der Philosoph und Schriftsteller Friedrich Heinrich Jacobi seine Grundlehren der Religion (1805), worin Sailer die menschlichen Grundbedürfnisse nach Wahrheit, Heiligkeit und Seligkeit religiös behandelt, als eines der besten Bücher in deutscher Sprache.

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Dr. Peter Czoik

Sekundärliteratur:

Moisy, Sigrid von (Hg.) (1984): Von der Aufklärung zur Romantik. Geistige Strömungen in München [Ausstellung München 26.6.-24.8.1984] (Ausstellungskataloge / Bayerische Staatsbibliothek, 29). Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, S. 141-148 u.ö.

Wolf, Hubert: Sailer, Johann Michael von. In: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 356f., http://www.deutsche-biographie.de/ppn118604872.html, (15.07.2015).


Externe Links:

Literatur von Johann Michael Sailer im BVB

Literatur über Johann Michael Sailer im BVB