Info
Geb.: 6. 8.1911 in München
Gest.: 14.10.1994 in München
Kadidja Wedekind (Archiv Monacensia)
Namensvarianten: Epiphania Kadidja Mathilde Franziska Wedekind

Kadidja Wedekind

Kadidja Wedekind wird am 6. August 1911 als jüngste Tochter des Dramatikers Frank Wedekind und seiner Frau, der Schauspielerin Tilly Newes, in München geboren. Zusammen mit ihrer um fünf Jahre älteren Schwester Pamela wächst sie in München in der Prinzregentenstraße 50 auf. Die Kindheit ist geprägt von der spannungsreichen Ehe der Eltern. 1917 unternimmt Tilly Wedekind, die unter starken Stimmungsschwankungen und Depressionen leidet, einen Selbstmordversuch. Als Kadidja Wedekind sechs Jahre alt ist, stirbt Frank Wedekind an den Folgen einer Blinddarmoperation.

Schon früh beginnt Kadidja Wedekind, die für Karl May und Indianerspiele schwärmt, zu zeichnen und zu dichten. Häufig wird sie als originell, spielerisch und sehr phantasievoll charakterisiert. In einer kleinen, mit eigenen Zeichnungen illustrierten, handschriftlichen „Sammlung höhnischer Gedichte“ macht sie sich über die Verlobung ihrer Schwester Pamela mit Klaus Mann lustig, mit der die beiden 17-jährigen Dichterkinder 1925 die Öffentlichkeit überraschen. Im Alter von 19 Jahren verfasst sie den erfolgreichen Jugendroman Kalumina - Roman eines Sommers, der 1932 im Scherl-Verlag, Berlin, publiziert wird. Schauplatz des Romans ist das Dorf Ammerland am Starnberger See, wo Tilly Wedekind zusammen mit ihren Töchtern gerne die Ferien im Haus ihrer Freundin Lilly Ackermann verbringt. Dort kommt Kadidja Wedekind 1928 auf die Idee, zusammen mit Kindern aus der Nachbarschaft ein Kaiserreich namens „Kalumina“ zu gründen. Sie lässt sich zur Kaiserin Carola I. krönen, verfügt über einen Hofstaat und hält im weißen Matrosenanzug Flottenparaden ab. Das Spiel wird im folgenden Jahr fortgesetzt. Die Episoden und Szenen, die sich dabei entwickeln, hält sie in Notizbüchern fest. Sie sind die Grundlage für den Roman, der den Abschied von der Kindheit zum Thema hat. Von 1928 bis 1933 studiert Kadidja Wedekind in Dresden und Berlin Malerei und Grafik bei Conrad Felixmüller und Emil Orlik. Als Gottfried Reinhardt, der Sohn des Regisseurs Max Reinhardt, 1931 Erich Kästners Pünktchen und Anton am Theater am Kurfürstendamm inszeniert, erhält Kadidja Wedekind Gelegenheit zur Mitarbeit am Bühnenbild und an der Ausstattung. Nebenbei schreibt sie Kritiken, Kurzgeschichten und Feuilletons.

Im Januar 1938 emigriert Kadidja Wedekind in die USA. Zunächst lebt sie bei Gottfried Reinhardt in Kalifornien, dann zieht sie nach New York, wo sie sich vergeblich bemüht, die Werke ihres Vaters Frank Wedekind zu vermarkten. Mehrere Buchprojekte und eine geplante Wedekind-Aufführung scheitern. Als Verkäuferin und Kindermädchen verdient sie das Nötigste zum Lebensunterhalt. Auch die Ehe mit dem aus Berlin stammenden jüdischen Anwalt Ulrich Biel, den sie 1942 heiratet, ist von finanziellen Schwierigkeiten geprägt.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrt Kadidja Wedekind nach München zurück, wo sie in der Franz-Joseph-Straße ein Zimmer bezieht. Sie lässt sich von ihrem Mann scheiden und arbeitet als Redakteurin bei der Münchner Illustrierten. Mit dem Stück Die kleine Staatsaffäre (1952), das von einer beherzten 13-jährigen Kindkönigin handelt, nimmt Kadidja Wedekind das Kalumina-Thema wieder auf. Die Komödie wird am Stadttheater Saarbrücken mit Erfolg uraufgeführt. Es folgt ein Roman über König Ludwig II. und Richard Wagner, den Kadidja Wedekind zu einem Drehbuch umarbeitet. Sie schlägt für die Verfilmung O.W. Fischer als Hauptdarsteller vor. Die Verfilmung entfernt sich von der Vorlage jedoch so weit, dass im Vorspann lediglich der Hinweis „nach einer Erzählung von Kadidja Wedekind“ bleibt. Der Roman König Ludwig und sein Hexenmeister erscheint als Buchausgabe erstmals 1995. Das große Projekt einer Frank Wedekind-Biografie kommt nicht zu einem Abschluss, dafür arbeitet Kadidja Wedekind zusammen mit ihrer Mutter an deren Memoiren Lulu, die Rolle meines Lebens (1969). 1970 stirbt Tilly Wedekind, 1986 ihre Schwester Pamela Regnier. Als alleinige Rechtsnachfolgerin am Werk Frank Wedekinds wirkt Kadidja Wedekind fortan als streitbare Sachwalterin des Werks ihres Vaters. Sie stirbt am 14. Oktober 1994 in München.

Verfasst von: Monacensia. Literaturarchiv und Bibliothek / Sylvia Schütz

Sekundärliteratur:

Pedarnig, Dietlind; Ziegler, Edda (Hg.) (2013): Bayerische Schriftstellerinnen. Ein Lesebuch. Allitera Verlag, München, S. 169-176.

Regnier, Anatol (2003): Du auf deinem höchsten Dach. Tilly Wedekind und ihre Töchter. Eine Familienbiographie. München.

Regnier, Anatol (2008): Frank Wedekind. Eine Männertragödie. München.


Externe Links:

Literatur von Kadidja Wedekind im BVB

Literatur über Kadidja Wedekind im BVB