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18.11.2022, 14:19 Uhr
Kunstministerium
Text & Debatte
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© Gustav Eckart

Förderstipendium Neustart-Paket Freie Kunst an Krisha Kops

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© Wolfgang Maria Weber/StMWK

Lyrik, Comics und Romane: Am 28. September 2022 wurden in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste 22 Schriftstellerinnen und Schriftsteller von Kunstminister Markus Blume mit den Förder- und Arbeitsstipendien des Freistaates Bayern ausgezeichnet. Unter den geförderten Publikationsvorhaben finden sich Lyrik-, Erzähl- und Comicbände ebenso wie die Geschichte einer potenziellen Amour fou sowie eine im 19. Jahrhundert angesiedelte gesellschaftskritische „biofiction“. Das Literaturportal Bayern stellt in den kommenden 11 Wochen jeweils zwei der Preisträgerinnen und Preisträger mit einem Porträt und einem Textauszug vor.

Dr. Krisha Kops wurde 1986 in eine deutsch-indische Familie geboren und studierte an der London and Westminster University Philosophie und internationalen Journalismus. Er promovierte im Bereich interkulturelle Philosophie an der Universität Hildesheim. Heute arbeitet er als freiberuflicher Journalist in Indien und Deutschland und schreibt u.a. für die taz, für DLF Kultur und das SZ Magazin. Außerdem hält er Vorträge und leitet Workshops zu indischer Philosophie. Mit seinem Debütroman Das ewige Rauschen (Arche, 2022) – für den er mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet wird – nahm Kops an der Autorenwerkstatt Heimat. Heute im Dresdner SLUB sowie an der Autorenwerkstatt des Literarischen Colloquiums Berlin teil. 2020 wurde er mit dem Haidhauser Werkstattpreis ausgezeichnet. Neben seiner theoretischen Arbeit verantwortet er im Rahmen seiner praktischen philosophischen Tätigkeit die Geschäftsführung von wirhelfen.eu.

Auszug aus Tränen eines Gurus (Romanvorhaben)

Christof beobachtete seinen Onkel, dem wie sovielmal das Handy ans Ohr gewachsen schien, der irgendjemanden Anordnungen gab, dabei fast schrie, sich selbst nahezu vergaß, mit seiner freien Hand dem Ventilator gleichtat und die Luft zerwirbelte. Soham konnte aus jedem Stuhl einen Thron machen, egal, wie klein er war oder wie schäbig der Schemel unter ihm. So selbstsicher saß er mit seinen überschlagenen Beinen da, als stünde hinter ihm eine ganze Armee, was sie meistens auch tat, Handlanger, mal vier, mal fünf oder sechs, die trotzdem so unscheinbar waren, dass man sie nicht selten vergaß, außer sie nickten oder bejahten, stellte Soham ihnen eine rhetorische Frage. 

„Gleich“, unterbrach Soham sein Gespräch kurz, „nur eine Minute noch.“

Soham war ein Hier und Da, ein Gestern und Morgen, innen wie außen. Unter seinem Dhoti-Beinkleid lugten gerautete Socken hervor. Dazu italienische Designer-Schuhe aus den Neunzigern, Schnurrbart aus den Dreißigern, Attitude aus den Sechzigern. Uhr aus der Schweiz, Intellekt aus England, Blut aus Indien. Zusammen mit dem Dhoti strahlte Soham weißes Leinenhemd die Weltentsagung eines Sannyasin aus, ganz im Gegensatz zu den auf seinen Fingern ornamentierten Goldringen. Sie unterbrachen das Zerfächern der Luft lediglich, um gelegentlich nach dem Glas schottischen, mit indischen Wasser vermengten Whisky zu greifen. Studiert hatte Soham im Westen, gearbeitet im Osten, geliebt im Ausland, geheiratet in der Heimat. Er redete zumeist auf Telugu, dachte wie er Christof später einmal verraten sollte, auf Englisch, nur auf welcher Sprache er träumte, das wusste er wie die meisten Menschen nicht. 

Genauso bewegte sich sein Akzent, wenn er sprach, zwischen den Kontinenten hin und her: „Business. Sorry“, sagte er, nachdem er auflegte. „Are! Wie soll ich mich ausdrücken? Wie? Du hast eine Gabe, pilla. Christof … Chris, du kannst Menschen mit deinen Worten berühren. Verstehst du? Ha?“

 Soham sah Christofs fragenden Blick.