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10.04.2023, 13:36 Uhr
Steven Lundström
Spektakula

„Bücher der Kindheit“ mit Claus von Wagner

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(c) Marcus Gruber

„Bücher der Kindheit“ heißt eine Veranstaltungsreihe der Internationalen Jugendbibliothek. Zu Gast war am 28. Februar 2023 der Kabarettist Claus von Wagner. Niels Beintker, Kulturredakteur und Autor des Bayerischen Rundfunks, moderierte den Abend.

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„Wir erzählen uns Geschichten. Das macht uns aus!“ Dieses Fazit zog Claus von Wagner in dem Gespräch mit Niels Beintker, das in der Internationalen Jugendbibliothek zu München stattfand. Oder vielleicht sollte es besser heißen: das Gespräch, das sich in der Internationalen Jugendbibliothek ereignete. Denn von Wagner und Beintker nahmen das Publikum im Jella-Leppman-Saal mit auf eine denkwürdige Reise in eine Kindheit, die sich im oberbayerischen Miesbach zwischen dunkeln Wäldern, dem Sudhaus, der örtlichen Bibliothek, der Grundschule und dem Elternhaus des Kabarettisten entfaltete und zum Fundament eines der bekanntesten Kabarettisten im deutschsprachigen Raum wurde.

Anfangs waren es vor allem Abenteuerspielebücher, die Claus von Wagner fasziniert und hinaus in die Landschaft rund um Miesbach getrieben haben. Einen Schritt nach dem anderen zu tun – im wortwörtlichen Sinne – und die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen („Du hast dich entschieden nach links zu gehen. Lies auf Seite 102, wie es weitergeht.“), brachten ihn und seinen besten Freund dazu, Expeditionen zu unternehmen. Eine dieser Reisen führte zur Aufdeckung eines Umweltverbrechens, der Einleitung von Gülle in einen Bach der Umgegend.

Das Buch, das Claus von Wagner wohl in der Bibliothek gefunden und das ihn besonders geprägt hat, war die Unendliche Geschichte von Michael Ende. Über die fantastische abenteuerliche Reise, während derer „Realität und Fantasie“ verschwimmen, sagte er:

Ich werde nie mehr die Grundidee vergessen, dass, wenn Menschen nicht mehr an Geschichten oder Mythen glauben, dass diese Welt verschwinden wird ... Das Nichts, das werde ich wohl nie vergessen. ... Je älter ich werde, desto mehr stelle ich fest, wir [Menschen] erzählen uns Geschichten ... Das macht uns aus ... Es setzt den Rahmen. Es setzt uns in die Welt.

Dieses Buch ist Claus von Wagner so wichtig, dass er es seinem Kind vorgelesen hat. Allerdings sei die Lektüre zu aufregend und „zu früh“ gewesen. Später dann hat seine Tochter sich die Unendliche Geschichte selbst erschlossen. Ein weiteres Buch seiner Kindheit, dass er mit ihr geteilt hat, war Ronja Räubertochter von Astrid Lindgren. Als Kind habe ihm gefallen, dass Ronja eben nicht das tat, was von ihr erwartet wurde, sondern sich für ihren eigenen Weg entschieden hat. Das passende Buch für seine Tochter.

Claus von Wagner (r.) im Gespräch mit Niels Beintker (c) Internationale Jugendbibliothek

Geschichten zu erzählen sei ihm schon immer wichtig gewesen. Schon in der Schule, als er das Thema einer Hausaufgabe zu einer Kunstfälschergeschichte ausgearbeitet hatte. Seine Lehrerin habe ihm damals eine (zu) blühende Fantasie bescheinigt. Frau Metzger habe aber dennoch eine entscheidende Rolle in seinem Leben gespielt, denn sie habe ihn dazu ermuntert auf die Bühne zu gehen: „Sie hat mich auf die Bühne gebracht.“ Was Frau Metzger zu der denkwürdigen Inszenierung von „Fridolin der Zauberlehrling“ in der 4. Klasse gesagt haben mag, wurde an diesem Abend nicht überliefert. Zumindest aber wären nach der Uraufführung Veränderungen unabdingbar gewesen, seien doch einige Erstklässler in Tränen ausgebrochen.

Geschichten erzählen – den Dingen auf den Grund gehen – auf der Bühne stehen – Menschen zum Lachen bringen. All das ist eine gute Grundlage für die Arbeit eines Kabarettisten. Und das passende Buch dazu? Das fand sich im häuslichen Bücherschrank: Was bleibt mir übrig? von Dieter Hildebrandt. Von ihm habe er u.a. gelernt, wie man Pointen setzt. Jahre später stand Claus von Wagner auf der Bühne der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. Auch zusammen mit Dieter Hildebrandt.

Heute inszeniert Claus von Wagner gemeinsam mit Max Uthoff für das ZDF „Die Anstalt“ – eine der renommiertesten Kabarettveranstaltungen im deutschsprachigen Raum. Hinzukommen u.a. regelmäßige Auftritte in der „heute Show“ und Solo-Kabarettprogramme.