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Friedrich Rückert auf einer Zeichnung seines Freundes Carl Barth, 1818

Erlangen: Rückert-Brunnen im Schlossgarten

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Schattenriss des Dichters im Erlanger Schlossgarten, 2014 aufgestellt (c) Literaturportal Bayern

Auf dem Weg zur letzten Station, dem Rückert-Brunnen im Schlosspark Erlangen, kommt man an der Universitätsbibliothek (Universitätsstraße 4) vorbei. Dieses Gebäude wurde erst 1913 bezogen. Zu Rückerts Zeiten befand sich die Universitätsbibliothek im Erlanger Schloss. Rückert benutzte die Bestände der Bibliothek intensiv, wovon heute noch Notizen in Handschriften und Büchern zeugen, die er entliehen hatte. Die Universitätsbibliothek verwahrt einen kleinen Teil von Rückerts Nachlass (einige Manuskripte, ein paar Briefe). Um 1935 hätte die UB Erlangen einen großen Teil des Nachlasses erwerben können, doch es fehlte damals an Geld. Deswegen liegt der Nachlass zerstreut in verschiedenen Institutionen: der Hauptteil ind Schweinfurt bei den Museen und Galerien der Stadt Schweinfurt / Museum Altes Gymnasium und in Stadtarchiv und Stadtbibliothek Schweinfurt, der Rest bei der Landesbibliothek Coburg, bei der Rückert-Gesellschaft, in Münster, Berlin, Weimar und Göttingen.

 

Die Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg wurde 1913 bezogen. (c) Literaturportal Bayern

Von der Universitätsbibliothek ist es nur noch ein kleiner Spaziergang in den Schlossgarten. In der Nähe des Kollegienhauses der Universität steht ein Brunnen, der Rückert zu Ehren gestiftet wurde. Davor ist als Kunstwerk ein Schattenriss des Dichters aufgestellt. Der Brunnen wurde an einem Stiftungstag der Universität, am 4.11.1904, enthüllt. Der Entwurf im Jugendstil stammt von dem aus Rückerts Heimatstadt Schweinfurt gebürtigen Architekten und Hochschullehrer Theodor Fischer, ausgeführt wurde er von dem Bildhauer Johann Baptist Mantel. Die Inschrift im Inneren – leider schlecht zu lesen – ist ein Spruch aus der Weisheit des Brahmanen:

Je mehr die Liebe gibt,
je mehr empfängt sie wieder.
Darum versiegen nie
des echten Dichters Lieder.
Wie sich der Erdschoss nie
erschöpft an Lust und Glück,
Denn alles was er gibt,
fließt auch in ihn zurück.

 

Der Rückert-Brunnen im Schlossgarten (c) Literaturportal Bayern

Friedrich Rückert starb 1866 in seinem Anwesen in Coburg-Neuses. Fast das ganze 19. Jahrhundert hindurch war er unter seinen Zeitgenossen so geschätzt wie kaum ein anderer deutscher Schriftsteller. Seine vaterländischen Geharnischten Sonette, die von seinen Hafis-Studien inspirierten Östlichen Rosen, aber auch die biedermeierliche Gedichtsammlung Haus und Jahr, sowie der Zyklus Liebesfrühling waren in jedem gebildeten Haus vorhanden. Auch in die Schullesebücher fand er Eingang. Wie beliebt die Rückertschen Gedichte waren, zeigen vor allem die über 2.000 Vertonungen durch Komponisten wie Mahler, Schubert, Schumann, Loewe oder Strauss.

Einige der Ehrenzeichen und Medaillen, die Rückert zu Lebzeiten verliehen wurden. Er selbst legte keinen besonderen Wert auf solcherlei Auszeichnungen. (c) Literaturportal Bayern

Trotz aller Verdienste und Erfolge ist Friedrich Rückert heute vor allem außerhalb seiner Lebensstationen Schweinfurt, Erlangen und Coburg wohl eher nur einem kleineren Kreis an Interessierten ein Begriff. Das mag an der Vereinnahmung seiner Person durch den Nationalsozialismus liegen, die sich auf Rückerts patriotische Lyrik zu Zeiten der Befreiungskriege stützte. Vielleicht sind auch seine Leistungen auf dem Gebiet der Orientalistik einer breiten Masse ebenso schwer zu vermitteln wie seine teilweise biedermeierliche Lyrik.

Weltpoesie ist Weltversöhnung

Friedrich Rückert, der fränkische Kosmopolit, verdient aber mehr Aufmerksamkeit denn je: Westen und Osten rücken in politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen plötzlich ganz nahe zusammen, ohne miteinander vertraut zu sein. Dem interkulturellen Dialog mit Menschen aus dem orientalischen Kulturkreis kommt eine geradezu existenzielle Bedeutung für gegenseitiges Verständnis und friedliches Zusammenleben zu. Dafür ist nicht nur Sprachkompetenz Voraussetzung, wie sie Rückert wie kein Zweiter vorweisen konnte, sondern auch die Fähigkeit, Gemeinsamkeiten im Mensch-Sein zu erkennen und über sie Brücken zueinander zu bauen: „Daß ihr erkennt: Weltpoesie / Allein ist Weltversöhnung“ (Schi-King, 1833).

 

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Verfasser: Erlanger Rückert-Kreis / Literaturportal Bayern