Coburg-Neuses, Friedrich-Rückert-Straße 13
Nach langen Jahren als Professor für orientalische Sprachen in Erlangen erhielt Friedrich Rückert im Jahr 1841 von Friedrich Wilhelm von Preußen einen Ruf an die Universität Berlin. Rückert konnte das Angebot nicht ausschlagen, das nicht nur finanziell attraktiv, sondern auch noch mit dem Vorteil verbunden war, dass Lehre nur in den Wintersemestern erwartet wurde. Außerdem erhoffte sich der Dichter, in den Berliner Theatern den Durchbruch als Dramatiker zu erreichen. Das gelang ihm allerdings nicht. In Berlin fühlte sich der Franke nie heimisch. Er mochte weder die Etikette und die gesellschaftlichen Verpflichtungen am Hofe noch den Lärm der Großstadt, noch die beschwerlichen Reisen bis in die fränkische Heimat. Im März 1848, am Vorabend der Revolution, beendete er seine akademische Karriere und kehrte für immer nach Neuses zurück:
Neuer Sitz im alten Coburg,
Mir im Herbst ein neuer Lenz,
Meine kleine Freudenfrohburg,
Ehrenburg und Residenz!
Dessen Schatten ein Vertrauter
Meiner Einsamkeiten sprießt,
Wo die Lauter hell und lauter
Meinem Zaun vorüberfließt.
Die erste Erwähnung der 1934 nach Coburg eingemeindeten Ortschaft Neuses datiert auf 1289. Die damalige Bezeichnung „Nvesez“ und „Niusez“ wird als „neuer Sitz“ gedeutet; gemeint ist wohl ein ritterlicher Ansitz. Dieser Ansitz geht 1346 im Tausch gegen das Rittergut Waldsachsen von Dietrich von Coburg an Graf Heinrich von Henneberg. Um 1600 gehört das Gut den Rosenauern, von denen es über den herzoglichen Kammerschreiber Peter Popp und die Familie Nattermann – die 1776 dort den „Nattermannshof“ errichtet – in den Besitz des herzoglich-coburgischen Hofarchivars Johann Albrecht Fischer gelangt, den Schwiegervater Rückerts.
Der Biedermeiergarten des „Nattermannshofes“ (c) Literaturportal Bayern
Rückert kaufte das Anwesen 1838 seiner Schwiegermutter ab und vererbte es Sohn August, der mit dem Vermögen seiner Frau Alma Froriep die anderen Geschwister auszahlen konnte. So blieb das Anwesen im Besitz der Familie und wird heute von Rückerts Ur-Ur-Enkel mit Frau bewohnt. Die beiden ließen das Gebäude vor einigen Jahren mit Unterstützung von Staat, Land, Stadt und Denkmalschutz sorgfältig renovieren. Das Konzept „Wohnen im Museum“ sieht vor, dass einige Teile des Gebäudes vermietet werden, der größte Teil von der Familie bewohnt wird und die Wohn- und Arbeitsräume Rückerts der Öffentlichkeit nach telefonischer Voranmeldung zugänglich sind. So bleibt nicht nur die Erinnerung an den großen Dichter und Übersetzer lebendig, sondern kann auch das Denkmal einer lebendigen Nutzung zugeführt werden.
Bei einer Besichtigung beeindruckt der Biedermeier-Garten voller weißer, roter und rosafarbener Rosen, dessen Gestaltung und Bepflanzung Rückert selbst detailliert erdacht und angeordnet hatte. Er war ein begeisterter Gärtner, wie Max Müller in seinen Lebenserinnerungen (S. 70) schreibt: „Da fand ich den alten Mann wie einen Bauer in seinem Gemüsegarten arbeitend, Dünger aufladend und auf die Felder karrend mit eigener Hand.“
Der erste Stock des Wohnhauses ist mit Biedermeier-Möbeln eingerichtet. Alle Gegenstände und Möbelstücke, die noch aus der Zeit Rückerts im Familienbesitz im „Nattermannshof“ erhalten geblieben sind, sind dort zu besichtigen, beispielsweise ein Tischchen, das Ludwig I. von Bayern Rückert als Geschenk vermacht hatte. Die beiden waren sich während Rückerts Rom-Aufenthalt 1818 begegnet. An den Wänden hängen Gemälde u.a. der Malerin Bertha Froriep (1833-1920), der Schwester von Rückerts Schwiegertochter Alma, die gerne die Familie porträtierte.
Links das original eingerichtete Arbeitszimmer Rückerts, in der Mitte das Schwalbennest im Arbeitszimmer, rechts ein Wohnraum mit Biedermeier-Einrichtung (c) Literaturportal Bayern
Eine Besonderheit ist das Arbeitszimmer Rückerts. Es ist über die ganzen Jahre im Originalzustand belassen worden. Nun wurde es behutsam mitrestauriert. Man sieht die Handbibliothek Rückerts, seinen Schreibtisch und den großen Zettelkasten, in dem er die letzten Jahre seines Lebens die Gedichte und Notizen für das Liedertagebuch sammelte. Der aufmerksame Besucher entdeckt sogar ein Schwalbennest an der Wand: Rückert soll damals mehrere Wochen sein Zimmer nicht betreten haben, um die Brütenden nicht zu stören. Die kleinen Vögel sind ein wiederkehrendes Motiv in seinen Gedichten, beispielsweise im auch als „Schwalbenlied“ bekannten Gedicht „Aus der Jugendzeit“ (1818), das über sechzigmal vertont wurde: Was die Schwalbe sang, was die Schwalbe sang, / Die den Herbst und Frühling bringt; / Ob das Dorf entlang, ob das Dorf entlang / Das jetzt noch klingt?
Drei Jahre nach Rückerts Tod (1866) wird im Park des Guts ein Denkmal errichtet. Der Park ist öffentlich zugänglich.
Die Rückert-Statue im Park hinter dem Nattermannshof (c) Literaturportal Bayern
Nach langen Jahren als Professor für orientalische Sprachen in Erlangen erhielt Friedrich Rückert im Jahr 1841 von Friedrich Wilhelm von Preußen einen Ruf an die Universität Berlin. Rückert konnte das Angebot nicht ausschlagen, das nicht nur finanziell attraktiv, sondern auch noch mit dem Vorteil verbunden war, dass Lehre nur in den Wintersemestern erwartet wurde. Außerdem erhoffte sich der Dichter, in den Berliner Theatern den Durchbruch als Dramatiker zu erreichen. Das gelang ihm allerdings nicht. In Berlin fühlte sich der Franke nie heimisch. Er mochte weder die Etikette und die gesellschaftlichen Verpflichtungen am Hofe noch den Lärm der Großstadt, noch die beschwerlichen Reisen bis in die fränkische Heimat. Im März 1848, am Vorabend der Revolution, beendete er seine akademische Karriere und kehrte für immer nach Neuses zurück:
Neuer Sitz im alten Coburg,
Mir im Herbst ein neuer Lenz,
Meine kleine Freudenfrohburg,
Ehrenburg und Residenz!
Dessen Schatten ein Vertrauter
Meiner Einsamkeiten sprießt,
Wo die Lauter hell und lauter
Meinem Zaun vorüberfließt.
Die erste Erwähnung der 1934 nach Coburg eingemeindeten Ortschaft Neuses datiert auf 1289. Die damalige Bezeichnung „Nvesez“ und „Niusez“ wird als „neuer Sitz“ gedeutet; gemeint ist wohl ein ritterlicher Ansitz. Dieser Ansitz geht 1346 im Tausch gegen das Rittergut Waldsachsen von Dietrich von Coburg an Graf Heinrich von Henneberg. Um 1600 gehört das Gut den Rosenauern, von denen es über den herzoglichen Kammerschreiber Peter Popp und die Familie Nattermann – die 1776 dort den „Nattermannshof“ errichtet – in den Besitz des herzoglich-coburgischen Hofarchivars Johann Albrecht Fischer gelangt, den Schwiegervater Rückerts.
Der Biedermeiergarten des „Nattermannshofes“ (c) Literaturportal Bayern
Rückert kaufte das Anwesen 1838 seiner Schwiegermutter ab und vererbte es Sohn August, der mit dem Vermögen seiner Frau Alma Froriep die anderen Geschwister auszahlen konnte. So blieb das Anwesen im Besitz der Familie und wird heute von Rückerts Ur-Ur-Enkel mit Frau bewohnt. Die beiden ließen das Gebäude vor einigen Jahren mit Unterstützung von Staat, Land, Stadt und Denkmalschutz sorgfältig renovieren. Das Konzept „Wohnen im Museum“ sieht vor, dass einige Teile des Gebäudes vermietet werden, der größte Teil von der Familie bewohnt wird und die Wohn- und Arbeitsräume Rückerts der Öffentlichkeit nach telefonischer Voranmeldung zugänglich sind. So bleibt nicht nur die Erinnerung an den großen Dichter und Übersetzer lebendig, sondern kann auch das Denkmal einer lebendigen Nutzung zugeführt werden.
Bei einer Besichtigung beeindruckt der Biedermeier-Garten voller weißer, roter und rosafarbener Rosen, dessen Gestaltung und Bepflanzung Rückert selbst detailliert erdacht und angeordnet hatte. Er war ein begeisterter Gärtner, wie Max Müller in seinen Lebenserinnerungen (S. 70) schreibt: „Da fand ich den alten Mann wie einen Bauer in seinem Gemüsegarten arbeitend, Dünger aufladend und auf die Felder karrend mit eigener Hand.“
Der erste Stock des Wohnhauses ist mit Biedermeier-Möbeln eingerichtet. Alle Gegenstände und Möbelstücke, die noch aus der Zeit Rückerts im Familienbesitz im „Nattermannshof“ erhalten geblieben sind, sind dort zu besichtigen, beispielsweise ein Tischchen, das Ludwig I. von Bayern Rückert als Geschenk vermacht hatte. Die beiden waren sich während Rückerts Rom-Aufenthalt 1818 begegnet. An den Wänden hängen Gemälde u.a. der Malerin Bertha Froriep (1833-1920), der Schwester von Rückerts Schwiegertochter Alma, die gerne die Familie porträtierte.
Links das original eingerichtete Arbeitszimmer Rückerts, in der Mitte das Schwalbennest im Arbeitszimmer, rechts ein Wohnraum mit Biedermeier-Einrichtung (c) Literaturportal Bayern
Eine Besonderheit ist das Arbeitszimmer Rückerts. Es ist über die ganzen Jahre im Originalzustand belassen worden. Nun wurde es behutsam mitrestauriert. Man sieht die Handbibliothek Rückerts, seinen Schreibtisch und den großen Zettelkasten, in dem er die letzten Jahre seines Lebens die Gedichte und Notizen für das Liedertagebuch sammelte. Der aufmerksame Besucher entdeckt sogar ein Schwalbennest an der Wand: Rückert soll damals mehrere Wochen sein Zimmer nicht betreten haben, um die Brütenden nicht zu stören. Die kleinen Vögel sind ein wiederkehrendes Motiv in seinen Gedichten, beispielsweise im auch als „Schwalbenlied“ bekannten Gedicht „Aus der Jugendzeit“ (1818), das über sechzigmal vertont wurde: Was die Schwalbe sang, was die Schwalbe sang, / Die den Herbst und Frühling bringt; / Ob das Dorf entlang, ob das Dorf entlang / Das jetzt noch klingt?
Drei Jahre nach Rückerts Tod (1866) wird im Park des Guts ein Denkmal errichtet. Der Park ist öffentlich zugänglich.
Die Rückert-Statue im Park hinter dem Nattermannshof (c) Literaturportal Bayern