Info
Geb.: 14. 9.1900 in Bamberg
Gest.: 22.9.1970 in Terracina
Erich Ebermayer bei der Probe zur Aufführung von "Professor Unrat" in der Kleinen Komödie am Max-II-Denkmal, 24. Januar - 28. März 1952 (Bayerische Staatsbibliothek München/Timpe)
Titel: Dr. jur.

Erich Ebermayer

Erich Ebermayer wird am 14. September 1900 in Bamberg als Sohn des Oberreichsanwalts und Professors für Strafrecht Ludwig Ebermayer geboren. Da Erich Ebermayers Vater zum Richter am Reichsgericht in Leipzig ernannt wird, besucht er dort als Kind die Thomasschule und singt auch im Thomaner-Knabenchor. Nach dem Abitur studiert er Jura in Leipzig. Nach seiner Promotion mit 22 Jahren ist er bereits mit 23 Jahren Anwalt. Doch Erich Ebermayers Herz gehört der Literatur.

1924 erscheint sein erster Novellenband Doktor Angelo, der das Lob von Thomas Mann findet und ihm die Bekanntschaft mit dessen Familie und den ersten literarischen Kreisen ermöglicht. Zu seinen engsten Freunden gehören Klaus Mann und Ernst Toller. Bald gehört er zum engsten Freundeskreis von Gerhart Hauptmann. 1927 hat Erich Ebermayer seinen ersten Bühnenerfolg mit dem Schauspiel Kaspar Hauser. Für den jüdischen Verleger und Produzenten Georg Marton bearbeitet er eigene und fremde Stoffe. Erich Ebermayer gerät so zwischen alle Fronten. Von diesem Zeitpunkt bis zum Zweiten Weltkrieg berichten seine Tagebücher Denn heute gehört uns Deutschland… (1959) und …morgen die ganze Welt. Erinnerungen an Deutschlands dunkle Zeit (1966) detailliert über sein Leben im NS-Regime. Zugleich sind sie eine anschauliche Darstellung der politischen Entwicklung dieser Jahre.

In „völkischen Kreisen“ gilt Erich Ebermayer rasch als „Systemdichter“ und „Judenfreund“. So scheidet er 1935 freiwillig aus der Anwaltschaft aus. Die meisten Bücher werden verboten. Die SS-Wochenzeitung Das schwarze Korps empfiehlt ihm „eine baldige Ausreise“. Doch ausgerechnet die deutsche Filmindustrie will nicht auf Ebermayers Talent verzichten. 1936 erhält der Emil Jannings-Film Traumulus – nach Ebermayers Drehbuch verfilmt – von Joseph Goebbels den Staatspreis.

Goebbels und Göring sind ihm gewogen – auch wenn Erich Ebermayer letztlich wegen seines privaten, tabulosen Lebenswandels angefeindet wird. Er kann sich immer des Schutzes des Chefs der „Kanzlei des Führers“ und Verwandten seiner Mutter, Philipp Bouhler, versichern.

Der Flaneur Erich Ebermayer genießt den Lebensstil eines wohlhabenden Intellektuellen. Als Freund von Stefan Zweig, Emil Jannings, Gerhart Hauptmann, Klaus und Thomas Mann hält er in den 1920er- und 1930er-Jahren Hof. Ebermayer kann reisen, auch und besonders ins Ausland, wo er regelmäßig deutsche Exilanten trifft.

Ebermayer ahnt den baldigen Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und sucht sich fern der Leipziger und Berliner Großstadtszenerie ein Refugium auf dem Lande. Er findet es im Schloss Kaibitz, einem ehemaligen Hammerschloss mit Wirtschaftsgebäude und Brauerei unweit von Bayreuth im Landkreis Tirschenreuth.

Schon bald entsteht um sein Gut – wo illustre Feste mit Autoren, Künstlern und UFA-Schauspielern gefeiert werden – eine Künstlerkolonie. Carl Friedrich Wilhelm Behl (1889-1968), engster Vertrauter von Gerhart Hauptmann, Peer (eigentlich Ernst-Max) Baedeker (1912-1999), Mitarbeiter und Lebenspartner von Erich Ebermayer, der Literaturwissenschaftler Felix A. Voigt (1892-1962), die baltisch-deutsche Schriftstellerin Gertrud Freiin von den Brincken (1892-1982) sowie die Presse- und Theaterzeichnerin Christa von der Schulenburg (1908-1993) siedeln sich dort an.

Im Februar 1945 schließlich wird das Gerhart-Hauptmann-Archiv vom Haus Wiesenstein im niederschlesischen Agnetendorf in Güterwägen der Deutschen Wehrmacht ins Landhaus von Erich Ebermayer gebracht. Eine immense Sammlung von unveröffentlichten Manuskripten, Tage- und Notizbüchern, Presseberichten und Briefen verwaltet nun Ebermayer und rettet dies auch als von der US-Armee eingesetzter Bürgermeister von Kaibitz über die Besatzungszeit hinaus, bis Gerhart Hauptmanns jüngster Sohn per Autorisation der US-Militärregierung Regensburg das Archiv für sich beansprucht, nach Garmisch-Partenkirchen in die Villa des befreundeten Komponisten Richard Strauss und weiter in sein Privathaus nach Ronco bei Ascona bringen lässt.

Probe zur Aufführung Professor Unrat von Erich Ebermayer nach Heinrich Mann, 24. Januar – 28. März 1952, Kleine Komödie am Max-II-Denkmal, München. V.l.n.r.: Bum Krüger, Trude Hesterberg, Carl Wery, Mady Rahl, Erich Ebermayer.

Auf Ersuchen der US-Militärregierung wird Erich Ebermayer wieder Anwalt (seit 11. April 1949 zugelassen beim Landgericht Weiden) und verteidigt Emmy Göring und Winifried Wagner, die Leiterin der Bayreuther Festspiele vor dem Entnazifizierungsausschuss. 1948 erscheint seine Weiden-Novelle Auferstanden über die letzten Kriegstage in Weiden am Beispiel des Deserteurs Klaus Eberhard von Platen. Hier behandelt Ebermayer auch das reale Eisenbahn-Munitionsunglück vom 16. April 1945. Das weite, einsame Waldgebiet um die Vulkanerhebung des Rauhen Kulms animiert ihn zu seiner romantischen Novelle Hubertus (1946).

Zahlreiche Bücher von Erich Ebermayer erscheinen in Neuauflage, neue Romane entstehen und Serien in Illustrierten erscheinen. Populäre Drehbücher für Canaris (1954), Die Mädels vom Immenhof (1955) und den Zarah-Leander-Film Der blaue Nachtfalter entstehen. Personenstandsrechtlich ist Erich Ebermayer von 1947 bis 1949 kurz verheiratet; er adoptiert zwei junge Männer und gibt ihnen seinen Familiennamen.

Mittlerweile hat der Bonvivant Erich Ebermayer in Terracina/Latina bei Rom ein neues Landhaus („Casa Ebermayer“) errichten lassen, in dem er das Jahr über immer wieder verbringt. Er wird Präsident des Verbandes Deutscher Bühnenschriftsteller, Vorstandsmitglied der Vereinigung Deutscher Schriftstellerverbände und Verwaltungsratsmitglied bei VG WORT. Ebermayer erhält zahlreiche deutsche Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienstkreuz I. Klasse.

Einige Tage nach seinem 70. Geburtstag 1970 verstirbt Erich Ebermayer während eines Autoausflugs in Italien an einem Herzinfarkt. Kurz darauf wird in seinem Oberpfälzer Schloss Kaibitz eingebrochen und zahlreiche wertvolle Antiquitäten und Bücher gestohlen.

Verfasst von: Bernhard M. Baron / Bayerische Staatsbibliothek

Sekundärliteratur:

Baedeker, Peer; Lemke, Klaus (1960): Erich Ebermayer. Buch der Freunde. Lohhof b. München, S. 59-70.

Baron, Bernhard M. (20074): Weiden in der Literaturgeographie. Eine Literaturgeschichte (Weidner Heimatkundliche Arbeiten Nr. 21). Weiden i.d. OPf., S. 44f.

Ders. (2014): Erich Ebermayer in Kaibitz. Von einem (fast) vergessenen Schriftsteller und Drehbuchautor. In: Oberpfälzer Heimat 58, Weiden i.d. OPf, S. 219-229.

Ders. (2019): Erich Ebermayer und Schloss Kaibitz: Wie das Gerhart-Hauptmann-Archiv 1945 in die Oberpfalz kam. In: Lubowitzer Jahrbuch 16 (2018), S. 151-157.

Behl, C. F. W. (2005): Das Ende des deutschen Machtkrampfs. In: Die Zeit Nr. 16, 14. April, S. 51.

Breloer, Heinrich (2001): Die Manns. Ein Jahrhundertroman. 3tlg. TV-Doku-Drama (ARD, arte).

Ebermayer, Erich. In: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, URL: http://www.munzinger.de/document/00000003571, (1.11.2013).

Ebermayer, Erich (2005): „Eh' ich's vergesse…“. Erinnerungen an Gerhart Hauptmann, Thomas Mann, Klaus Mann, Gustav Gründgens, Emil Jannings und Stefan Zweig. Hg. und mit einem Vorwort von Dirk Heißerer. München, S. 7-28.

Klee, Ernst (2009): Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt/Main. (Eintrag „Erich Ebermayer“)

Leinisch, Elisabeth (2003): Erich Ebermayer auf Schloss Kaibitz. In: BR (Fernsehen), 4. Oktober (Reihe „Zwischen Spessart und Karwendel“).

Muggenthaler, Thomas (1994): Schloss Kaibitz und Erich Ebermayer. In: BR (Hörfunk), 19. Juni (Reihe „Ostbayern heute“).

Ders. (2003): Die Mädels vom Immenhof und ihr vergessener Autor. In: BR (Hörfunk), 13. Juli.

Schön, Robert (2010): „… und morgen die ganze Welt“. Erich Ebermayer kauft Schloss Kaibitz. In: Heimat – Landkreis Tirschenreuth 22, S. 98-114.

Sprengel, Peter (2012): Gerhart Hauptmann. Bürgerlichkeit und Traum. Eine Biographie. C.H. Beck Verlag, München, S. 597, 603, 631, 672f., 692.

Spruchkammerakt „Erich Ebermayer“. In: Staatsarchiv Amberg (hier: Spruchkammer Kemnath E 30).

o. Vf.: Der Fall Erich Ebermayer In: Wiener Kurier, Kunst und Künstler, 26. November 1945, S. 4.


Externe Links:

Literatur von Erich Ebermayer im BVB

Literatur über Erich Ebermayer im BVB