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14.07.2022, 16:08 Uhr
Steven Lundström
Spektakula
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Maria Friedrich 2008 in der IJB (c) IJB

Zur aktuellen Ausstellung „Herzliche Glückwünsche, liebe Maria Friedrich!“ in der IJB

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Plakatmotiv zur Ausstellung (c) Ulrike Baier

Mit einer Ausstellung feiert die Internationale Jugendbibliothek dieses Jahr den 100. Geburtstag der Gründerin und Verlegerin von dtv junior Maria Friedrich. Steven Lundström vom Literatur Radio Hörbahn war bei der Vernissage vor einigen Tagen vor Ort.

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„Beziehungskisten“ – dieses Wort fiel immer wieder während der Vernissage einer Ausstellung zu Ehren der Verlegerin Maria Friedrich (1922-2012) am 4. Juli 2022. Es sagt viel über ihr Leben und Wirken aus – und über ihren Umgang mit ihren Autor*innen, Illustrator*innen, Mitarbeitenden und Freunden. Die Internationale Jugendbibliothek präsentiert die Ausstellung in Schloss Blutenburg, München.

Bereits vor ihrer Arbeit als Verlegerin hatte sich Maria Friedrich für die Kinder- und Jugendliteratur im Deutschland der Nachkriegszeit engagiert. In Vorträgen und Lesungen forderte und gestaltete sie literarische Landschaften, in denen Kinder sich frei bewegen und an sich selbst und an ihrer Lektüre wachsen können. Das Ziel sollte die Selbstermächtigung der Kinder und Jugendlichen sein, die Vermittlung von Werten und die Freude am Leben.

Im Jahre 1970 bot ihr der Verleger und ihr Ehemann Heinz Friedrich die kommissarische Leitung des Jugendbuchprogrammes im dtv-Verlag an. Maria Friedrich nahm diese Aufgabe an. In mehr als zwei Jahrzehnten prägte sie diesen – für sie maßgeblichen – Teil der deutschen Kulturlandschaft entscheidend, unter anderem mit Reihen wie dtv Bücherbär (Literatur für Erstleser) und dtv-pocket (Jugendliteratur). Dazu konnte sie bekannte und etablierte Autor*innen wie Astrid Lindgren, Josef Guggenmos und Renate Welsh gewinnen.

Zugleich suchte und förderte sie gezielt noch unbekannte Schriftsteller*innen und vor allem auch Illustrator*innen. Sie fanden in Maria Friedrich eine unbedingte Unterstützerin und Mentorin. Zum einen durch die Vermittlung von Aufträgen, zum anderen durch etwas, das ihren Weggefährt*innen noch wichtiger erschien: Sie teilte und etablierte mit ihnen eine neue Sicht auf Literatur für Kinder und Jugendliche. Gemeinsam mit ihnen definierte Maria Friedrich den Sinn und Zweck von Illustrationen neu. Sie sollten nicht länger dekoratives Beiwerk sein, sondern einen mit dem Text gleichwertigen, bestenfalls sogar unabhängigen Teil der Bücher bilden und ihre eigene Geschichte erzählen.

Daniela Kulot zufolge prägte Maria Friedrich in diesem Zusammenhang auch den Begriff „Beziehungskiste“: Die in einer Geschichte gezeichneten Beziehungen zwischen Protagonist*innen sollen sich auch in den Illustrationen spiegeln. Daran arbeitete sie nicht zuletzt auch als Professorin mit Studierenden an der Akademie der Bildenden Künste in München. Daraus entwickelte sich die Gruppe Bild und Buch – ein lockerer Zusammenschluss von Künstler*innen, der noch lange Zeit nach ihrer Lehrtätigkeit Bestand haben sollte.

Schenkung der bibliophil werthaltigen Sammlung historischer Kinder- und Jugendbücher an die Internationale Jugendbibliothek (c) IJB

Susanne Stark (Programmleiterin von dtv-Junior), Silke Weitendorf (ehemalige Verlegerin der Verlagsgruppe Oetinger), Reinhard Michl (Illustrator) und Daniela Kulot (Illustratorin) zeichnen – teils im Wortsinn – von Maria Friedrich das Bild einer bemerkenswerten Persönlichkeit. So dankte ihr Reinhard Michl ausdrücklich für die zweite Chance, nachdem er die erste (telefonische) Begegnung recht unglücklich hatte enden lassen. Daniela Kulot berichtete von einer gemeinsamen Hotelübernachtung in Bologna anlässlich der dort stattfindenden Kinderbuchmesse. Sie selbst fand damals keine Übernachtungsmöglichkeit mehr, und so bot ihr Maria Friedrich an, in ihrem Doppelzimmer unterzukommen. Mit inbegriffen war die Sorge um die junge Illustratorin, die erst in den frühen Morgenstunden ins Hotel zurückkehrte. Heute zählen Reinhard Michl und Daniela Kulot zu den bekanntesten Kinderbuchillustrator*innen im deutschsprachigen Raum.

Sie wie auch Susanne Stark und Silke Weitendorf schildern Maria Friedrich in Sachen „Beziehungskisten“ als großzügigen und offenherzigen Menschen und zugleich als durchaus streitbare Verlegerin, die ihre Auffassung von Kinder- und Jugendliteratur Wirklichkeit werden ließ. Die Reaktionen des Publikums zeigten deutlich, dass sie mit dieser Sicht auf das Leben und Wirken von Maria Friedrich nicht alleinstehen.

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