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18.02.2021, 07:35 Uhr
Internationale Jugendbibliothek
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Tamara Bach © privat

James Krüss Preis für internationale Kinder- und Jugendliteratur an Tamara Bach

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Der James Krüss Preis für internationale Kinder- und Jugendliteratur wird seit 2013 alle zwei Jahre für ein herausragendes kinder- oder jugendliterarisches Werk vergeben. Die Internationale Jugendbibliothek führt ihn im Auftrag der James-Krüss-Erbengemeinschaft durch. Im Gedenken an James Krüss fördert der Preis Erzählkunst, Weltoffenheit und Toleranz. Ausgezeichnet wird ein kinder- und/oder jugendliterarisches Werk, das durch sprachliche Brillanz, Originalität, fantasievolles Erzählen, Formenvielfalt und Humanität überzeugt. Der James Krüss Preis für internationale Kinder- und Jugendliteratur ist mit 8.000 Euro dotiert. Mit dem James Krüss Preis 2021 wird die deutsche Autorin Tamara Bach ausgezeichnet. Sprachliche Kreativität, formale Experimente, ein unverwechselbarer Ton und das raffinierte Spiel mit den Erwartungen der Leser*innen prägen ihre Romane für Jugendliche und mitunter auch für Kinder. Sie ist eine Meisterin moderner Erzählkunst für junge Menschen, die sich nie wiederholt, sondern fantasievoll immer neue Wege der literarischen Annäherung an existentielle Fragen adoleszenter Selbstfindung sucht. Die Preisverleihung ist für den 10. Juni 2021 in der Internationalen Jugendbibliothek auf Schloss Blutenburg geplant.

Die Jurybegründung:
Wenn eine Frau wie Mareikes Mutter ihre Familie verlässt, kann man nach den Gründen fragen, weitermachen wie bisher und versuchen, in all dem Schlamassel den Kopf oben zu behalten. Das ist aber nicht einfach, wenn man, wie Mareike, kurz vor dem Abitur steht und vielleicht auch noch schwanger ist. Tamara Bach findet in ihrem Roman Marienbilder für diese Orientierungssuche ein starkes Bild: Mareike steht auf dem Bahnhof, und die Autorin spielt nun mehrere Möglichkeiten durch. Jede bringt Mareike an ein anderes Ziel. Und dann gibt es noch eine letzte, eine, die zu einem paradoxen Ende führt: Mareike, die Erzählerin des Romans, wird niemals geboren, weil sich ihre Mutter für eine Abtreibung entscheidet. Tamara Bach, geboren 1976 in Limburg, hat in knapp 20 Jahren ein beeindruckendes literarisches Werk vorgelegt, in dem ein unverwechselbarer Ton die unterschiedlichsten Romane prägt, geschrieben meist für Jugendliche und mitunter auch für Kinder. Sie wagt ungewöhnliche formale Experimente und schärft so auch das Bewusstsein dafür, was strukturell und intermedial alles möglich ist, ohne dass dies auf Kosten der Sinnlichkeit des Erzählens oder der beinahe lyrischen Qualitäten ihrer aufs Notwendige reduzierten Sprache geht. Mit leichter Hand findet sie zu Bildern, die sich einprägen, im schönsten Sinne vieldeutige Sätze: ob in Marsmädchen, Vierzehn, Jetzt ist hier, Was vom Sommer übrig ist, Marienbilder, Mausmeer oder Wörter mit L. Sie hat ein sicheres Gespür für die Darstellung adoleszenter Identitätskonflikte, beschreibt genau beobachtend die Bruchkanten jugendlicher Selbstfindungsprozesse und verbindet Ernsthaftigkeit mit großer Leichtigkeit und unaufdringlichem Humor. Geschickt spielt sie mit unseren Erwartungen und setzt dabei bewusst auf Leerstellen, die weite Assoziationsräume aufmachen. All dies macht die ebenso versierte wie originelle Sprachkünstlerin Tamara Bach zu einer würdigen Preisträgerin im Sinne von James Krüss. Wie auch ihr Mut, in Marienbilder und vielen anderen Romanen den Lesern und Leserinnen die Entscheidung zu überlassen, welchen Weg der Deutung sie einschlagen möchten.

Die Jury-Mitglieder des James Krüss Preises sind:
Prof. Dr. Ute Dettmar, Institut für Jugendbuchforschung, Goethe Universität Frankfurt a. Main
Franz Lettner, Institut für Jugendliteratur Wien, 1000 &1 Buch
Dr. Christiane Raabe, Internationale Jugendbibliothek München
Ralf Schweikart, Vorstandsvorsitzender des Arbeitskreises für Jugendliteratur
Dr. Tilman Spreckelsen, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Mit ausdrücklichem Dank an die James-Krüss-Erbengemeinschaft (Vorsitzende: Ulrike Schuldes) für die großzügige Förderung.

Tamara Bach, 1976 geboren, studierte in Berlin Englisch und Deutsch. Ihr erstes Buch, Marsmädchen, wurde als noch unveröffentlichtes Manuskript mit dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet und erhielt außerdem den Deutschen Jugendliteraturpreis. Weitere Bücher und Auszeichnungen folgten, u.a. der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis 2013 für Was vom Sommer übrig ist. 2014 stand Marienbilder auf der internationalen Auswahlliste White Ravens. Ihr Roman Vierzehn wurde gleich in zwei Kategorien für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Nach Mausmeer und ihrem ersten Kinderbuch, Wörter mit L, erschien 2020 ihr Roman St. Irgendwas. Tamara Bach lebt in Berlin und schreibt z.Zt. an ihrem zweiten Kinderbuch.