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22.03.2017, 14:59 Uhr
Andreas Stichmann
Gespräche
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(c) Rowohlt Verlag

Interview mit dem Gewinner des Wortspiele-Festivals 2017 Andreas Stichmann

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(c) Literaturportal Bayern

Der in Berlin lebende Autor Andreas Stichmann ist der diesjährige Gewinner des Bayern-2-Preises, der im Rahmen der Münchner Wortspiele vergeben wurde. „So vergnügt und originell, so einfühlsam und gewitzt schreibt selten einer über verlorene Utopien, einsame Glücksucher und Betreutes Wohnen als Schelmenroman“, so die Jury über den Auszug aus dem Roman Die Entführung des Optimisten Sydney Seapunk (Rowohlt Verlag). Wir sprachen mit dem frischgebackenen Gewinner.

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Herzlichen Glückwunsch erstmal! Was haben Sie denn von den diesjährigen Wortspielen mitgenommen? Gab es etwas, das Sie besonders beeindruckt hat?

Einige der anderen Texte. Jakob Noltes Werwolf-Text zum Beispiel. Auch Philipp Winklers Hooligan-Geschichte. Und die Ausdauer der Zuschauer, die jeweils drei Stunden zuhören mussten.

Sie kommen ja ursprünglich vom Comiczeichnen, das sieht man auch an Ihrem neuen Roman Die Entführung des Optimisten Sydney Seapunk, den Sie mit Grafiken versehen haben. Was hat Sie schließlich dazu bewogen, Romane zu schreiben?

Ich habe als Jugendlicher einige Romane gelesen, die mich umgehauen haben. Bücher, die den Herzschlag beschleunigen und eine eigene Wirklichkeit erzeugen – diese Erfahrung hatte ich bei Comics in der Form nicht. Aber eine gewisse Vorliebe z.B. für slapstickhafte Situationen muss man ja auch nicht aufgeben, wenn man das Comic zur Seite legt und den Roman zur Hand nimmt.

Ihr Roman handelt von einer „vorgetäuschten“ Entführung mit dem Ziel, Geld zu erpressen, um damit die Welt zu verbessern. Können Sie sagen, wie Sie auf diese Idee kamen bzw. wie der Roman entstanden ist?

Es gibt meines Erachtens ein gewisses Übermaß an Kulturpessimismus in der Literatur der letzten Jahrzehnte, die ich so kenne. Ich wollte eine politische, provozierend optimistische Figur ins Rennen schicken: Sydney Seapunk. Ein reicher Mann, der sein ganzes Geld gespendet hat, und nun noch mehr für die Menschheit tun will. Er hat den Roman mit seiner Energie vorangetrieben und sich ein wenig selbstständig gemacht. Es hat mir Spaß bereitet, eine Figur zu beschreiben, die hemmungslos und vollkommen ironiefrei an die Überwindung des Welthungers glaubt. Aber auch die anderen, bettelarmen Figuren haben mich in diesem Zusammenhang interessiert: An welche Utopien könnten diese maximal unterschiedlichen Figuren noch glauben? 

Ihre Figuren bewegen sich am Rande der Gesellschaft, sind Außenseiter, wenn man so will. Auch in Ihren vorangegangenen Werken finden sich viele solche Figuren. Hat das einen bestimmten Grund?

Es sind die Menschen, mit denen ich vor allem in meiner Jugend zu zun hatte und die mich am meisten interessieren. Leute, die sich ihr Leben erst selber zusammenbasteln müssen, weil es keiner für sie getan hat.

Noch eine letzte Frage: Was würden Sie denn tun, wenn Sie Millionen hätten, um die Welt zu retten?

Dahin spenden, wo es fehlt: GiveDirectly

 

Interview: Sophie Obwexer