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Schlossstraße 2+4
82327 Tutzing
Leitung: Udo Hahn
Telefon: 08158/251-0
Fax: 08158/251-137
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Evangelische Akademie Tutzing e.V.

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Schloss Tutzing – der Sitz der Evangelischen Akademie Tutzing – verdankt seine äußere Gestalt Friedrich Graf von Vieregg, der zwischen 1802 und 1816 die Barockanlage umbauen ließ. Seit den 1860er-Jahren zählt das Schloss verschiedene Besitzer, darunter den Gründer der Deutschen Verlagsanstalt Eduard von Hallberger, den ungarisch-jüdischen Kunstsammler Marczell von Nemes, den industriellen und katholischen Zentrumspolitiker Albert Hackelsberger sowie die Familien Kaselowsky und Oetker.

Im Herbst 1946 fängt der Arzt August Knorr im Auftrag der „Inneren Mission“ an, in den angemieteten Räumen des Schlosses zurückkehrende Kriegsgefangene aus der Sowjetunion zu betreuen. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern beauftragt Knorr im darauffolgenden Frühjahr, zusätzlich auch Tagungen abzuhalten.

Am 15. Juni 1947 wird die Akademie offiziell als „Evangelisches Heimkehrer- und Freizeitenheim“ eröffnet, die eigentliche Akademiearbeit beginnt mit einer Tagung für Ärzte im Juli desselben Jahres. Landesbischof Hans Meiser setzt sich dafür ein, dass der Standort der Akademie in der Nähe von München bleiben soll, woraufhin die Landeskirche das Schloss 1949 von Rudolf August Oetker erwirbt. Durch das „Kirchengesetz über die Einrichtung einer Evangelischen Akademie“ vom 23. September 1950 erhält die Akademie eine rechtliche Grundlage und hat nach der Verlegung der Heimkehrerarbeit nach Berchtesgaden die Räumlichkeiten des Schlosses Tutzing gänzlich zur Verfügung. Der erste Leiter der Akademie ist August Knorr (zwischen 1947-1948), momentan leitet der Pfarrer Udo Hahn (seit 2011) die Akademie.

Die Evangelische Akademie Tutzing ist eine unselbständige Einrichtung der Landeskirche. An der Spitze der Wirtschaftsverwaltung steht seit 2015 die Geschäftsführerin Annette Findeiß. Für die Infrastruktur sorgt die Landeskirche mit einem jährlichen Zuschuss. Etwa 60 Prozent ihres Haushalts muss die Akademie selbst erwirtschaften – u.a. aus Tagungsbeiträgen und Einnahmen als Hotel Garni während der tagungsfreien Zeit im Sommer.

Roter Salon © eat archiv

Die Evangelische Akademie Tutzing versteht sich selbst als einen Ort der Bildung und der Begegnung mit dem christlichen Glauben. Sie will Meinungsbildung möglich machen und fördert durch den Diskurs die Suche nach Lösungen in der Zivilgesellschaft. Dazu führt sie Menschen aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, Medien und Kirche zusammen und macht Toleranz und christliche Verantwortung zur Grundlage ihrer Arbeit. Die Akademie richtet diese Arbeit interdisziplinär, interkulturell und international aus, um an der Gestaltung einer verantwortlichen, gerechten und partizipativen Gesellschaft mitzuwirken.

Als Sternstunde politischer Bildungsarbeit kann die überparteiliche Tagung des Politischen Clubs der Akademie am 15. Juli 1963 gesehen werden. Viele Persönlichkeiten des politischen Lebens nahmen an dieser Tagung teil, unter anderem Konrad Adenauer, Willy Brandt, Alfons Goppel, Franz Josef Strauß und Kurt Georg Kiesinger. Den Höhepunkt dieser Tagung stellt Egon Bahrs Vortrag über die anzustrebende Wiedervereinigung dar. Der Abschluss seiner Rede mit den Worten „Wandel durch Annäherung“ wird zum Motto für Willy Brandts Ostpolitik.

Die Akademie fokussiert sich aber nicht nur auf Bildungspolitisches, sondern bringt auch Künstler und Literaten miteinander ins Gespräch.

Seit 1984 werden mit dem von ihr verliehenen Marie-Luise-Kaschnitz-Preis deutschsprachige Schriftstellerinnen und Schriftsteller geehrt. Der mit 7.500 € dotierte Preis wird alle zwei Jahre verliehen. Es werden Persönlichkeiten ausgezeichnet, deren erzählerisches, lyrisches und/oder essayistisches Werk im Geist der Namensträgerin des Preises stehen. Aktuelle PreisträgerInnen sind unter anderem Angelika Klüssendorf (2019), Michael Köhlmeier (2017) und Lutz Seiler (2015).

Außerdem wird seit 2000 alle zwei Jahre der „Toleranzpreis“ verliehen, seit 2012 auch in der Kategorie „Zivilcourage“. Preisträger in dieser Kategorie ist beispielsweise der bayerische Kabarettist und Autor Christian Springer (2016).

Auditorium © eat archiv

Ihr Interesse an Literatur  zeigt die Akademie zusätzlich durch verschiedene literarische Veranstaltungen von hoher thematischer Bandbreite. Verantwortlich hierfür ist Judith Stumptner, stellv. Akademiedirektorin und Studienleiterin für Kunst, Kultur, Bildung und Digitales. Mitunter finden Tagungen statt, die bekannten schriftstellerischen Persönlichkeiten wie Thomas Mann, Annette Kolb, Lion Feuchtwanger oder Oskar Maria Graf gewidmet sind. Dabei befasst man sich meist mit dem Werk der SchriftstellerInnen und beleuchtet deren Wirkung näher.

Neben zeitlosen Klassikern wie Faust haben aber auch moderne Themen ihren Platz. Es werden zum Beispiel Tagungen abgehalten, in denen die „Magie des Erzählens“ anhand von Harry Potter näher erläutert oder in denen über „Resonanzräume der Literatur im 21. Jahrhundert“ diskutiert wird. Außerdem finden auch aktuelle Themen ihren Raum, beispielsweise die Herausforderungen für Kinder- und Jugendliteratur, ukrainische Literatur in Zeiten gesellschaftlichen Umbruchs oder die Faszination für experimentelle Lyrik.

Jährlich nehmen rund 10.000 Menschen unterschiedlichen Alters, unabhängig von konfessioneller Bindung, politischer und weltanschaulicher Einstellung die Einladung in die Akademie an, sich an der Diskurskultur zu beteiligen. Die Tagungen sind in der Regel öffentlich. Darüber hinaus können auch externe Veranstalter aus dem kirchlichen und weltlichen Bereich die Räumlichkeiten des Schlosses für eigene Tagungen und Kongresse mieten.

Die Tagungs- und Studienstätte legt Wert darauf, durch professionelle, kreative und national wie international vernetzte Arbeit Gespräche anzuregen und Kommunikation zu gestalten. Dadurch wird ein geistiger Austausch ermöglicht, der bei der Suche nach Lösungen angesichts der aktuellen Herausforderungen der Zeit hilfreich sein soll. Zudem zeichnen Orientierung an ethischen Maßstäben, vertiefte Auseinandersetzung und das persönliche Gespräch mit anderen die Akademie aus.

Blick über den Starnberger See © eat archiv