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Schwabinger Kunstpreise 2025 an Susanne Röckel, das Kollektiv ausARTen und den glitch Bookstore

Die Schriftstellerin Susanne Röckel, das Künstlerkollektiv ausARTen und der glitch Bookstore werden für ihre besonderen kulturellen und künstlerischen Leistungen für Schwabing im Sinne seiner Tradition mit den Schwabinger Kunstpreisen 2025 ausgezeichnet. Die Stifter der jährlich verliehenen und mit 5.000 Euro dotierten Preise sind Charly und Max Eisenrieder – Café Münchner Freiheit, die Stadtsparkasse München und die Landeshauptstadt München. Die Preisverleihung findet am 3. November 2025 vor geladenen Gästen in Kooperation mit dem Seerosenkreis im Künstlerhaus am Lenbachplatz statt.

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Aus den Jurybegründungen

Über die Vergabe entschied folgende Jury unter dem Vorsitz von Marek Wiechers (Leitung des Kulturreferats): Jan Geiger (PATHOS theater), Andrea Huber (Färberei & Köşk), Alke Müller-Wendlandt (Literaturhaus), Ulrike Steinke (Künstlerin und Illustratorin) und Sibylle Weingart (Kulturwissenschaftlerin).

Susanne Röckel

Das Schaffen der vielfach ausgezeichneten Münchner Autorin Susanne Röckel, die lange in Schwabing gearbeitet hat und heute in der benachbarten Maxvorstadt wohnt, weist eine enorme Bandbreite auf: So zählen zu ihren Werken einerseits Erzählungen und Romane unterschiedlicher literarischer Genres, darunter ein Schauerroman (Der Vogelgott), der 2018 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand, und ein Science-Fiction-Roman (Rotula). Zugleich hat Susanne Röckel in den letzten Jahren zahlreiche Essays geschrieben, die in renommierten Zeitschriften wie Lettre International oder Sinn und Form publiziert wurden. Dabei handelt es sich um alles andere als flüchtige Nebenwerke einer erfahrenen Autorin. Im Gegenteil, im Sinne des umtriebigen, gesellschaftskritischen Schwabinger Geistes, der schon zur Bohème-Zeit der vorletzten Jahrhundertwende den großen Weltenlauf über seine kleinsten Erscheinungsformen evozierte, liegt auf ihnen sogar besonderes Augenmerk.

Es sind intellektuelle Kleinode, in denen Susanne Röckel ihre schriftstellerischen Qualitäten nochmal unter erweiterten Vorzeichen unter Beweis stellt, etwa denen von Mythologie, Geschichte und Philosophie. Recherchen verschiedenster Herkunft verbindet sie präzise und verwandelt sie kritisch, klug und wortgewandt in große Literatur. Virtuos vermag sie literarische Zitate, Analysen von Gemälden und Zeichnungen, historische Quellen bis hin zu Filmausschnitten zu verknüpfen, so dass ein Thema in etlichen Varianten und Disziplinen betrachtet, ja regelrecht durchdrungen wird. Wie in ihrer Erzählprosa zeigt sich dabei Röckels Gabe, vergessene Orte aufzuspüren und sich Ungewöhnlichem und Übersehenem anzunehmen, etwa in dem aktuellen Text Die Erniedrigung des Rebhuhns, der – vom antiken Daedalus-Mythos bis zur Adelsjagd – die brutale und beispielhafte Kulturgeschichte einer verfolgten Tierart reflektiert.

Ob Roman, Erzählung oder Essay: Bei Susanne Röckel wird stets eine Haltung deutlich, die einer engagierten, hellwachen und nachdenklichen Schreiberin, die die Leserinnen und Leser tief in ihre Sujets ein- und am Ende verändert wieder auftauchen lässt – wie innerlich geweitet von einer elegant gestalteten Sprache, die uns nichts bequem serviert, sondern an inspirierenden Denkprozessen teilhaben lässt.

ausARTen

ausARTen ist einer der engagiertesten Zusammenschlüsse in München. Er verbindet wichtige aktivistische Arbeit mit den Mitteln der Kunst. Jüdisch – muslimisch – feministisch: Diese drei Begriffe inhaltlich zu füllen, zusammen zu denken, nicht gegeneinander in Stellung zu bringen, das alles gelingt ausARTen immer wieder auf verschiedenste Weise. „Perspektivwechsel durch Kunst“ lautet entsprechend der Claim von ausARTen: etwas, das wir mehr denn je nötig haben.

ausARTen wurde 2016 gegründet und schafft es seitdem eindrucksvoll, über künstlerische Wege Debattenräume offen zu halten und Menschen aus unterschiedlichen Milieus der Stadtgesellschaft zusammenzubringen. Das Kreativkollektiv steht für eine Gesellschaft, die Unterschiede als Stärke begreift und Vielfalt aktiv lebt. Dabei inspiriert es nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Mitmachen und Verändern.

Ob interreligiöse Lesung, Diskussion zu 75 Jahren Grundgesetz oder der Storytelling-Workshop „Writing4Peace“: Ein Blick in das Programm ihres Festivals von 2024 offenbart schon, wie geradlinig ausARTen für Toleranz eintritt und auch die eigenen Communitys immer wieder herausfordert, sich selbst und eingefahrene Denkmuster und Vorurteile zu hinterfragen. ausARTen trägt ideenreich zur Vermittlung und Gestaltung einer pluralistischen, demokratischen Stadtgesellschaft bei, damit diese nicht in einzelne Echokammern zerfällt.

glitch Bookstore

Dem jungen Kollektiv vom glitch Bookstore ist schon zu Beginn ein großes Kunststück gelungen: Die vier Gründerinnen und Gründer, frische Absolventen von Kunstakademie und TU München, retteten den Ort des legendären ersten Frauenbuchladens Deutschlands, des Lillemor‘s in der Barer Straße 70. Das Wunderbare daran ist, dass eine wegweisende Tradition, die bereits 1975 in Schwabing begonnen hat, nun unter neuen Prämissen fortgeschrieben wird. Etliches hat sich geändert: glitch ist vieles, nur keine reine Frauenbuchhandlung mehr, denn hier wirkt ein queerfeministisches Kollektiv, in dem auch nicht-binäre Personen, trans* Menschen sowie cis Männer und cis Frauen aktiv sind. Dem Laden wurde so neues Leben eingehaucht, eine Verjüngungskur verpasst, und er wurde in einen spannenden Ort für queerfeministische Debatten verwandelt.

Das mittlerweile auf unglaubliche dreißig Köpfe angewachsene glitch-Kollektiv handelt dabei aus voller Überzeugung. Fast alles wird ehrenamtlich und neben dem Erwerbsberuf erledigt. Kommerzieller Erfolg spielt, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle. Das glitch Bookstore-Team möchte vielmehr einen Raum schaffen, der Platz bietet für Lesungen, Ausstellungen, Vorträge und natürlich queerfeministische Literatur. Der Anspruch dabei: kleine Irritationen auslösen und bestehende Hierarchien hinterfragen.

Davon profitieren wir alle, denn mit dem glitch Bookstore entsteht ein echter Freiraum – bekanntlich ein knappes Gut in unserer oft genug von Verdrängung und Kommerzialisierung geprägten Stadt –, ein Freiraum für Workshops und Begegnungen, für Kunstschaffende und Experimentierfreudige, letztendlich für eine offene und solidarische Gesellschaft.

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