Info
Geb.: 14.12.1884 in St. Gallen
Gest.: 6. 1.1961 in Ebersberg

Regina Ullmann

Regina Ullmann wird am 14. Dezember 1884 als Tochter einer jüdischen Fabrikantenfamilie in St. Gallen in der Schweiz geboren. Seit ihrer frühen Kindheit leidet sie an sprachlichen und motorischen Hemmungen. Unter großen Mühen lernt sie in einer St. Gallener Privatschule schreiben und lesen, bis sie in die Primar- und Sekundarschule aufgenommen wird. Als Regina Ullmann viereinhalb Jahre alt ist, stirbt der Vater nach einem Jagdunfall.

Schön früh beginnt sie, kleine Gedichte und Erzählungen zu schreiben. Ihre Mutter glaubt an ihr literarisches Talent und zieht 1902 mit der 18-jährigen Tochter und deren Schwester Helene nach München. Hier will sie ihr Zugang zu literarischen Kreisen verschaffen. In München besucht Regina Ullmann Vorträge über Literatur und Kunstgeschichte und verkehrt in den Schwabinger Literaturcafés. Die literarische Bohème ist von ihrer irritierenden Erscheinung fasziniert.

1905 unterhält Regina Ullmann eine Liebesbeziehung zu dem Münchner Nationalökonomen Hanns Dorn, von dem sie ein Kind erwartet. Um ihren Zustand zu verbergen, zieht sie sich mit ihrer Mutter in ein Bauernhaus in der Steiermark zurück. Im Januar 1906 bringt sie in Wien ihre uneheliche Tochter Gerda zur Welt, die sie in Obhut einer Kinderfrau lässt. Kurz darauf kehrt Ullmann nach München zurück und beginnt mit der Niederschrift des dichterischen Dramas Feldpredigt (1907), in dem sie die vergangenen schweren Monate verarbeitet. Ein Exemplar des Buches schickt sie 1908 an den von ihr sehr verehrten Dichter Rainer Maria Rilke nach Paris. Aus seiner anerkennenden Antwort entwickelt sich ein umfangreicher Briefwechsel und eine lebenslange Freundschaft. Im selben Jahr lernt Regina Ullmann den Psychoanalytiker, Dichter und Anarchisten Otto Gross kennen, der im Kreis der Münchner Bohème die freie Liebe propagiert.

Von ihm wird die 23-Jährige ein weiteres Mal schwanger. Im Juli 1908 kommt ihre zweite Tochter Camilla zur Welt, die sie ebenfalls zu Pflegeeltern gibt. Hedwig Ullmann setzt alles daran, den Kontakt ihrer verzweifelten Tochter zu Otto Gross zu unterbinden. Diese sucht nun Halt und wendet sich religiösen Fragen zu. Regina Ullmann lernt den George-Kreis kennen und gerät unter den Einfluss des Schriftstellers Ludwig Derleth, der eine kämpferische Form des Katholizismus vertritt. Nach Exerzitien in Altötting konvertiert sie 1911 zum katholischen Glauben, der fortan auch ihr dichterisches Werk bestimmt. Es entstehen Erzählungen wie Die Landstraße (1921), Die Barockkirche (1925) und Der Engelskranz (1942).

Nach dem gescheiterten Versuch, einen Roman zu schreiben, wendet sich Regina Ullmann wieder mit Erfolg kürzeren Erzählformen zu. Zeitungen wie die Neue Rundschau, der Neue Merkur oder die Frankfurter Zeitung drucken ihre Erzählungen. Karl Wolfskehl veröffentlicht 1929/30 vier Erzählungen in seinen Rupprecht-Drucken.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird Ullmann aus dem Schutzverband deutscher Schriftsteller (SDS) ausgeschlossen. 1936 zieht sie mit ihrer Mutter nach Österreich. Von dort flieht sie 1938 über Salzburg, Siebenbürgen und Italien in ihre Geburtsstadt St. Gallen, wo sie zunächst nur unwillig aufgenommen wird, da sie keinen Schweizer Pass mehr besitzt. Sie verbringt die nächsten 20 Lebensjahre zurückgezogen in der von Ordensschwestern geführten Pension Mariaheim. 1959 kehrt Regina Ullmann schwer krank nach Bayern zurück und wird von ihrer jüngeren Tochter Camilla gepflegt.

Am 6. Januar 1961 stirbt Regina Ullmann in Ebersberg.

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek

Sekundärliteratur:

Delp, Ellen (1960): Regina Ullmann. Eine Biographie der Dichterin. Einsiedeln u.a. 1960.

Voswinckel, Ulrike (2000): Ein goldener Griffel. Auf Umwegen zu sich selbst: Regina Ullmann. In: Ziegler, Edda (Hg.): Der Traum vom Schreiben. A1 Verlag, monAkzente, München.

Regina Ullmann: Ich bin den Umweg statt den Weg gegangen. Ein Lesebuch. Zusammengestellt und mit einem biografischen Nachwort, herausgegeben von Charles Linsmayer. Frauenfeld 2004.


Externe Links:

Literatur von Regina Ullmann im BVB

Literatur über Regina Ullmann im BVB

Regina Ullmann im Historischen Lexikon Bayerns