Info
Geb.: 10. 9.1935 in Immenstadt i.Allgäu
Gest.: 26.7.2021 in Freiburg im Breisgau
Ragni Maria Gschwend, Freiburg 2019 © privat
Namensvarianten: verh. Seidl-Gschwend

Ragni Maria Gschwend

Ragni Maria Gschwend wird 1935 in Immenstadt im Allgäu geboren und wächst in Kempten auf. Nach dem Abitur lernt sie Italienisch an der Volkshochschule. An eine Buchhändlerlehre und die Arbeit für einen Kölner Verlag schließt ein Übersetzer- und Dolmetscherstudium in München an. Den Großteil ihres Studiums absolviert sie an der Università per Stranieri di Perugia. Ragni Maria Gschwend ist in der Folgezeit Redaktions­assistentin für die Reihe rowohlts deutsche enzyklopädie in München und später Geschäftsführerin des bayerischen Schriftsteller­verbands.

1976 zieht sie zusammen mit ihrem Mann Karl Heinz Seidl, der beim Herder-Verlag arbeitet, nach Freiburg im Breisgau und arbeitet als literarische Übersetzerin. Literaten wie Italo Svevo (1861-1928), Federigo Tozzi, Margherita Guidacci (Lyrik), Ennio Flaiano (der Drehbuchautor Fellinis), Guido Morselli, Antonio Moresco, Tommaso Landolfi (1908-1979) und Elsa Morante werden durch ihre Übersetzungen im deutschsprachigen Raum bekannt. Für die Autoren Claudio Magris (geb. 1939) und Fulvio Tomizza (1935-1999) ist Ragni Maria Gschwend die exklusive Übersetzerin ins Deutsche. Im Rahmen ihrer Arbeit reist sie oft nach Italien und sucht Autoren persönlich auf, immer wieder hält sie sich in Triest, Rom und Neapel auf. Sie gründet den Freiburger Übersetzer*innen-Stammtisch und organisiert regelmäßige Treffen der Freiburger Übersetzer­werkstatt, ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland und im Verband deutsch­sprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke.

Für ihre Verdienste um die italienische Literatur in deutscher Sprache ist Ragni Maria Gschwend mehrfach ausgezeichnet worden, u.a. 1982 mit dem Literaturpreis der Stadt Stuttgart, 2006 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse für ihre Übersetzung von Antonio Morescos Roman Aufbrüche, 2008 mit dem Paul-Celan-Preis und 2015 mit dem Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis für ihr Lebens­werk. 2008 erhält sie das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und wird mit dem italienischen Verdienstorden „Ufficiale der Italienischen Ehrenlegion“ ausgezeichnet.

Ragni Maria Gschwend ist nicht nur als Übersetzerin, sondern auch als Autorin und Herausgeberin tätig. 1995 veröffentlicht sie eine Svevo-Anthologie u.d.T. Die Kunst, sich das Rauchen nicht abzugewöhnen bei Rowohlt. 1999 gibt sie Meine alte unglückliche Familie Schmitz heraus, dem Tage­buch­aufzeichnungen von Elio Schmitz zugrundeliegen, dem Bruder von Ettore Schmitz, wie Italo Svevo eigentlich heißt. Mit der literarischen Anthologie Der schiefe Turm von Babel – Geschichten vom Übersetzen, Dolmetschen, Verstehen gibt Ragni Maria Gschwend 2000 einen Einblick in ihr Selbstver­ständnis und ihr Berufsleben; der darin enthaltene humorvolle Text „Die Wölfe von Zavelstein“ liegt auch als Sonderdruck vor. 2006 erscheint ihr Buch Figaros Flehn und Flattern – Mozart in den Fängen seiner Übersetzer. Gemeinsam mit Oskar Ansull gibt sie 2014 Die Baracke der Dichter heraus über eine Gruppe namhafter italienischer Lyriker, die am Ende des Ersten Weltkriegs im Kriegsge­fangenenlager in Celle inhaftiert waren.

Zwei Jahre vor ihrem Tod erscheint noch ihre Übersetzung von Claudio Magris' Roman Schnappschüsse; im Juli 2021 stirbt Ragni Maria Gschwend im Alter von 85 Jahren in Freiburg im Breisgau. Ihr literarischer Nachlass liegt im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg.

Verfasst von: Digitaler Literaturatlas von Bayerisch Schwaben DigiLABS / Rosmarie Mair, M.A.


Externe Links:

Literatur von Ragni Maria Gschwend im BVB