Journalismus

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Kopf der ersten "Schaubühne"-Seite vom 7. September 1905

Lion Feuchtwanger begann 1908 Theaterkritiken in der von ihm gegründeten Zeitschrift Der Spiegel zu publizieren. Obwohl Max Halbe, Thomas Mann, Hermann Bahr, Jakob Wassermann zu den Mitarbeitern der „Blätter für Literatur, Musik und Bühne“, so der Untertitel des Magazins, gehörten, wurde es noch im selben Jahr eingestellt. Feuchtwanger wechselte als Münchner Bühnenkritiker an die in Berlin erscheinende Zeitschrift Die Schaubühne, die von Siegfried Jacobsohn herausgegeben wurde. Die Kritiken, die Feuchtwanger bis 1916 für Die Schaubühne verfasste, konnten allerdings seinen Lebensunterhalt nicht sichern, wie seine Frau Marta in ihrem Buch Nur eine Frau berichtet:

Lions finanzielle Lage wurde immer schlimmer. Er hatte die Aufgabe übernommen, Theaterkritiken für die Schaubühne in Berlin zu schreiben. Für ihn war das damals eine große Sache; denn München, so kleinstädtisch auch sonst, war, neben Berlin, die führende Kunst- und Theaterstadt Deutschlands. Die wichtigsten und sensationellsten Uraufführungen fanden dort statt, Kritiker und Direktoren kamen aus allen Teilen des Landes. Lions kritische Tätigkeit war zwar ehrenvoll, sie verschaffte auch Einfluss, aber sie brachte wenig Gewinn. Ich war sehr stolz, dass Lion mich zu den Premieren immer mitnahm und mich oft, wenn auch etwas ironisch, nach meiner Ansicht fragt. Seine Überzeugung, dass ich töricht sei, hatte er inzwischen aufgegeben. Er fand, dass ich zwar bildungsbedürftig, doch, wie er sagte, sehr musisch sei.

Doch Marta konnte sich mit Feuchtwangers Arbeit als Kritiker nicht anfreunden.

Trotz meiner Bewunderung für den glänzenden Stil quälte mich sein beißender Spott. Und ich habe oft darüber nachgedacht, ob das Urteil des Augenblicks einer späteren Rückschau standhalten würde.

Später habe sie all ihren Einfluss aufgeboten, ihn von der Arbeit als Kritiker abzubringen. Ihr Wunsch war es, dass er sich auf das Verfassen eigener Werke konzentrierte. Sie war stolz darauf, dass er sich schon bald erfüllte.

(Marta Feuchtwanger: Nur eine Frau. Jahre-Tage-Stunden. Knaur Verlag, München 1983, S. 9ff.)

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Gunna Wendt