Besprechung des Romans „Parade“ von Rachel Cusk
Die britische Autorin Rachel Cusk setzt sich in ihrem Roman Parade (Suhrkamp 2024) mit den Voraussetzungen und Folgen künstlerischen Schaffens auseinander. Die Frage nach dem Unterschied zwischen männlichem und weiblichem Künstlertum wird dabei zunehmend zu einer Auseinandersetzung mit Elternschaft und Liebe, die nicht nur Kunstschaffende angeht.
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Als Antiroman wird das neueste Buch der heute in Frankreich lebenden britischen Autorin Rachel Cusk gern bezeichnet. Parade ist der neueste von einem Dutzend Romanen, die Cusk seit 1993 veröffentlich hat. Dazu kommen Memoirs und Essays. Die Einordnung in eine Tradition des Nouveau Roman mit Protagonisten wie Nathalie Sarraute und Allain Robbe-Grillet oder – auf seine besondere Art – Samuel Beckett gibt nicht viel mehr her als den Hinweis auf das Fehlen einer tragenden Handlung oder gar eines Plots wie auch „tiefer“, psychologisch ausgearbeiteter und kohärenter Figuren. Die Abwesenheit zweier, in der „bürgerlichen“ Erzähltradition als zentral angesehenen, narrativen Elemente wird Rachel Cusk von der Kritik gelegentlich vorgeworfen. Sie weigere sich, ihren Lesern entgegenzukommen oder ihren Text für das Publikum zu öffnen. Woher rührt dieser Mangel an Service?
Cusk selbst hat 2014 dem Guardian gegenüber geäußert, es sei ihr irgendwann peinlich gewesen, „John und Jane“ zu erfinden und sie dann zusammen etwas tun zu lassen. Beschreibung und Figur („character“) seien dabei, aus dem Leben zu verschwinden, deshalb verschwänden sie auch aus der Literatur. Mit dieser Betrachtungsweise ist sie nicht allein. Karl Ove Knausgård begründet sein autofiktionales Erzählanliegen ähnlich. Und bereits Max Frisch bekundete in Montauk seinen Überdruss am Spinnen einer Fabel, bei der aus dramaturgischen Gründen am Ende jemand sterben müsse, und warf sich lustvoll ins Erzählen „nah am eigenen Leben“.
Die Konsequenz ist bei Rachel Cusk jedoch eine andere. Anstatt das eigene Leben zum Steinbruch für ihr literarisches Werk zu machen (so geschehen in Danach, 2012), wird ihr Erzählen fragmentarisch. Gedankliches dominiert, bewegt sich aber weiterhin im Rahmen von Erzählung(en). In Parade zeichnet die Autorin eine Reihe von Künstlerporträts, denen sie allesamt das Namenskürzel „G“ verleiht. Das kann verwirren, solange man darauf beharrt, literarische Figuren wie Menschen säuberlich voneinander zu scheiden. Name, Vorname, Geburtsdatum – selten braucht es mehr Merkmale, um jemanden im bürgerlichen Leben zu identifizieren. Gegen diese verwaltungstechnisch optimierte Auffassung vom Menschsein hält Cusk eine, die Figuren eher integriert, als sie zu unterscheiden. G kann zu unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Geschlechtern leben, wird aber immer Künstler oder mit einem künstlerischen Milieu verbunden sein.
Eine Figur in mehreren Verkörperungen
Die London Review of Books hat vier „Gs“ ausgemacht und ihre Lookalikes im Leben benannt: Georg Baselitz, Louise Bourgeois, Paula Modersohn-Becker und Eric Rohmer. Die New York Times ergänzt noch den schwarzen Künstler G, der eine Kathedrale auf eine winzige Leinwand malt, und die an ihrem Erfolg leidende Künstlerin G, deren Sorge ist, durch die Aufmerksamkeit für ihr Kind von ihrer Kunst abgelenkt zu werden. Das Entdecken von Vorbildern im richtigen Leben für die Figuren von Parade, schafft eine Art Transparenz: Cusk hat sich also von der uns umgebenden Kunstwelt inspirieren lassen. Darüber hinaus hilft die Dechiffrierung kaum. Die Autorin hat keinen Schlüsselroman geschaffen. Cusk übernimmt von den real existierenden Figuren keine als individuell wahrnehmbaren Merkmale. Die Frage, die alle miteinander verbindet, ist die Grundfrage des Schöpferischen überhaupt: Wie kommt eine(r) dazu, schaffend das Leben zu verdoppeln? Geht es überhaupt darum? Je nach Standpunkt, könnte man sagen.
Der „marginalisierte“ schwarze Künstler G, in Harlem aufgewachsen, ist z. B. „verpflichtet, sich mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen. Aber am Ende schob G. die Wirklichkeit beiseite. War Abstraktion, ähnlich wie Vorstellungskraft und Fantasie, lediglich ein Mittel zu Flucht? Blieb eine offene Schuld zurück, wenn er den Ort seiner Begrenzung aufgab? Die Frage kreiste nicht nur um den moralischen Wert der Freiheit im ästhetischen Zusammenhang, sondern um das Wesen der Freiheit selbst.“
Wo liegt die Grenze zwischen Leben/Lebenswirklichkeit und Kunst? Gleich am Anfang erleidet eine Frau einen Schlag ins Gesicht. Zufällig und von einer Fremden wird sie auf offener Straße getroffen. Und während die Menge sich versammelt, um zu schauen, was geschehen ist, dreht die Gewalttäterin sich um und betrachtet das Ergebnis ihres Angriffs wie ein Kunstwerk. Das erinnert an den „acte gratuit“, die willkürliche Tat in André Gides Verliesen des Vatikan oder auch an die Tötungshandlung in Camus’ Fremden. Gewalt ist etwas, das vom Leben trennt. Paradoxerweise erlebt die Frau, die den Schlag erleidet, es eher umgekehrt. Jedenfalls wird ihr durch die Gewalterfahrung bewusst, dass sie ihre „weibliche Erfahrung für gewöhnlich einem alternativen oder doppelten Selbst“ zugeschrieben hat: „Einer Stuntfrau gleich nahm dieses Selbst bei der Gestaltung einer fiktiven Person … alle Risiken auf sich. Obwohl dieses Selbst keinen Namen …. hatte, erschuf es die Möglichkeit der Person ebenso wie ihre Künstlichkeit.“ Die anonyme Attacke erschüttert diese fragwürdige Selbst-Konstruktion.
Trennung vom Leben oder von der Lebendigkeit scheint mir im Grunde das Thema zu sein, das alle Stränge und Figuren in Parade verbindet. Das zeigt zum einen sich in der umfassenden Mitleidlosigkeit des Buches. Am deutlichsten kommt sie zum Ausdruck im dritten Kapitel, in dem sich ein Mann beim Besuch einer Ausstellung von der Galerie stürzt. Sein Tod wird lediglich als Störung von Abläufen, vielleicht noch Anstoß von inneren Prozessen wahrgenommen, keinesfalls dagegen bedauert.
Der Vorfall bildet die Gegenerzählung zum Schlag ins Gesicht im ersten Kapitel. Mehr noch als die immer einer bestehenden Ordnung zusetzende Gewalt durchzieht die Frage nach der nicht gelingenden Beziehung von Eltern und Kindern den Roman. Auf beinah jeder Seite finden sich damit verbundene Fragen und Gedanken. Die Künstlerin G lässt ihr Kind unter Aufsicht einer Angestellten im Garten spielen und betrachtet es durch die Glasscheibe ihres Ateliers. Der Filmemacher G besucht aus Anlass ihres Verscheidens seine Eltern und reist, als der Tod der Mutter sich hinzieht, gewissermaßen unverrichteter Dinge wieder ab: „Wir gingen und kehrten in unser Leben zurück. Wir überließen sie [die Mutter] den Entsorgungsbeauftragten, den Pflegerinnen und unserem verwirrten Vater.“
Besitzcharakter von Liebe
In diesem Zusammenhang thematisiert Cusk wiederholt auch die Liebe, die im Kapitalismus im Grunde Waren- und Besitzcharakter hat. „Echte“ Liebe, die keine Gegenleistung erwartet, ist suspekt und beängstigend.
„Für uns war die Liebe jahrelang ein Geheimnis geblieben, und statt zu lieben, hatten wir uns im Verstecken geübt. Unsere Interessen und Wünsche mussten wir verstecken. Wenn sie [die Liebe] uns angeboten wurde, lehnten wir ab. Menschen, die in Liebe lebten, die gaben und dafür keine Gegenleistung erwarteten, machten uns misstrauisch … Unser Bankrott in Sachen Liebe nahm uns die Fähigkeit, sie zu ertragen.“
Das Milieu wohlhabender, mit Kunst oder dem Kunstbetrieb verbundener Menschen bricht der Roman an keiner Stellt wirklich auf. Selbst das Ehepaar Mann mit seinem Haus auf einer öden Insel, wird in den Augen der sie besuchenden Künstlerin G zu einer Art ehelichem Schmerz-Kunstwerk. Möglicherweise hätte es Cusks Roman einen Aspekt hinzugefügt, diese doch spezielle Welt der Kunstschaffenden und -sammelnden einmal zu verlassen oder zu konterkarieren. Ihre Auseinandersetzung mit der Eltern- und Kindschaft möchte ich davon ausnehmen, da sie mir ein grundlegendes, allgemeineres Thema zu berühren scheint – die Unmöglichkeit oder mindestens Herausforderung, die ein biologisch fundiertes Zusammenleben in der Gegenwart darstellt. Vielleicht könnte etwas Wärme schon helfen, dass ein Paar nicht länger dem „doppelköpfigen Monster, von dem kleine Kinder baumeln“ ähnelt, das eine Figur in Parade beschreibt. Sicher ist das nicht.
Rachel Cusk: Parade. (deutsch) Suhrkamp Verlag 2024, 171 Seiten. ISBN: 978-3-518-43195-5
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Die britische Autorin Rachel Cusk setzt sich in ihrem Roman Parade (Suhrkamp 2024) mit den Voraussetzungen und Folgen künstlerischen Schaffens auseinander. Die Frage nach dem Unterschied zwischen männlichem und weiblichem Künstlertum wird dabei zunehmend zu einer Auseinandersetzung mit Elternschaft und Liebe, die nicht nur Kunstschaffende angeht.
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Als Antiroman wird das neueste Buch der heute in Frankreich lebenden britischen Autorin Rachel Cusk gern bezeichnet. Parade ist der neueste von einem Dutzend Romanen, die Cusk seit 1993 veröffentlich hat. Dazu kommen Memoirs und Essays. Die Einordnung in eine Tradition des Nouveau Roman mit Protagonisten wie Nathalie Sarraute und Allain Robbe-Grillet oder – auf seine besondere Art – Samuel Beckett gibt nicht viel mehr her als den Hinweis auf das Fehlen einer tragenden Handlung oder gar eines Plots wie auch „tiefer“, psychologisch ausgearbeiteter und kohärenter Figuren. Die Abwesenheit zweier, in der „bürgerlichen“ Erzähltradition als zentral angesehenen, narrativen Elemente wird Rachel Cusk von der Kritik gelegentlich vorgeworfen. Sie weigere sich, ihren Lesern entgegenzukommen oder ihren Text für das Publikum zu öffnen. Woher rührt dieser Mangel an Service?
Cusk selbst hat 2014 dem Guardian gegenüber geäußert, es sei ihr irgendwann peinlich gewesen, „John und Jane“ zu erfinden und sie dann zusammen etwas tun zu lassen. Beschreibung und Figur („character“) seien dabei, aus dem Leben zu verschwinden, deshalb verschwänden sie auch aus der Literatur. Mit dieser Betrachtungsweise ist sie nicht allein. Karl Ove Knausgård begründet sein autofiktionales Erzählanliegen ähnlich. Und bereits Max Frisch bekundete in Montauk seinen Überdruss am Spinnen einer Fabel, bei der aus dramaturgischen Gründen am Ende jemand sterben müsse, und warf sich lustvoll ins Erzählen „nah am eigenen Leben“.
Die Konsequenz ist bei Rachel Cusk jedoch eine andere. Anstatt das eigene Leben zum Steinbruch für ihr literarisches Werk zu machen (so geschehen in Danach, 2012), wird ihr Erzählen fragmentarisch. Gedankliches dominiert, bewegt sich aber weiterhin im Rahmen von Erzählung(en). In Parade zeichnet die Autorin eine Reihe von Künstlerporträts, denen sie allesamt das Namenskürzel „G“ verleiht. Das kann verwirren, solange man darauf beharrt, literarische Figuren wie Menschen säuberlich voneinander zu scheiden. Name, Vorname, Geburtsdatum – selten braucht es mehr Merkmale, um jemanden im bürgerlichen Leben zu identifizieren. Gegen diese verwaltungstechnisch optimierte Auffassung vom Menschsein hält Cusk eine, die Figuren eher integriert, als sie zu unterscheiden. G kann zu unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Geschlechtern leben, wird aber immer Künstler oder mit einem künstlerischen Milieu verbunden sein.
Eine Figur in mehreren Verkörperungen
Die London Review of Books hat vier „Gs“ ausgemacht und ihre Lookalikes im Leben benannt: Georg Baselitz, Louise Bourgeois, Paula Modersohn-Becker und Eric Rohmer. Die New York Times ergänzt noch den schwarzen Künstler G, der eine Kathedrale auf eine winzige Leinwand malt, und die an ihrem Erfolg leidende Künstlerin G, deren Sorge ist, durch die Aufmerksamkeit für ihr Kind von ihrer Kunst abgelenkt zu werden. Das Entdecken von Vorbildern im richtigen Leben für die Figuren von Parade, schafft eine Art Transparenz: Cusk hat sich also von der uns umgebenden Kunstwelt inspirieren lassen. Darüber hinaus hilft die Dechiffrierung kaum. Die Autorin hat keinen Schlüsselroman geschaffen. Cusk übernimmt von den real existierenden Figuren keine als individuell wahrnehmbaren Merkmale. Die Frage, die alle miteinander verbindet, ist die Grundfrage des Schöpferischen überhaupt: Wie kommt eine(r) dazu, schaffend das Leben zu verdoppeln? Geht es überhaupt darum? Je nach Standpunkt, könnte man sagen.
Der „marginalisierte“ schwarze Künstler G, in Harlem aufgewachsen, ist z. B. „verpflichtet, sich mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen. Aber am Ende schob G. die Wirklichkeit beiseite. War Abstraktion, ähnlich wie Vorstellungskraft und Fantasie, lediglich ein Mittel zu Flucht? Blieb eine offene Schuld zurück, wenn er den Ort seiner Begrenzung aufgab? Die Frage kreiste nicht nur um den moralischen Wert der Freiheit im ästhetischen Zusammenhang, sondern um das Wesen der Freiheit selbst.“
Wo liegt die Grenze zwischen Leben/Lebenswirklichkeit und Kunst? Gleich am Anfang erleidet eine Frau einen Schlag ins Gesicht. Zufällig und von einer Fremden wird sie auf offener Straße getroffen. Und während die Menge sich versammelt, um zu schauen, was geschehen ist, dreht die Gewalttäterin sich um und betrachtet das Ergebnis ihres Angriffs wie ein Kunstwerk. Das erinnert an den „acte gratuit“, die willkürliche Tat in André Gides Verliesen des Vatikan oder auch an die Tötungshandlung in Camus’ Fremden. Gewalt ist etwas, das vom Leben trennt. Paradoxerweise erlebt die Frau, die den Schlag erleidet, es eher umgekehrt. Jedenfalls wird ihr durch die Gewalterfahrung bewusst, dass sie ihre „weibliche Erfahrung für gewöhnlich einem alternativen oder doppelten Selbst“ zugeschrieben hat: „Einer Stuntfrau gleich nahm dieses Selbst bei der Gestaltung einer fiktiven Person … alle Risiken auf sich. Obwohl dieses Selbst keinen Namen …. hatte, erschuf es die Möglichkeit der Person ebenso wie ihre Künstlichkeit.“ Die anonyme Attacke erschüttert diese fragwürdige Selbst-Konstruktion.
Trennung vom Leben oder von der Lebendigkeit scheint mir im Grunde das Thema zu sein, das alle Stränge und Figuren in Parade verbindet. Das zeigt zum einen sich in der umfassenden Mitleidlosigkeit des Buches. Am deutlichsten kommt sie zum Ausdruck im dritten Kapitel, in dem sich ein Mann beim Besuch einer Ausstellung von der Galerie stürzt. Sein Tod wird lediglich als Störung von Abläufen, vielleicht noch Anstoß von inneren Prozessen wahrgenommen, keinesfalls dagegen bedauert.
Der Vorfall bildet die Gegenerzählung zum Schlag ins Gesicht im ersten Kapitel. Mehr noch als die immer einer bestehenden Ordnung zusetzende Gewalt durchzieht die Frage nach der nicht gelingenden Beziehung von Eltern und Kindern den Roman. Auf beinah jeder Seite finden sich damit verbundene Fragen und Gedanken. Die Künstlerin G lässt ihr Kind unter Aufsicht einer Angestellten im Garten spielen und betrachtet es durch die Glasscheibe ihres Ateliers. Der Filmemacher G besucht aus Anlass ihres Verscheidens seine Eltern und reist, als der Tod der Mutter sich hinzieht, gewissermaßen unverrichteter Dinge wieder ab: „Wir gingen und kehrten in unser Leben zurück. Wir überließen sie [die Mutter] den Entsorgungsbeauftragten, den Pflegerinnen und unserem verwirrten Vater.“
Besitzcharakter von Liebe
In diesem Zusammenhang thematisiert Cusk wiederholt auch die Liebe, die im Kapitalismus im Grunde Waren- und Besitzcharakter hat. „Echte“ Liebe, die keine Gegenleistung erwartet, ist suspekt und beängstigend.
„Für uns war die Liebe jahrelang ein Geheimnis geblieben, und statt zu lieben, hatten wir uns im Verstecken geübt. Unsere Interessen und Wünsche mussten wir verstecken. Wenn sie [die Liebe] uns angeboten wurde, lehnten wir ab. Menschen, die in Liebe lebten, die gaben und dafür keine Gegenleistung erwarteten, machten uns misstrauisch … Unser Bankrott in Sachen Liebe nahm uns die Fähigkeit, sie zu ertragen.“
Das Milieu wohlhabender, mit Kunst oder dem Kunstbetrieb verbundener Menschen bricht der Roman an keiner Stellt wirklich auf. Selbst das Ehepaar Mann mit seinem Haus auf einer öden Insel, wird in den Augen der sie besuchenden Künstlerin G zu einer Art ehelichem Schmerz-Kunstwerk. Möglicherweise hätte es Cusks Roman einen Aspekt hinzugefügt, diese doch spezielle Welt der Kunstschaffenden und -sammelnden einmal zu verlassen oder zu konterkarieren. Ihre Auseinandersetzung mit der Eltern- und Kindschaft möchte ich davon ausnehmen, da sie mir ein grundlegendes, allgemeineres Thema zu berühren scheint – die Unmöglichkeit oder mindestens Herausforderung, die ein biologisch fundiertes Zusammenleben in der Gegenwart darstellt. Vielleicht könnte etwas Wärme schon helfen, dass ein Paar nicht länger dem „doppelköpfigen Monster, von dem kleine Kinder baumeln“ ähnelt, das eine Figur in Parade beschreibt. Sicher ist das nicht.
Rachel Cusk: Parade. (deutsch) Suhrkamp Verlag 2024, 171 Seiten. ISBN: 978-3-518-43195-5