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Friedrich Rückert auf einer Zeichnung seines Freundes Carl Barth, 1818

Erlangen, Neustädter Friedhof

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Die Neustädter Friedhofskirche (erbaut 1783-87) an der Äußeren Brucker-Straße. Auf dem Friedhof sind zwei Kinder Rückerts begraben. (c) Literaturportal Bayern

Die Rückerts waren treue Gemeindemitglieder der Universitätskirche am Neustädter Kirchenplatz. Fünf Kinder wurden in der Kirchengemeinde getauft. Der berühmte Gelehrte stand fest zu seinem lutherischen Glauben, konnte allerdings mit der "Erlanger Orthodoxie", pietistisch-schwärmerischem Spiritualismus, den der Erlanger Theologe Christian Krafft vertrat, wenig anfangen:

Bekehrung

Ich war schon ziemlich ein Christ,
Und wär' es noch mehr geworden;
Doch mir verleidet ist
Auf einmal der ganze Orden.

Ihr machtet es mir zu toll
Mit eurem christlichen Leide;
Mein Herz ist noch freudenvoll,
Darum bin ich ein Heide.

Bricht einst mein Lebensmuth,
Dann könnt ihr vielleicht mich erwerben;
Denn eure Lehr' ist gut
Zu nichts auf der Welt als zum Sterben.

Die Ablehnung dieser theologischen Strömung führte zu einer gewissen sozialen Isolation der Rückerts. Der härteste Schicksalsschlag in Erlangen wiederfuhr der Familie um die Jahreswende 1833/34. In Erlangen wütete zu dieser Zeit eine Scharlach-Epidemie, der sehr viele Kinder zum Opfer fielen. Aus dem Neustädter Kirchenbuch erfahren wir, dass in den ersten 18 Tagen des Jahres 1834 allein in der Neustädter Gemeinde 14 Menschen starben, darunter acht Kinder unter sieben Jahren. Auch im Hause Rückert wurden alle sechs Kinder krank. Besonders schlimm traf es die beiden jüngsten, den fünfjährigen Ernst und die einzige Tochter, die dreijährige Luise. Die älteren Söhne erholten sich wieder, aber die kleine Luise starb an Silvester, der Bruder Ernst zwei Wochen später.

Links Ernst Rückert, rechts Luise, beide porträtiert von Carl Barth 1832 (c) Literaturportal Bayern

Von diesem Schicksalsschlag haben sich die Eltern nie mehr wirklich erholt. Der Vater dichtete über 500 „Kindertodtenlieder“ um den Schmerz zu verarbeiten. Sie wurden erst nach seinem Tod veröffentlicht. Fünf davon hat Gustav Mahler vertont.

Beide Kinder, die im Leben unzertrennlich gewesen waren, fanden im gleichen Grab ihre letzte Ruhestätte, gleich hinter der Friedhofskirche. Der Blumenfreund Rückert hat das Grab selbst liebevoll gepflegt. Bei seinem Wegzug 1841 bestimmte er, dass ein hochwachsender Baum auf das Grab gepflanzt werden sollte. Diese alte Moorbirke musste inzwischen aus Sicherheitsgründen bis auf einen von Efeu bewachsenen Baumstumpf gefällt werden. An ihm wurde eine Tafel angebracht mit einem Vers aus den Kindertotenliedern:

Die von mir das Leben hatten,
haben es zu früh verloren,
soll die Mutter ihrem Gatten
haben sie umsonst geboren?
Nein, ich hab es mir geschworen,
euer Leben fortzudichten,
daß mir nichts es kann vernichten.

 Das Grab der Rückert-Kinder auf dem Neustädter Friedhof (c) Literaturportal Bayern

 


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Verfasser: Erlanger Rückert-Kreis / Literaturportal Bayern

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