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Bayern und Japan (2): Die Jesuitenkirche St. Michael in München – Japanische Helden auf der Theaterbühne

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Der japanische Feldherr der Azuchi- und Momoyama-Zeit Takayama Ukon (1552-1615) ging als entschiedener Christ in die Geschichte ein und ist Seliger der röm.-kath. Kirche.

Japan ist in vielerlei Hinsicht historisch eng mit Deutschland und Bayern verbunden. Mit der Gegenreformation und der jesuitischen Mission in Japan im 16./17. Jahrhundert wurden in München, aber auch an anderen Orten in Bayern seit 1623 bis zum Ende des 18. Jahrhunderts religiöse Theaterstücke mit japanischen Helden aufgeführt. Nach Mitte des 19. Jahrhunderts setzten zwischen Bayern und Japan intensive Kontakte in Politik, Wissenschaft, Kunst und in der Wirtschaft ein. Wie sich diese Kontakte bis um 1900 entwickelten, auch wie Japaner damals München sahen und München Japan und Japaner erlebte, das ist Inhalt dieser neuen 9-teiligen Blogreihe der Literatur- und Kulturwissenschaftlerin und Autorin Ingvild Richardsen

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Während die christliche Mission in Japan im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts bereits dem Ende zuging, präsentierten die Jesuiten in München neue Theaterstücke. Jetzt sollte das Exotische dem wahren katholischen Glauben dienen. Die Jesuiten nahmen ihre Stoffe auch aus dem Fernen Osten im Rahmen der Jesuitenmission auf.

1623 in München: Theateraufführung Der Triumph der Christen unter den Japanern

1623 wurde in München zum ersten Mal ein Theaterstück über das Leben und Martyrium japanischer Christen vorgeführt: Der Triumph der Christen unter den Japanern. Es erzählte vom Glauben eines aufrechten Christen in Japan, der lieber starb als vom Glauben abzufallen. Autor war der Belgier Nicolas Trigault (1577-1628), der mit 16 Jahren in den Jesuitenorden eingetreten war und 34 Jahre in Japan verbrachte. Sein Buch wurde ein Bestseller. Das Theaterstück wurde in den jesuitischen Kanon aufgenommen und in vielen anderen Orten Bayerns gespielt. Nach der Aufführung in München gab es hier fortan als Modetrend viele japanische Gewänder und japanische Accessoires zu kaufen.

1631 in München: Theateraufführung Quabacondono – Aufstieg und Untergang des japanischen Tyrannen Toyotomi Hideyoshi (1536-1598) – Gemälde in St. Michael

1631 führten Schüler in München vor der Michaelskirche das Theaterstück Quabacondono auf. Es handelt vom Leben des japanischen Tyrannen Toyotomi Hideyoshi (1536-1598). Nach seinem Vorgänger Oda Nobunaga (1534-1582) war Hideyoshi der zweite Heerführer, dem es gelang, Japan weiter auf den Weg zur Einigung zu führen, nachdem das Land fast 100 Jahre lang unter verschiedenen Herrschern zerrieben worden war. Hideyoshi war ein Bauernsohn, der sich durch militärisches Talent hochgearbeitet hatte. 1587 erließ er, der vier ihm untergebene christliche Heerführer versammelte, das erste Verbot gegen Christen.

Das jesuitische Theaterstück führte in München den schnellen Aufstieg und den Untergang von Hideyoshi vor. Für Herrscher sollte es als Warnung dienen, in ihrer Position nicht die Demut vor Gott zu verlieren. Darüber hinaus sollte es als Trost dienen und zeigen, dass es in „Japonien“ auch nicht besser war als in München. Im Innenraum von St. Michael findet sich bis heute ein Bezugspunkt zur jesuitischen Mission in Japan: Das Querschiff der Kirche ist Ignatius von Loyola und dem Ostasien-Apostel Francisco de Xavier (Franz Xaver) gewidmet. Dort hängen zwei Rundgemälde. Eines stellt den Hl. Aloisius von Gonzaga dar, das andere zeigt die Kreuzigung von japanischen Christen, die der Reichsverweser und Heerführer Toyotomi Hideysoshi (1536-1598) befohlen hatte.

Rundgemälde in St. Michael: Kreuzigung japanischer Christen unter Toyotomi Hideysoshi (1536-1598). Fotos: Ingvild Richardsen

1663 in München: Theateraufführung Takayama Ukon (1552-1615)

1663 wurde wieder zuerst in München ein Drama über den Sohn eines der einflussreichsten Fürsten Zentraljapans aufgeführt. Dieses Drama wurde später auch in Landshut gezeigt und 1682 in Luzern. Takayama Ukon war nicht nur Christ, er besaß auch alle Tugenden eines Samurai. In der jesuitischen Literatur wurde er Justus Ukondono genannt und auch als „Achilles Japoniae“ bezeichnet. Er galt als wichtiger Schutzherr der christlichen Gemeinden in Zentraljapan, um den sich zahlreiche Legenden rankten. In Bayern ging er als entschiedener Christ in die Geschichte ein, als Seliger der römisch-katholischen Kirche.

Auch nach dem Ende der christlichen Mission in Japan 1638 traten im 17. und 18. Jahrhundert auf bayerischen Bühnen noch immer japanische Helden auf. Ende des 18. Jahrhunderts war dann der Höhepunkt des jesuitischen Theaters vorbei. Der Jesuitenorden wurde im Zuge der Säkularisierung aufgelöst und verboten.

Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts sollten zwischen Bayern und Japan wieder Kontakte in Politik, Wissenschaft, Kunst und in der Wirtschaft einsetzen, Bayern Anziehungspunkt für japanische Besucher werden. Über zwei Jahrhunderte sollte es dauern, bis in Bayern der Name Japans wieder so bekannt war wie zur Zeit der jesuitischen Dramen.

Die Niederlande als Vermittler – Dejima – Brücke  zwischen Japan und Europa

Wer damals etwas über Japan wissen wollte, musste sich als Holländer ausgeben. Holland war das einzige Land, das im 17. und 18. Jahrhundert ein Monopol auf Japan und eine Sonderstellung als legitimer Vermittler zwischen Japan und Europa innehatte. Holland hätte gerne den sehr begrenzten Handel über Dejima ausgeweitet zu einem richtigen Warenhandel – jetzt interessierte nicht die Konversion von Christen in Japan die Menschen in Europa, sondern die Kunst. Aus Japan kamen damals vermittelst der Niederländer über Dejima und Holland herausragende Kunst, schönstes Porzellan und faszinierende Lackwaren nach Europa. Die außergewöhnliche Schönheit der japanischen Kunstobjekte löste hier große Euphorie aus.

Tatsächlich war es dann aber letztlich kein Holländer, sondern ein Bayer, ein junger hoffnungsvoller Mediziner und Naturwissenschaftler aus Würzburg, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Tür zu Japan wieder aufstoßen sollte. Allerdings stand er damals in den Diensten der Niederlande. Er hieß Philipp Franz von Siebold…

 

Tipp: Noch bis 6. Juli 2025 läuft die  Jahresausstellung Farben Japans – Holzschnitte aus der Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek.