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Bayern und Japan (1): Zur jesuitischen Mission in Bayern und Japan im 16. und 17. Jahrhundert

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Die Jesuitenkirche St. Michael in München, Außen- und Innenraum. Vor und in diesem Gebäude gab es im 17. und 18. Jahrhundert Theateraufführungen. Fotos: Ingvild Richardsen

Japan ist in vielerlei Hinsicht historisch eng mit Deutschland und Bayern verbunden. Mit der Gegenreformation und der jesuitischen Mission in Japan im 16./17. Jahrhundert wurden in München, aber auch an anderen Orten in Bayern seit 1623 bis zum Ende des 18. Jahrhunderts religiöse Theaterstücke mit japanischen Helden aufgeführt. Nach Mitte des 19. Jahrhunderts setzten zwischen Bayern und Japan intensive Kontakte in Politik, Wissenschaft, Kunst und in der Wirtschaft ein. Wie sich diese Kontakte bis um 1900 entwickelten, auch wie Japaner damals München sahen und München Japan und Japaner erlebte, das ist Inhalt dieser neuen 9-teiligen Blogreihe der Literatur- und Kulturwissenschaftlerin und Autorin Ingvild Richardsen

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Wilhelm IV. der Standhafte (1493-1550) war von 1508 bis 1550 Herzog von Bayern. Während seiner Herrschaft holte er den Jesuitenorden nach Bayern und machte ihn nach dem Auftreten Luthers zum Bollwerk der Gegenreformation. Der Jesuitenorden, in Spanien von Ignatius von Loyola gegründet und 1540 vom Papst anerkannt, sollte das Volk wieder fest in den Griff des katholischen Glaubens bekommen. Die bayerischen Herzöge unterstützten den Jesuitenorden massiv. Die Gründung von Jesuitengymnasien waren die Folge. Bayern galt bald als das zweite Rom.  

Zwischen 1583 und 1597 wurde in München die Jesuitenkirche St. Michael errichtet, ein römisch-katholischer Sakralbau, der als Vorbild für viele Barockkirchen in Bayern diente. St. Michael, in dessen Anbau ein Jesuiten-Kolleg mit Gymnasium untergebracht war, entwickelte sich zum geistigen Zentrum der Jesuiten und Gegenreformation in München. Schon die ältesten Ordensregeln der Jesuiten hatten im Schulplan Theateraufführungen vorgesehen. Die Bühne entwickelte sich zum Kampfinstrument, um den wahren katholischen Glauben zu verkünden. In München gab es üppigst ausgestattete Aufführungen, die Stücke in lateinischer Sprache zogen sich oft mehrere Tage durch die Stadt. Vor den einzelnen Akten wurde den Zuschauern die Handlung auf Deutsch erklärt. Zuerst griffen die Dichter zu Stoffen aus dem Alten Testament und der Kirchengeschichte, präsentierten Esther, Samson, Gottfried von Bouillon.

Francisco de Xavier – Wegbereiter christlicher Mission in Ost-Asien und Japan im 16. Jahrhundert

Es war der Spanier und Jesuit Francisco de Xavier (1506-1552), Weggefährte von Ignatius von Loyola, und Mitbegründer des Jesuitenordens, der nach seiner Landung in Japan am 15. August 1549 zu einem Wegbereiter christlicher Mission in Ostasien wurde. Japans christliches Jahrhundert begann: 1583 gab es dort bereits 200 Kirchen, etwa 130.000 christliche Gläubige, ein Priesterseminar und andere Niederlassungen für Jesuiten und ihre japanischen Schüler. De Xavier hinterließ in Japan einige sehr gläubige Christengemeinden. Diese Epoche der japanischen Geschichte sollte später ihren Nachhall in Bayern und München seit 1621 auf jesuitischen Theaterbühnen und Büchern finden, mit japanischen christlichen Protagonisten als Helden und Muster katholischer Standfestigkeit.

Zur jesuitischen Mission in Japan im 16. Jahrhundert

Die jesuitische Mission in Japan war bald durch Geldmangel, politische Instabilität und Abhängigkeit von den Fürsten gefährdet. Auch andere Orden, Franziskaner und Dominikaner, wollten in Japan missionieren. Der Jesuitenorden war gezwungen, dem Papst die große Bedeutung der Jesuitenmission vor Augen zu führen.

1582 unternahm Pater Valignano in Begleitung von vier jungen japanischen Novizen eine Reise von Japan nach Europa. Die gebildeten jungen Japaner beherrschten japanische Geschichte und Sprache, christliche Religion, Latein, Gesang, hielten Predigten, spielten Theater und waren perfekte Redner. Um beispielhaft den Erfolg der Jesuitenmission in Japan vor Augen zu führen, wurden die jungen Erwachsenen in Europa Papst und Kirche sowie den katholischen Königen präsentiert. Ihre Reise wurde ein Triumphzug und zum Tagesgespräch in Europa, mindestens 55 Publikationen erschienen. Allerorts setzte eine Euphorie für „Japonien“ ein. Begeistert schloss Papst Gregor XIII. die vier jungen japanischen Christen in Rom in seine Arme. Sie erhielten die Stadtbürgerschaft von Rom und wurden zu römischen Senatoren gekürt. Vor den Augen Europas wurde der Jesuitenorden damit bestätigt. Die bayerische Druckerpresse, die seit Jahrzehnten auch die jesuitischen Veröffentlichungen in Auftrag hatten, verbreitete in ganz Bayern die Neuigkeit. So erschien 1586 in Augsburg zum Beispiel ein Druckwerk von Michael Manger mit dem Titel Neue Zeitung aus der Insel Japonien.

Als die jungen Japaner 1590 wieder in ihr Heimatland zurückkehrten, um von den Wunderdingen in Europa zu berichten, war die Illusion einer vereinigten christlichen Welt unter dem Zeichen des Kreuzes jedoch bereits wieder zerstört: Schon 1587 hatte der Tyrann Toyotomi Hideyoshi (1536-1598) in Japan ein erstes Verbot des Christentums erlassen. Er empfing die vier jungen Leute trotzdem, ließ sich auch ein Konzert mit europäischer Musik vorführen. 

Porträt des Tyrannen Toyotomi Hideyoshi (1536-1598).

1638: Ende der Jesuitenmission in Japan – Christenverfolgung – Japan-Verbot für Europa außer Holland

Nach 1600 begannen auch Franziskaner und Dominikaner in Japan zu missionieren. Neid untereinander verärgerte die Herrschenden und führte zum Verbot christlicher Mission und zu grausamen Verfolgungen. 1638 gab es ein Verbot für alle Europäer, Japan zu betreten. Japan brach seine Brücken zur Außenwelt nahezu vollständig ab und beendete das Experiment der Begegnung mit anderen Völkern.

Eine Ausnahme galt für die Niederlande. Auf der kleinen Insel Dejima vor Nagasaki durften die Holländer Geschäfte tätigen. Bereits 1600 war in Japan ein holländisches Schiff gelandet mit dem englischen Lotsen William Adams (1564-1620). Er wurde Vertrauter von Tokugawa Ieyasu (1543-1616), dem Begründer des Tokugawa-Shōgunats und dritten Reichseiniger des feudalen Japans nach dem 1598 verstorbenen Toyotomi Hideyoshi. Von Adams erfuhr Tokugawa Ieyasu, dass es auch Religionen gab, die nicht Mission und Handel miteinander verknüpfen. Adams blieb bis zu seinem Tod 1620 in Japan.

William Adams vor dem Shōgun Tokugawa Ieyasu, 1866.

Ansicht von Dejima in der Bucht von Nagasaki, Paravent von Kawahara Keiga, ca. 1836.

 

Tipp: Noch bis 6. Juli 2025 läuft die  Jahresausstellung Farben Japans – Holzschnitte aus der Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek.

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