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Geb.: 30. 5.1799 in Oberau
Gest.: 20.4.1883 in Oberammergau
Joseph Alois Daisenberger, Abbildung aus dem Programm der Passionsspiele 1900

Joseph Alois Daisenberger

Bis zum Eintritt ins Münchner Wilhelmsgymnasium erhält der Sohn einer Bauern- und Handwerkerfamilie Unterricht bei Othmar Weis, einem Exbenediktiner aus dem 1803 säkularisierten Kloster Ettal, der große Bedeutung für seinen geistigen Weg gewinnt. Von 1817 bis 1820 absolviert er ein Theologiestudium an der Universität Landshut, wo ihm Johann Michael Sailer ein wichtiger Lehrer ist. 1821 empfängt er in Regensburg die Priesterweihe. Zwischen 1831 und 1845 wirkt er als Pfarrer in Uffing am Staffelsee, bevor ihm 1845 bis 1869 die Pfarrstelle in Oberammergau übertragen wird. Dort entfaltet er ganz im Geiste Sailers eine reiche volkspädagogische Wirksamkeit, etwa mit kleinen „vaterländischen“ Theaterstücken, die gleichermaßen Unterhaltung und Belehrung bieten.

1850 wird er mit der Spielleitung der Oberammergauer Passion betraut. Diese Aufgabe erfüllt er in „mustergültiger“ Form, wie der Schauspieler, Sänger, Bühnendichter und spätere Leiter des Dresdner Hoftheaters Eduard Devrient urteilt. Behutsam sucht er den Spieltext aus der Feder von Othmar Weis (Das große Opfer auf Golgotha oder Geschichte des Leidens und Sterbens Jesu, 1811) dem Zeitgeist anzupassen, ohne allerdings mit der Spieltradition zu brechen. 1858 hat er auf Wunsch der Regierung eine Revision des älteren Passionsspieltextes vorzunehmen. Unter Verwendung von Stilmitteln der antiken und klassischen Tragödie, in drei regelmäßig gestalteten Akten arbeitet er nun die „Dramatik“ der Leidensgeschichte heraus; unter dem Titel Das große Versöhnungsopfer auf Golgatha oder die Leidens- und Todesgeschichte Jesu nach den vier Evangelisten mit bildlichen Vorstellungen aus dem alten Bunde zur Betrachtung und Erbauung (1860) erscheint die neue Spielvorlage im Druck.

Die Inszenierung verfolgt durch ihre Erhabenheit und Idealisierung das Ziel, die religiöse Erneuerung von Spielgemeinschaft (und Publikum) zu fördern. Für die Passionsaufführung im Jahr 1870 fasst er seinen Text, in Anlehnung an eine klassizistische Ästhetik, in Jamben und schreibt neue Prologe in alkäischen und sapphischen Versmaßen, wobei allerdings nur letztere Eingang in die Spielpraxis gefunden haben. Das religiöse Anliegen, das er mit dem Spiel verfolgt, bringt er in dem Predigtzyklus Die Früchte der Passionsbetrachtung (1871; gedruckt 1872) deutlich zum Ausdruck, wenn er die theatralische „Vorstellung der Leidensgeschichte“ mit einem „großen heiligen Beruf“ vergleicht.

Ohne Zweifel hat Joseph Alois Daisenberger mit seiner literarisch-künstlerischen und dramaturgischen Arbeit den Weltruf der Oberammergauer Passion mitbegründet.

Verfasst von: Manfred Knedlik

Sekundärliteratur:

Henker, Michael u.a. (Hg.) (1990): Hört, sehet, weint und liebt. Passionsspiele im alpenländischen Raum (Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 20), München.

Knedlik, Manfred (2002): Daisenberger, Joseph Alois. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 20, Sp. 353-355, URL: http://www.bbkl.de/lexikon/bbkl-artikel.php?art=./D/Da/daisenberger_j_a.art, (03.02.2017).

Richter, Karl (1957): Daisenberger, Joseph Alois. In: Neue Deutsche Biographie 3, S. 487-488, URL: https://www.deutsche-biographie.de/gnd118678620.html#ndbcontent, (03.02.2017).

Edition:

Otto Mausser (Hg.): Text des Oberammergauer Passions-Spiels. Historisch-kritische Ausgabe. Diessen 1910.


Externe Links:

Literatur von Joseph Alois Daisenberger im BVB

Literatur über Joseph Alois Daisenberger im BVB

Joseph Alois Daisenberger in der Deutschen Biographie