Info
Geb.: 20. 3.1888 in Gut Blumbergshof bei Wolmar (Livland)
Gest.: 26.1.1974 in Weißenstein
© Josef Niedermeier

Siegfried von Vegesack

Als neuntes Kind des letzten Ordnungsrichters von Wolmar wird Siegfried von Vegesack am 20. März 1888 auf Gut Blumbergshof in Livland geboren. Vegesack schreibt Gedichte, Theaterstücke, Übersetzungen und Romane. Im Zuge seiner Südamerikareisen entstehen Erzählungen und Reisebücher. Gewisse seiner Schriften führen zur Verfolgung durch das NS-Regime. Siegfried von Vegesack stirbt am 26. Januar 1874 in Weißenstein und wird in einem Waldstück in der Nähe des „Fressenden Hauses“ begraben. 

Werdegang

Siegfried von Vegesack kommt nach Niederbayern, wo er 1918 mit seiner ersten Frau Clara Nordström in Weißenstein im Bayerischen Wald ein Anwesen erwirbt. In Riga hat er zuvor das Gymnasium besucht und an den Universitäten Dorpat, Heidelberg, Berlin und München Geschichte und Kunstgeschichte studiert. Während des Ersten Weltkrieges wird er aus seiner Heimat nach Deutschland vertrieben. Er arbeitet zeitweise als Lektor in der Zentralstelle für Auslandsdient im Berliner Auswärtigen Amt, bis er sich in einem leerstehenden Burgturm in Weißenstein niederlässt und sich fortan als Landwirt und Schriftsteller betätigt.

Im Jahre 1933 wird Vegesack wegen Beleidigung der nationalsozialistischen Machthaber für kurze Zeit in Schutzhaft genommen (schon 1920 ist er in Die Weltbühne gegen antisemitische Tendenzen vorgegangen). Er geht nach Schweden und hält sich, nachdem er von seiner Ehefrau geschieden worden ist, von 1936 bis 1938 in Südamerika auf. Wieder in Deutschland, ehelicht er seine zweite Frau Gabriele Ebermayer, mit der er einen Sohn zeugt. 1941 meldet Vegesack sich freiwillig als Wehrmachtsdolmetscher in den Osten, wo er als „Sonderführer“ auch in seine alte baltische Heimat kommt. Im letzten Kriegsjahr kehrt Vegesack wieder nach Weißenstein auf seinen Turm zurück. Gelegentlich von Vortragreisen unterbrochen, lebt er dort bis an sein Lebensende.

Wichtige Werke

Vegesack schreibt Gedichte, Theaterstücke, Übersetzungen und Romane. Mit Künstlern wie Alfred Kubin und Reinhold Koeppel verbinden ihn Freundschaften. 1925 erscheint sein erster Gedichtband Die kleine Welt vom Turm gesehen; es folgen die Komödie Der Mensch im Käfig (1926) sowie der Roman Das fressende Haus (1932), worin Vegesack u.a. die Instandsetzung des Turms erzählt. Die sozialen und ethischen Spannungen zwischen Adel und Volk einerseits, die Abhängigkeit des deutschen Adels von der russischen Regierung andererseits behandelt sein wohl wichtigstes Werk, die Romantrilogie Die Baltische Tragödie von 1936, mit den Teilen Blumbergshof (1935), Herren ohne Heer (1934) und Totentanz in Livland (1935). 1936 erscheinen dann der Roman Meerfeuer und die Tiergeschichte Der Spitzpudeldachs.

Die bedrückenden Verhältnisse, die er als Wehrmachtsdolmetscher im Osten beobachtet, veranlassen ihn zur Abfassung einer „Denkschrift“ (Als Dolmetscher im Osten, 1965), die ihm abermals Verfolgung durch das NS-Regime einträgt.  Neben weiteren Gedichtbänden (Das Unverlierbare, 1947; Mein Junge, 1948), Legenden (Das Weltgericht von Pisa, 1947), altlivländischen Idyllen bzw. Aufzeichnungen (Der Pastoratshase, 1958; Vorfahren und Nachkommen, 1960) veröffentlicht er nun Erzählungen und Reisebücher, die im Zuge seiner Südamerikareisen in den sechziger Jahren und davor entstehen: Zwischen Staub und Sternen (1947), Südamerikanisches Mosaik (1962) und den Roman Die Überfahrt (1967). 1967 gibt er das Buch Der Waldprophet – Geschichten aus dem Bayerischen Wald heraus.

Postum erscheint das erst 2019 entdeckte Romanmanuskript Nepomuk auf der Brücke als Erstveröffentlichung in der Reihe Weißensteiner Miniaturen (Bd. 6) der edition lichtung. Das Stadttheater in Reval/Tallin bringt am 14. August 2021 Vegesacks berühmtes Panorama einer versunkenen Kultur und Gesellschaft, die Romantrilogie Die Baltische Tragödie, als Balti tragöödia auf die Bühne (Regie: Karl Laumets). 

Stil / Rezeption

Der Rückzug aufs Land und in die Natur lässt Vegesack das unmittelbare Leben der Menschen seiner Umwelt, ihre Bräuche, Sagen und Legenden genauer studieren, was ihn nicht zuletzt zum meisterhaften Erzähler und Humoristen macht. Zwischen Menschen will er Brücken schlagen und er selbst hinauswachsen „in ein Europa, die Heimat aller Europäer“, wie es in einem Brief aus dem Jahr 1963 heißt.

Preise & Auszeichnungen

Vegesack erhält 1961 den Literaturpreis der Stiftung zur Förderung des Schrifttums, 1963 den Ostdeutschen Literaturpreis der Künstlergilde Esslingen und 1973 die Ehrengabe der Stiftung zur Förderung des Schrifttums.

Mitgliedschaften

Seit 1956 ist er Ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Dr. Peter Czoik

Sekundärliteratur:

Göttler, Hans (2004): Siegfried von Vegesack (20.3.1888 – 26.1.1974). Eine Balte im Bayerischen Wald. In: Schweiggert, Alfons; Macher, Hannes S. (Hg.): Autoren und Autorinnen in Bayern. 20. Jahrhundert. Bayerland Verlag, Dachau, S. 124f.

Hübner, Klaus (2021): Brücken bauen – mit Nepomuk. Siegfried von Vegesacks letzter Roman. In: Literatur in Bayern 146, S. 24f.

Kührt, Uta (2022): Nicht Deutscher und Lette, nicht Herr und Knecht. In: Blickwechsel. Magazin für deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa 10, Potsdam, S. 34-37.

Vegesack, Siegfried von. In: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, URL: http://www.munzinger.de/document/00000002975, (27.06.2012).


Externe Links:

Literatur von Siegfried von Vegesack im BVB

Literatur über Siegfried von Vegesack im BVB