Richard Ledermann
Der 1875 in Kaufbeuren im Allgäu geborene Gymnasiallehrer, Lokalhistoriker und Schriftsteller Richard Ledermann ist Verfasser von historischen Schriften, Theaterkritiken, Diözesan- und Heimatspielen, Bauernkomödien und Schelmenchroniken. Am 6. Dezember 1972 stirbt er in seinem Heimatort. Seine beiden Enkel sind die Schriftsteller Ulrich und Hans Magnus Enzensberger.
Werdegang
Richard Ledermann wird 1875 als jüngstes von vier Kindern in Kaufbeuren geboren. Zunächst ist er für die Übernahme des elterlichen Schuhmachergeschäfts vorgesehen, doch zeigt sich schon früh, dass er die geistigen Voraussetzungen für eine akademische Laufbahn mitbringt. Er besucht das Gymnasium Dillingen und studiert ab 1896 an der Universität München Lehramt für Gymnasien in den Studienfächern Deutsch, Geschichte und Erdkunde. 1900 wird er in Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. Seine Tätigkeit als Lehrer führt ihn nach Zweibrücken (1903-1910), Augsburg (1910-1917) und Nürnberg. Kurze Zeit wirkt er als Referent für das Realgymnasialwesen am Kultusministerium. Zuletzt ist er Konrektor der Oberrealschule in Ludwigshafen, bevor er 1938 in Pension geht.
Aus seiner Ehe mit Wally Ledermann gehen sechs Kinder hervor. Bis 1954 leben die Eheleute Ledermann in Bad Faulenbach bei Füssen. Nach dem Tod seiner Schwester Theres (1866-1954) kehrt Ledermann mit seiner Frau nach Kaufbeuren zurück und verbringt seinen Lebensabend im Elternhaus am Weiherweg, das aus zwei Haushälften besteht; sein Bruder Georg und dessen Frau bewohnen die andere Haushälfte. Der Schwester Theres Ledermann ist es auch zuzuschreiben, dass Kaufbeuren die Geburtsstadt von Hans Magnus Enzensberger ist, denn Richard Ledermanns Tochter Eleonore wollte 1929 ihr erstes Kind nicht in Nürnberg, sondern unter der Fürsorge ihrer Lieblingstante Theres in Kaufbeuren zur Welt bringen. Hans Magnus Enzensberger wirft im Kapitel „Ein unfaßbarer Großvater“ (in: Eine Handvoll Anekdoten, auch Opus incertum, 2018) einen recht kritischen Blick auf seinen Großvater Richard Ledermann:
M. sollte die Sommerferien in Ludwigshafen verbringen. Wo lag das überhaupt? In Bayern oder am Rhein? Es war der Großvater, der darauf bestanden hatte. Gegen ihn war nichts zu machen. Alles an ihm war ausladend, sein Appetit, seine Reden, seine Herrschsucht. Mit seiner Frau Walburga, genannt Wally, führte er einen jahrzehntelangen Ehekrieg, aus dem nebenbei sechs Kinder hervorgingen. […] Den herrlichen Titel eines Konrektors zu tragen, genügte dem Großvater nicht. In einem selbstverfaßten Familienalbum hat er Beweise dafür eingeklebt, daß er darüber hinaus noch als Theaterkritiker, Esperantist, Genealoge, Lokalhistoriker und Heraldiker tätig war.
Wichtige Werke (Auswahl)
Richard Ledermann ist neben seiner beruflichen Tätigkeit schriftstellerisch sehr produktiv. Von ihm stammen historische Schriften, wie die Monographien zur Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Kaufbeuren (1911), sowie Diözesan- und Heimatspiele, Bauernkomödien und Schelmenchroniken. Zu seinem Frühwerk gehört das Libretto zur 1905 im Stadttheater Kaiserslautern aufgeführten Operette Achilles. 1907 erfolgt die Aufführung seiner Kinderkomödie Die Reise ins Schlaraffenland im Kaufbeurer Stadttheater, die auch in einer französischen und tschechischen Fassung vorliegt. 1909 kommt seine Komödie König Bauer auf die Bühne des Kaufbeurer Stadttheaters. Zu den Diözesanspielen gehören die Würzburger Kilianslegende (1924) und die Ulrichslegende, die 1925 am Augsburger Stadttheater uraufgeführt wird. Das 1925 verfasste Heimatfestspiel Das Adlerschießen erlebt 1929 eine Freilichtaufführung in Schwäbisch Hall. 1936 erscheint Ledermanns poetisches Tagebuch Die Batschkareise. Im April 1944 veranstaltet Richard Ledermann im Stadtsaal Füssen einen Balladenabend, bei dem er u. a. aus seinen Stücken „Techtlmechtlberg“, „Die Lederhose“, Männerwallfahrt“ und „Gastspiel im Schluxen“ liest. 1950 legt er die Füssener Schelmenchronik vor, eine Sammlung heiterer Balladen. In seinen letzten Lebensjahren widmet sich der heimatverbundene Richard Ledermann vor allem der Geschichte des Kaufbeurer Tänzelfestes.
Preise & Auszeichnungen
Für die Kilianslegende (1924) erhält Richard Ledermann den Würzburger Literaturpreis.
Sekundärliteratur:
Ballis, Anja; Stefan, Dieter (2001): Die urbane Vielfalt – Kaufbeurer Literaturgeschichte in ihrer städtischen Verbundenheit. In: Kraus, Jürgen; Stefan Dieter (Hg.): Die Stadt Kaufbeuren, Band 2, Kunstgeschichte, Bürgerkultur und religiöses Leben, Band 2, Bauer Verlag, Thalhofen, S. 142-143.
Enzensberger, Hans Magnus: Eine Handvoll Anekdoten, auch Opus incertum, 2018, 54-57.
Kosch. Deutsches Literatur-Lexikon (1984), Carl Ludwig Lang (Hg.), 9. Band, 3. Auflage, Francke Verlag Bern und München, Sp. 1087.
Mader, Ernst T. (1994): Literarische Landschaft bayerisches Allgäu, Verlag an der Säge, Blöcktach, S. 80.
Externe Links:
Der 1875 in Kaufbeuren im Allgäu geborene Gymnasiallehrer, Lokalhistoriker und Schriftsteller Richard Ledermann ist Verfasser von historischen Schriften, Theaterkritiken, Diözesan- und Heimatspielen, Bauernkomödien und Schelmenchroniken. Am 6. Dezember 1972 stirbt er in seinem Heimatort. Seine beiden Enkel sind die Schriftsteller Ulrich und Hans Magnus Enzensberger.
Werdegang
Richard Ledermann wird 1875 als jüngstes von vier Kindern in Kaufbeuren geboren. Zunächst ist er für die Übernahme des elterlichen Schuhmachergeschäfts vorgesehen, doch zeigt sich schon früh, dass er die geistigen Voraussetzungen für eine akademische Laufbahn mitbringt. Er besucht das Gymnasium Dillingen und studiert ab 1896 an der Universität München Lehramt für Gymnasien in den Studienfächern Deutsch, Geschichte und Erdkunde. 1900 wird er in Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. Seine Tätigkeit als Lehrer führt ihn nach Zweibrücken (1903-1910), Augsburg (1910-1917) und Nürnberg. Kurze Zeit wirkt er als Referent für das Realgymnasialwesen am Kultusministerium. Zuletzt ist er Konrektor der Oberrealschule in Ludwigshafen, bevor er 1938 in Pension geht.
Aus seiner Ehe mit Wally Ledermann gehen sechs Kinder hervor. Bis 1954 leben die Eheleute Ledermann in Bad Faulenbach bei Füssen. Nach dem Tod seiner Schwester Theres (1866-1954) kehrt Ledermann mit seiner Frau nach Kaufbeuren zurück und verbringt seinen Lebensabend im Elternhaus am Weiherweg, das aus zwei Haushälften besteht; sein Bruder Georg und dessen Frau bewohnen die andere Haushälfte. Der Schwester Theres Ledermann ist es auch zuzuschreiben, dass Kaufbeuren die Geburtsstadt von Hans Magnus Enzensberger ist, denn Richard Ledermanns Tochter Eleonore wollte 1929 ihr erstes Kind nicht in Nürnberg, sondern unter der Fürsorge ihrer Lieblingstante Theres in Kaufbeuren zur Welt bringen. Hans Magnus Enzensberger wirft im Kapitel „Ein unfaßbarer Großvater“ (in: Eine Handvoll Anekdoten, auch Opus incertum, 2018) einen recht kritischen Blick auf seinen Großvater Richard Ledermann:
M. sollte die Sommerferien in Ludwigshafen verbringen. Wo lag das überhaupt? In Bayern oder am Rhein? Es war der Großvater, der darauf bestanden hatte. Gegen ihn war nichts zu machen. Alles an ihm war ausladend, sein Appetit, seine Reden, seine Herrschsucht. Mit seiner Frau Walburga, genannt Wally, führte er einen jahrzehntelangen Ehekrieg, aus dem nebenbei sechs Kinder hervorgingen. […] Den herrlichen Titel eines Konrektors zu tragen, genügte dem Großvater nicht. In einem selbstverfaßten Familienalbum hat er Beweise dafür eingeklebt, daß er darüber hinaus noch als Theaterkritiker, Esperantist, Genealoge, Lokalhistoriker und Heraldiker tätig war.
Wichtige Werke (Auswahl)
Richard Ledermann ist neben seiner beruflichen Tätigkeit schriftstellerisch sehr produktiv. Von ihm stammen historische Schriften, wie die Monographien zur Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Kaufbeuren (1911), sowie Diözesan- und Heimatspiele, Bauernkomödien und Schelmenchroniken. Zu seinem Frühwerk gehört das Libretto zur 1905 im Stadttheater Kaiserslautern aufgeführten Operette Achilles. 1907 erfolgt die Aufführung seiner Kinderkomödie Die Reise ins Schlaraffenland im Kaufbeurer Stadttheater, die auch in einer französischen und tschechischen Fassung vorliegt. 1909 kommt seine Komödie König Bauer auf die Bühne des Kaufbeurer Stadttheaters. Zu den Diözesanspielen gehören die Würzburger Kilianslegende (1924) und die Ulrichslegende, die 1925 am Augsburger Stadttheater uraufgeführt wird. Das 1925 verfasste Heimatfestspiel Das Adlerschießen erlebt 1929 eine Freilichtaufführung in Schwäbisch Hall. 1936 erscheint Ledermanns poetisches Tagebuch Die Batschkareise. Im April 1944 veranstaltet Richard Ledermann im Stadtsaal Füssen einen Balladenabend, bei dem er u. a. aus seinen Stücken „Techtlmechtlberg“, „Die Lederhose“, Männerwallfahrt“ und „Gastspiel im Schluxen“ liest. 1950 legt er die Füssener Schelmenchronik vor, eine Sammlung heiterer Balladen. In seinen letzten Lebensjahren widmet sich der heimatverbundene Richard Ledermann vor allem der Geschichte des Kaufbeurer Tänzelfestes.
Preise & Auszeichnungen
Für die Kilianslegende (1924) erhält Richard Ledermann den Würzburger Literaturpreis.
Ballis, Anja; Stefan, Dieter (2001): Die urbane Vielfalt – Kaufbeurer Literaturgeschichte in ihrer städtischen Verbundenheit. In: Kraus, Jürgen; Stefan Dieter (Hg.): Die Stadt Kaufbeuren, Band 2, Kunstgeschichte, Bürgerkultur und religiöses Leben, Band 2, Bauer Verlag, Thalhofen, S. 142-143.
Enzensberger, Hans Magnus: Eine Handvoll Anekdoten, auch Opus incertum, 2018, 54-57.
Kosch. Deutsches Literatur-Lexikon (1984), Carl Ludwig Lang (Hg.), 9. Band, 3. Auflage, Francke Verlag Bern und München, Sp. 1087.
Mader, Ernst T. (1994): Literarische Landschaft bayerisches Allgäu, Verlag an der Säge, Blöcktach, S. 80.