Friedrich Hebbel über München III

Als heiteres Nachspiel schließt sich an die Cholera der Schäfflertanz. Die Schäfflergesellen durchziehen in rothen Fracks, schwarz-manchesternen Hosen, weißen Strümpfen und Schuhen, Guirlanden in den Händen, zwei Hanswürste und ein Musik-Chor an der Spitze, die Stadt und führen vor den Wohnungen der Honoratioren sowie vor Brauhäusern und Weinschenken einen abentheuerlichen Tanz auf. Dieß ist eine Volkslustbarkeit, die nur jedes siebente Jahr statt hat ... Der Schäfflertanz ist ehemals wohl anders gewesen, frischer, heller, freudiger; jetzt tanzen vernünftige Leute mit ernsthaften Gesichtern, wie man auf dem Theater tanzen sieht, nämlich für Geld; Hanswurst ist ein tristes, ja schauerliches Gespenst, das sich aus der Gruft heraufgestohlen und nichts als sein altes, buntes Narrenkleid mitgebracht hat, das Ganze ein nachgemachtes Feuer, an dem man sich nicht erwärmen kann.

Friedrich Hebbel, Schäfflertanz, 1836-1839 (Zit. aus: Friedrich Hebbel: Der Schäfflertanz. In: Friedrich Hebbel: Sämtliche Werke. Hg. v. Richard Maria Werner. Erste Abt. Bd. 9: Vermischte Schriften I. 1830-1840. Berlin 1913. In: Hans-Rüdiger Schwab (Hg.): München. Dichter sehen eine Stadt. Stuttgart 1990, S. 72f.)

 

Friedrich Hebbel (1813-1863), deutscher Schriftsteller; Aufenthalt in München: 1836 bis 1839

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek