Ebenhausen

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Ebenhausen im Isartal (Foto: Privatbesitz)

November 1901
Sonntag Abend

Mit ihm im Puppentheater in Ebenhausen. Es war eine Seelenerschütterung das Kind zu sehen, wie seine großen schwarzen Augen allem folgten – wie er vor Schrecken zusammenfuhr und nach meiner Hand griff, als der Casperl kam. –  Schrecken vor der menschlichen Karikatur – der Ritter macht ihm keine Angst. Dann ließ er meine Hand nicht lose, er war noch nie so anschmiegend. – Als der Engel in rotem Licht zu Genoveva herunterkam: sagte er, „solches war ich auch“ . Da hätte ich am liebsten vor ihm gekniet.

(Tagebücher, S. 244f)

Durch die Liebe zu ihrem Sohn kommt Franziska zu Reventlow ihrer eigenen Kindheit wieder näher, scheint etwas nachholen zu wollen, was sie selbst entbehrt hat. Sie ist eine in jeder Beziehung ungewöhnliche Mutter, die sich tief in die kindliche Seele hineinversetzt – ganz anders als ihre eigene Mutter. Sowohl in Tagebucheintragungen als auch in Briefen klagt Franziska zu Reventlow, Mutterliebe nie kennen gelernt zu haben. Sie hingegen liebt ihren Sohn überschwänglich, will alles, was sie mit ihm erlebt, festhalten. In ihrem Tagebuch schildert sie viele gemeinsame Erlebnisse, darunter auch den Besuch des Puppentheaters in Ebenhausen im Isartal. Bereits am 7. Oktober 1897 notiert sie den Vorsatz: „Du Göttliches, ich will dir schon eine sonnige Kindheit schaffen und dir alles geben, was ich noch an Lebensfreude hab. Wenn die ganze Welt noch so gemein ist.“

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Gunna Wendt