Zacharias Papantoniou über München III

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Löwenbräukeller, um 1907 (Monacensia München)

Es fällt schwer, sich das Hofbräuhaus oder den Löwenbräukeller vorzustellen, wenn man sie nicht gesehen hat, diese großen Gewölbe, wo zweitausend Deutsche auf einem Haufen aus den größten Gläsern der Welt ihr Bier trinken. Alle gemeinsam vereint im Biergenuss, so wie man im Patriotismus, in den Ansichten oder einer anderen geselligen Tätigkeit verbunden ist. Der Deutsche kann nicht alleine trinken. Er muss spüren, dass mehrere Hundert andere Deutsche neben ihm trinken. Er muss sehen, wie andere Gläser ruhig gehoben und wieder abgesetzt werden und wie in die Gesichter ringsum Farbe kommt. Das Trinken ist für dieses gesellige Volk eine Art Sozialarbeit. Dafür sind die Brauhäuser zuständig, die Hauptmerkmale von München. Eines Sonntags abends bin auch ich ins Hofbräuhaus gegangen. Es war mir fast unmöglich, die Hitze dort drin auszuhalten, dieses feurige Brennen, das all die leuchtenden Gesichter ausstrahlten. Doch auf seinen drei Stockwerken versammelte dieses gewaltige Gewölbe Tausende von Menschen, die alle die Welt draußen vollständig vergessen hatten. Keiner in der Menge war nüchtern und keiner wirklich betrunken.

Zacharias Papantoniou, 1934 (Zit. aus: Zacharias Papantoniou: Otto und die romantische Dynastie. Aus dem Griechischen von Sabina Moser. Athen 1934, S. 135f.)

 

Zacharias Papantoniou (1877-1940), griechischer Dichter, Maler und Journalist; Aufenthalt in München: 1913

Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek