Gustav Landauer in Bayern

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Gustav Landauer (rechts) mit Familie, ca. 1918

Gustav Landauer kommt am 7. April 1870 als dritter und jüngster Sohn des jüdischen Kaufmanns Hermann Landauer und seiner Frau Rosa in Karlsruhe zur Welt. Schon in jungen Jahren gilt seine ganze Leidenschaft der Literatur. Er liest deutsche Klassiker und philosophische Schriften und versucht sich bereits als Schüler selbst im Schreiben. Nach dem Abitur studiert er Neuere Philologie und Philosophie in Heidelberg, Straßburg und Berlin. Mit 19 Jahren lernt er in Berlin den mehr als doppelt so alten Schriftsteller Fritz Mauthner kennen, mit dem ihn eine jahrzehntelange Freundschaft verbinden wird. 1891 erscheint in Mauthners Magazin für Litteratur [sic!] Landauers Novelle Ein Knabenleben. Zwei Jahre später folgt Der Todesprediger, sein einziger Roman. Auch in den folgenden Jahren bleibt Landauer als Schriftsteller sehr produktiv. Zugleich engagiert er sich in der Berliner Arbeiterbewegung und wird deswegen von der Politischen Polizei Preußens scharf überwacht. Drei Mal kommt er als Redakteur der Zeitschrift Der Sozialist sogar ins Gefängnis.

Als Gustav Landauer 1892 die Schneiderin Grete Leuschner kennenlernt, möchte er sie sofort heiraten. Doch die Eheschließung scheitert zunächst an der Einwilligung seines Vaters. Erst zwei Jahre später kann die Heirat stattfinden. Zu diesem Zeitpunkt sind Gustav Landauer und Grete Leuschner bereits Eltern geworden, ihre erste Tochter Charlotte ist am 5. Januar 1894 zur Welt gekommen. Das zweite Kind, Marianne, wird am 19. Mai 1896 geboren, es stirbt jedoch im Alter von zwei Jahren. Nach dieser Tragödie steht die Ehe vor dem Aus.

In dieser Lebenskrise lernt Landauer drei Menschen kennen, die in seinem weiteren Leben eine bedeutende Rolle spielen: In der Neuen Gemeinschaft der Brüder Hart knüpft er Freundschaft mit dem Religionsphilosophen Martin Buber und dem Dichter Erich Mühsam. Und bei einer Veranstaltung des „Dichterfürsten“ Richard Dehmel begegnet er der Lyrikerin und Sprachlehrerin Hedwig Lachmann, die ihn auf Anhieb in ihren Bann zieht. Zwei Jahre muss er um sie werben, bis sie in eine Beziehung mit ihm einwilligt. Am 15. August 1902 wird die gemeinsame Tochter Gudula geboren. Heiraten können Gustav Landauer und Hedwig Lachmann aber erst im März 1903, nachdem die erste Ehe geschieden wurde. Am 10. April 1906 kommt ihre jüngste Tochter Brigitte zur Welt.

Ihren Lebensunterhalt bestreiten Gustav Landauer und Hedwig Lachmann in dieser Zeit hauptsächlich mit Übersetzungsarbeiten. Doch immer wieder muss sich Landauer auch nach anderen Einnahmequellen umsehen, sei es als Buchhändler, Autor, Vortragsredner oder Theaterkritiker. 1908 kehrt er nach jahrelanger Abstinenz zur politischen Agitation zurück und gründet mit Martin Buber, Erich Mühsam und anderen Gleichgesinnten den Sozialistischen Bund.

Im Mai 1917 zieht Gustav Landauer mit seiner Familie von Berlin nach Bayern. Nur zwei Jahre bleiben ihm von da an noch zu leben. Dieser letzte Lebensabschnitt ist von dramatischen Ereignissen gekennzeichnet und endet mit Landauers brutaler Ermordung.

Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek / Rita Steininger

Sekundärliteratur:

Christen, Theophil (1919): Aus den Münchener Revolutionstagen. Buchdruckerei des Schweizerischen Grütlivereins, Zürich.

Kellerhoff, Sven-Felix: „Wollen Sie mich nicht verhören?“ – „Nein, erschießen!“ In: Die Welt, 02.04.2019. URL: https://www.welt.de/geschichte/article191224543/Gustav-Landauer-Wollen-Sie-mich-nicht-verhoeren-Nein-erschiessen.html, (14.05.2020).

Leder, Tilman; Wolf, Siegbert (Hg.) (2014): Die Politik eines „Antipolitikers“. Eine politische Biographie Gustav Landauers. 2 Bde. Verlag Edition AV, Lich.

Linse, Ulrich (1974): Gustav Landauer und die Revolutionszeit 1819-1919. Karin Kramer Verlag, Berlin.

Mendes-Flohr, Paul; Mali, Anya (Hg.) (2014): Gustav Landauer: Anarchist and Jew. De Gruyter, Oldenbourg.

Seemann, Birgit (2012): „Mit den Besiegten“. Hedwig Lachmann (1865-1918) – deutsch-jüdische Schriftstellerin und Antimilitaristin. Hg. von Siegbert Wolf. Edition AV, Lich.

Steininger, Rita (2020): Gustav Landauer. Ein Kämpfer für Freiheit und Menschlichkeit. Volk Verlag, München.

Viesel, Hansjörg (1980): Literaten an der Wand. Die Münchner Räterepublik und die Schriftsteller. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt/M.

Walz, Annegret (1993): „Ich will ja gar nicht auf der logischen Höhe meiner Zeit stehen“. Hedwig Lachmann. Eine Biographie. Edition Die Schnecke, Flacht.

Quellen:

Martin Buber; Ina Britschgi-Schimmer (Hg.): Gustav Landauer. Sein Lebensgang in Briefen. 2 Bde. Verlag Rütten und Loening, Frankfurt am Main 1929.

Brigitte Landauer an Gustav Landauer, 6.4.1919, 8.4.1919.

Charlotte Landauer an Gustav Landauer, 6.4.1919, 7.4.1919, 9.4.1919, 10.4.1919, 12.4.1919, 14.4.1919.

Gudula Landauer an Gustav Landauer, 1.4.1919, 6.4.1919, 8.4.1919.

Unveröffentlichte Briefe, Privatsammlung Herbert Auer, Krumbach.

Der Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde München an den Stadtrat München, z. Hd. des Herrn Rechtsrats Hörburger, 27.6.1933. Stadtarchiv München, Akte BUR-1659-3

Siegbert Wolf (Hg.): Gustav Landauer. Ausgewählte Schriften. Bd. 4: Nation, Krieg und Revolution. Edition AV, Lich 2014.