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Starnberg, Druck nach einem Holzschnitt ca. 1875. Aus: Unser Vaterland. In Wort und Bild, 1. Bd.: Schmid, Hermann: "Wanderungen im Bayerischen Gebirge und Salzkammergut" (Bayerische Staatsbibliothek/Porträtsammlung)

Starnberg, Seepromenade 5

1923, im letzten Jahr der deutschen Inflation (1914-1923), kommt Oskar Maria Graf mit dem Zug von München in Starnberg an. Zwei Stimmungsbilder zeichnet der Dichter vom Starnberger See. Die eine ist bedrückend, melancholisch („grämlicher Nebel“), die andere mutet heiter an wie von einer Kitschpostkarte („heller, heiterer Sommertag“):

In Starnberg stieg ich aus dem Münchener Zug, ging zum Landungssteg und fuhr mit dem Dampfschiff über den See. Die auseinanderfallenden Wellen am Bug schäumten weiß. Die bewegte Wasserfläche lag graublau da. Ein grämlicher Nebel lastete auf ihr und verhüllte die umliegenden Ufer. Oder es war ein heller, heiterer Sommertag. Dann glänzte die spiegelglatte Wasserfläche blaugrün. Die ewig junge Sonne strahlte im hohen, klaren Himmel. Die saftgrünen Uferhänge mit den stillen Dörfern und den vielen Herrschaftssitzen lächelten friedlich, und in der Ferne zackten sich die leicht umdunsteten, blauen Berge.

(Oskar Maria Graf: Das Leben meiner Mutter. Werkausgabe in 16 Bänden. Hg. von Wilfried F. Schoeller. Bd. 1-13. List Verlag, München/Leipzig 1994, Bd. 5, S. 573)

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Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Peter Czoik