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Gasthof Herzog Maximilian (Schild) mit Pfarrkirche St. Ägidius, Gmund. Foto: Peter Czoik (TELITO)

Gasse 8: Oberpartenhauser-Hof

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Foto: Peter Czoik (TELITO)

Der Name Partenhausen dürfte von lat. ‚porta‘ (Pforte) kommen und bedeutet demnach „Pfortenhausen“. Ob die Ansiedlung schon damals an der heutigen Stelle in der Gasse lag, ist nicht sicher. 1250 ist Partenhausen mit zwei großen Höfen erwähnt. (vgl. Gemeinden, S. 10) Bis ca. 1454 gehörten der Oberpartenhauser- und der Unterpartenhauserhof als Eigentum des Klosters Tegernsee zusammen. Danach wurde er von der Familie Partenhauser bewirtschaftet, bis 1591 eine Tochter die Ehe mit einem Sohn der Familie Gschwandner einging. 1685 übernahm Kaspar Raab den Hof, 1876 kaufte ihn Florian Weiß. 1886 wurde der Hof abgerissen und wieder aufgebaut. 1954 erfolgte die Übergabe an Marinus und Anna Weinmayr, der Nichte von Florian Weiß. In den 1960er-Jahren wurden Wohnhäuser neu- bzw. angebaut. Seit 2007 wird der Hof von Johann Marinus Stückler bewirtschaftet.

Die Dichterin Anny Schaefer weilte seit ihrer Jugend in Gmund bei der Familie Pauli in der ehemaligen Neumühle. Ihre Freundin war die Tochter des Gasthofwirts Max Obermayr (1821-1898), Therese, verh. Kray (1860-1915). Während des Zweiten Weltkriegs kam Anny Schaefer bei Florian Weiß und seiner Schwester Marie im Oberpartenhauser-Hof unter. (vgl. Gemeinden, S. 78)

Literarisches Zeugnis: Anny Schaefer (1859-1952)

Die in Diez an der Lahn geborene Tochter eines Schiffsbauers Anna Maria Stumm alias Anny Schaefer besuchte in Köln die Schule und zog 1872 nach Gmund, wo der Vater die Sägewerke einer Kölner Firma verwaltete. Neun glückliche Jahre verbrachte sie am Tegernsee, bis der Tod des Vaters 1881 die Rückkehr der Familie in die alte Heimat nahelegte.

Am letzten Tag vor der Abreise begegnete Anny Schaefer vor dem Gasthof Herzog Maximilian dem prominenten Dichter Karl Stieler (1842-1885), der ihre Berufung zur Dichterin erkennt. Auf der Zugfahrt nach Diez lernte sie ihren späteren Ehemann Dr. jur. Carl Schaefer kennen, mit dem sie seit 1882 in München lebte, wo dieser – wie auch Stieler – im Bayerischen Staatsarchiv beschäftigt war.

Anny Schaefer galt in München als Pionierin des Damenradfahrens. Bereits 1888 ging sie mit ihrem Mann auf Tandem-Touren. Das Ehepaar wurde Mitglied der literarischen Vereinigung „Orion“ und trug Gedichte zur Veröffentlichung des Vereins bei. Anny Schaefer verfasste darüber hinaus Dialektgedichte, die 1891 u.d.T. Aus die boarisch’n Berg erschienen. Bereits 1890 schrieb sie ihr erstes Theaterstück Bauernliab, das später als Volksoper von Hans Kößler vertont und in Straßburg uraufgeführt wurde.

Mit der Bauernkomödie Zimmer-Vestl feierte Anny Schaefer ihren größten Erfolg als Theaterschriftstellerin. Das Stück spielte in Berlin drei Wochen lang vor vollem Haus. Doch wie Anny Schaefer in ihrer autobiographischen Skizze Mein Dornenweg als Volksdichterin vermerkt, trugen solche Erfolge wenig zum Einkommen bei, sah sie sich als Frau doch zeitlebens der Profitgier und dem Intrigenspiel von Verlegern ausgeliefert.

Sie gehörte einem losen Verband von Münchner Dialektdichtern, wie z.B. Peter AuzingerAloys DreyerFritz DruckseisWilhelm DuschMax Hofmann oder Sepp Mitterer an. Neben der niederbayerischen Dialektdichterin Elise Beck war sie die einzige Autorin in diesem Kreis.

Einige Jahre nach ihrer Scheidung 1905 schrieb sie wieder Theaterstücke. Zu ihrem Schaffen gehören auch zahlreiche Prosaschriften, u.a. Reisebeschreibungen, die sie in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichte. Über Jahrzehnte hinweg war Anny Schaefer als angesehene Opern- und Theater-Rezensentin für Zeitungen im In- und Ausland tätig.

Ein Leben lang hielt sie Verbindung mit ihrer zweiten Heimat, Gmund und dem Tegernsee. So verfasste sie 1904 ein Schlusswort zu einem Gedenkbüchlein für Max Obermayr. Auch als sie 1943 ihre Münchner Wohnung kriegsbedingt verlassen musste, schlüpfte sie in Gmund unter, wo sie noch ihren 90. Geburtstag feierte. Auf dem hiesigen Kirchhof wurde sie begraben.

Anny Schaefer: Aus die boarisch’n Berg. Gedichte in oberbayerischer Mundart. Mit Ill. von W. Graf Bülow von Dennewitz. Kunst- und Verlags-Anstalt Dr. E. Albert & Co., München 1891 

In ihrem Vorwort zum Gedichtband Aus die boarisch’n Berg schreibt Anny Schaefer: „Das, was ich den verehrten Lesern in diesem Büchlein biete, ist Selbsterfahrenes, Selbstdurchlebtes, Mitempfundenes. Nicht etwa ausschließlich auf eine schlagende Witzpointe legte ich den Hauptwerth meiner Dichtung, es war vielmehr darum zu thun, den Bewohner des Tegernsee’s in seiner Urwüchsigkeit treffend zu schildern, ein möglichst getreues Bild seiner Eigenart, seine eigenthümliche Auffassungsgabe, Denk- und Gefühlsweise wiederzugeben.“ (Schaefer, S. V)

D’ Kaltenbrunn.

Gar nirgends auf der ganzen Welt
Da unter’m großen Himmiszelt,
Koa Platzerl wißt i’ umadum,
Dös waar’ so schön, als z’ Kaltenbrunn.
Dö Berg’ großmächti’ um ’n See,
Wo ’s Gamsei geit, Hirsch und aa Reh,
’S G’wölk ziagt staadi drüber ’naus,
Grad wie a Schutzdach, so siehgt ’s aus.
Da liegt so friadli’ da der See,
Hoch auf die Berg hat ’s no’ an Schnee,
Und ’s frischi Grea’ herunt’ im Thal –
A Blüah’n und Wintern auf amal.
Da waaht so fei’ von d’ Berg der Wind,
Daß d’ Wasserln kräuseln si’ ganz lind,
Und d’ Sunna blitzt in Farbenpracht –
Herrgott, wia mir mei’ Herz da lacht!
Von Gmund, da hall’n d’ Glocken rei’,
Ganz heili’ überkimmt ’s Di’ fei’ –
Als Mensch, wia kloa’ i’ dader steh’
Z’ Kaltenbrunn am Tegernsee.

(Schaefer, S. 44f.)

 


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Verfasst von: TELITO / Dr. Peter Czoik

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