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Franziska zu Reventlow 1905 © Münchner Stadtmuseum, Fotomuseum

Ainmillerstr. 5: Wohnung Nr. 9

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Gedenktafel Rilke, Ainmillerstraße 5, 2021. Foto: Adelheid Schmidt-Thomé

Die zweite Hälfte des Jahres 1900 verbringen die beiden Reventlows mit dem Geologen Albert Hentschel (1870-1928) auf Samos. Hier beginnt Franziska mit der Arbeit am autobiographischen Roman Ellen Olestjerne. Im Januar 1901 muss sie ihrem Lektor Korfiz Holm beichten, dass sie kein fertiges Manuskript mitgebracht hat. Sie tischt ihm eine wilde Räuberpistole auf: Das Manuskript sei mit einem geladenen Revolver im Gepäck gewesen, der sich bei der Kontrolle am Zoll entladen habe. Deshalb habe sie den Koffer in Italien lassen müssen. Holm glaubt ihr nicht, die Angelegenheit stellt sich später doch als weitgehend wahr heraus. 1917 wird daraus die Erzählung Das feindliche Gepäck.

Zwei Jahre lang schreibt Franziska zu Reventlow am Roman, muss dabei die schmerzhaften Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend wiedererleben und verarbeiten. Viel Zeit verbringt sie in Schreibklausur auf dem Land, in Wildenroth am Chiemsee, in Lenggries und Kloster Schäftlarn. Eine große Unterstützung ist dabei Ludwig Klages. In den Briefen aus Samos berichtet sie ihm von der Arbeit, fragt um Rat, bittet um Material. Sein intellektueller Einfluss ist groß und er treibt sie immer wieder an, sich durch die inneren Widerstände zu kämpfen. Wenn er sie besuchen kommt, arbeiten sie gemeinsam:

Abends Klages. – Den nächsten Morgen und Nachmittag ihm Roman vorgelesen. Steine, Zentner und Mühlräder, daß er es gut fand. – Hochgespannte Stimmung, hätte in einem Zug das ganze Buch zu Ende schreiben mögen. (11. Oktober 1901 Tagebuch, S. 234)

Cover von Ellen Olestjerne © Münchner Stadtbibliothek

Nur die abschließende redigierende Arbeit möchte sie alleine erledigen. Im Sommer 1902 ist das Manuskript fertig, damit wird die Beziehung zu Klages unpersönlicher. Ein Kontakt aber bleibt bestehen, 1904 wird Klages Vormund für Rolf und bleibt es bis zu dessen Volljährigkeit.

1903 erscheint Ellen OlestjerneRainer Maria Rilke verfasst für die Zeitschrift Zukunft eine Rezension: „Ich finde, daß Ihr Leben eins von denen ist, die erzählt werden müssen, und ich glaube, daß man es vor allem jungen Menschen erzählen muß, [...], die das Leben anfangen wollen und nicht wissen wie“. (zit. n. Wendt, S. 214) Reventlow selbst hält den Roman für sentimental, im Tagebuch schreibt sie: „Lese meinen Roman und finde ihn doch eigentlich greulich.“ (S. 316) Später aber reflektiert sie noch einmal über ihr darin beschriebenes Leben und lässt die Verfasserin der Briefe in Von Paul zu Pedro schreiben:

Manchmal finde ich es verzweifelt unbequem, einen schlechten Ruf zu haben. [...] ich würde heute jedem blutjungen Mädel, das leben und kompromittieren verwechselt, aufs dringendste raten, seinen Ruf zu wahren, bis es [...] eine feste Position hat. (S. 22f.)

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Verfasst von: Monacensia im Hildebrandhaus / Adelheid Schmidt-Thomé