Lehel, Prinzregentenstraße 50
Im Inflationsjahr 1923 gab es im Haus Poschingerstraße 1 eine Reihe von „kleinen Festen und Tanzereien“25; eine davon wird in Unordnung und frühes Leid geschildert.26 Bei einem Faschingsfest wurde Thomas Mann damals von Erika dazu aufgefordert, als „Zauberer“ verkleidet zu erscheinen27; der Spitzname „Zauberer“ für Thomas Mann war eine folgerichtige Erfindung Erika Manns. Damals lernten Erika und Klaus Mann auch Pamela Wedekind (1906-1986) kennen, die mit ihrer Mutter Tilly (1886-1970), der Witwe des Dramatikers Frank Wedekind (1864-1918), und ihrer Schwester Kadidja (1911-1994) im Haus Prinzregentenstraße 50/III wohnte.28 Während sich Klaus Mann kurz darauf mit Pamela Wedekind verlobte, spann auch Erika Mann zarte Liebesbande zu der ihr in so vielem ähnlichen Dichtertochter.
Als Entgegnung auf die Familiennovelle des Vaters schrieb der 20-jährige Klaus Mann übrigens eine Kindernovelle (1926), worin Erika, er selbst und die beiden jüngeren Geschwister als „Renate, Heiner, Fridolin und Lieschen“29 vorkommen, ihre Mutter, „Frau Christiane“30, aber aus Katia Mann und der Dichterwitwe Tilly Wedekind kombiniert wird. Unter der Totenmaske des Gatten (mit der Frank Wedekinds Totenmaske im Arbeitszimmer der Wohnung Prinzregentenstraße 50/III gemeint sein dürfte)31 zeugt sie mit einem jungen Hausfreund ihr fünftes Kind.32 Renate nimmt am Ende über die Totenmaske mit ihrem Vater Kontakt auf:
Aber Renate schaute plötzlich auf die Maske des Vaters, die leuchtend weiß vor dem schwarzen Samt über dem Bett der Wöchnerin hing. Des Vaters Gesicht war unverändert. Seine strenge, träumende Stirn war so ruhig wie sonst, im Blick war nicht der Hauch einer Trauer zu finden. – Noch niemals hatte Renate gewußt, daß sie des Vaters Gesicht so sehr, so über die Maßen liebte.33
An dieser Stelle dürften die literarische Figur Renate und ihr konkretes Vorbild, Erika Mann, ganz ähnlich empfunden haben.
[26] Vgl. Anm. 22 sowie Dirk Heißerer, „Der 'Lieder-Möller'. Zu einer Figur in Unordnung und frühes Leid“, in: ders. (Hrsg.)., Thomas Mann in München IV. Vortragsreihe Sommer 2006, München 2008 (Thomas-Mann-Schriftenreihe, Bd. 7), S. 155-182.
[27] Erika Mann, Mein Vater Thomas Mann, S. 20f.
[28] Vgl. Klaus Mann, Kind dieser Zeit, S.166-170.
[29] Klaus Mann, Kindernovelle. (1926), München / Frankfurt a. M. 1986, S. 8.
[30] Ebd., S. 7.
[31] Vgl. Klaus Mann, Kind dieser Zeit, S.166.
[32] Die englische Übersetzung der Kindernovelle von Lambert Armour Shears erschien 1927 in New York bei Boni & Liveright, Inc. unter dem Titel The Fifth Child.
[33] Klaus Mann, Kindernovelle, S. 106.
Im Inflationsjahr 1923 gab es im Haus Poschingerstraße 1 eine Reihe von „kleinen Festen und Tanzereien“25; eine davon wird in Unordnung und frühes Leid geschildert.26 Bei einem Faschingsfest wurde Thomas Mann damals von Erika dazu aufgefordert, als „Zauberer“ verkleidet zu erscheinen27; der Spitzname „Zauberer“ für Thomas Mann war eine folgerichtige Erfindung Erika Manns. Damals lernten Erika und Klaus Mann auch Pamela Wedekind (1906-1986) kennen, die mit ihrer Mutter Tilly (1886-1970), der Witwe des Dramatikers Frank Wedekind (1864-1918), und ihrer Schwester Kadidja (1911-1994) im Haus Prinzregentenstraße 50/III wohnte.28 Während sich Klaus Mann kurz darauf mit Pamela Wedekind verlobte, spann auch Erika Mann zarte Liebesbande zu der ihr in so vielem ähnlichen Dichtertochter.
Als Entgegnung auf die Familiennovelle des Vaters schrieb der 20-jährige Klaus Mann übrigens eine Kindernovelle (1926), worin Erika, er selbst und die beiden jüngeren Geschwister als „Renate, Heiner, Fridolin und Lieschen“29 vorkommen, ihre Mutter, „Frau Christiane“30, aber aus Katia Mann und der Dichterwitwe Tilly Wedekind kombiniert wird. Unter der Totenmaske des Gatten (mit der Frank Wedekinds Totenmaske im Arbeitszimmer der Wohnung Prinzregentenstraße 50/III gemeint sein dürfte)31 zeugt sie mit einem jungen Hausfreund ihr fünftes Kind.32 Renate nimmt am Ende über die Totenmaske mit ihrem Vater Kontakt auf:
Aber Renate schaute plötzlich auf die Maske des Vaters, die leuchtend weiß vor dem schwarzen Samt über dem Bett der Wöchnerin hing. Des Vaters Gesicht war unverändert. Seine strenge, träumende Stirn war so ruhig wie sonst, im Blick war nicht der Hauch einer Trauer zu finden. – Noch niemals hatte Renate gewußt, daß sie des Vaters Gesicht so sehr, so über die Maßen liebte.33
An dieser Stelle dürften die literarische Figur Renate und ihr konkretes Vorbild, Erika Mann, ganz ähnlich empfunden haben.
[26] Vgl. Anm. 22 sowie Dirk Heißerer, „Der 'Lieder-Möller'. Zu einer Figur in Unordnung und frühes Leid“, in: ders. (Hrsg.)., Thomas Mann in München IV. Vortragsreihe Sommer 2006, München 2008 (Thomas-Mann-Schriftenreihe, Bd. 7), S. 155-182.
[27] Erika Mann, Mein Vater Thomas Mann, S. 20f.
[28] Vgl. Klaus Mann, Kind dieser Zeit, S.166-170.
[29] Klaus Mann, Kindernovelle. (1926), München / Frankfurt a. M. 1986, S. 8.
[30] Ebd., S. 7.
[31] Vgl. Klaus Mann, Kind dieser Zeit, S.166.
[32] Die englische Übersetzung der Kindernovelle von Lambert Armour Shears erschien 1927 in New York bei Boni & Liveright, Inc. unter dem Titel The Fifth Child.
[33] Klaus Mann, Kindernovelle, S. 106.
