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15.05.2014, 14:04 Uhr
Frank Piontek
Jean-Paul-Reihe
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Jean Paul selbst nannte seinen Debütroman eine „geborne Ruine“: Frank Piontek liest „Die unsichtbare Loge“ von Jean Paul, Tag für Tag, von der ersten bis zur letzten Seite, und bloggt darüber.

Logen-Blog [411]: Rundreise von Schwarzenbach über Berlin und München zurück nach Schwarzenbach

Man kann in wenigen Augenblicken eine Rundreise von Schwarzenbach über Berlin und München zurück nach Schwarzenbach machen – nämlich so:

In der zweiten Vorrede zur Unsichtbaren Loge werden die preußischen Könige erwähnt:

Glücklicherweise hat sich freilich seitdem – seit dem eingegangnen Predigtamte Lichtenbergs und anderer Prosaisten – sehr vieles und zwar zum wahren Vorteile der Dichter geändert. Menschenstudien vorzüglich werden ihnen von Kunstverständigen und Leihlesern willig erlassen, weil man dafür desto mehr im Romantischen von ihnen erwartet und fodert. Daher sind sogenannte Charaktere – wie etwa die vorkömmlichen bei Goethe, oder gar bei Shakespeare, ja wie nur bei Lessing – gerade das, wodurch sich die neueren Roman- und Drama-Dichter am wenigsten charakterisieren, sondern es ist ihnen genug – sobald nur sonst gehörige Romantik da ist –, wenn die Charaktere bloß so halb und halb etwa etwas vorstellen, im ganzen aber nichts bedeuten. Ihre Charaktere oder Menschen-Abbilder sind gute Konditor- oder Zuckergebilde und fallen, wie alle Kandis- und Marzipanmänner, sehr unähnlich, ja unförmlich, aber desto süßer aus und zerlaufen mild auf der Zunge. Ihre gezeichneten Köpfe sind gleichsam die Papierzeichen dieser höhern Papiermüller und bedürfen keiner größern Ähnlichkeit mit den Urbildern als die Köpfe der Könige von Preußen und Sachsen auf dem preußischen und sächsischen Konzept-Papiere, die und deren Unähnlichkeit man erst sieht, wenn man einen Bogen gegen das Licht hält.

Der berühmt-berüchtigtste dieser Könige wurde von Jean Paul als „Koloss und Riese“ bezeichnet: „noch unter keiner Krone war ein solcher Kopf und unter keinem Sterne schlug ein solches Herz“, schrieb Jean Paul unter dem Eindruck der Kunde des Todes Friedrichs II. an den Aktuar Vogel nach Schwarzenbach. In Schwarzenbach schrieb Jean Paul die Unsichtbare Loge. Die Unsichtbare Loge wurde von einem Autor geschrieben, der in München von König Maximilian empfangen wurde. Die Sitzfigur König Maximilians wurde von Christian Daniel Rauch geschaffen.

Christian Daniel Rauch schuf auch das Denkmal Friedrichs II., das Unter den Linden in Berlin steht.

In Berlin wohnte der Dichter im Jahre 1800 an der Schlossfreiheit.Von der Schlossfreiheit aus reiste er nach Potsdam, wo er die Königin Luise traf. Königin Luise wurde von Christian Daniel Rauch verewigt. Christian Daniel Rauch schuf auch das Denkmal des Königs, der Jean Paul in München empfangen hatte. Jean Paul schrieb im folgenden Jahr die zweite Vorrede zur Unsichtbaren Loge. In der Vorrede zur Unsichtbaren Loge erwähnte er die Könige von Preußen und Lichtenberg, der einen berühmten Satz über Jean Paul geschrieben hatte.

Von Lichtenberg können wir im Moment einen anderen Satz auf der Baustelle Unter den Linden lesen.

Ein anderer der Sprüche, die auf der Baustelle Unter den Linden zu sehen sind – ein Satz von Michail Schischkin – diente noch jedem großen Autor zur Maxime. Einer dieser großen Autoren ist Jean Paul. Jean Paul schrieb die Unsichtbare Loge. In der zweiten Vorrede zur Unsichtbaren Loge werden die preußischen Könige erwähnt …

Fotos: Frank Piontek, 11.5. 2014