Horst-Bienek-Preis für Lyrik an Judith Herzberg und Ronya Othmann

Der Horst-Bienek-Preis für Lyrik 2022 geht an Judith Herzberg. Den Horst-Bienek-Förderpreis für Lyrik erhält Ronya Othmann. Beide Preise werden am Dienstag, den 13. Dezember 2022 um 19 Uhr, in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, Residenz München, überreicht. Die Laudatio auf Judith Herzberg hält Kevin Perryman, über Ronya Othmann wird Alexandru Bulucz sprechen.

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Unerwartete Wege schlagen die Gedichte der 1934 geborenen Niederländerin Judith Herzberg ein, die in diesem Jahr mit dem Horst-Bienek-Preis für Lyrik ausgezeichnet wird. Ihre Lyrik ist spannend, verspielt, verdreht, gekennzeichnet von Lust am Widerspruch, von Ernst, manches Mal ernst wie der Tod, nur ohne Pathos oder Schwerfälligkeit. Immer wieder spielt sie mit unseren Erwartungen. Sie traut sich was – zum Beispiel, die Trauer in der Nähe der Ironie anzusiedeln. Scheinbar Belangloses aus dem Alltag, selbst eine Anekdote aus der Zeitung kann Ausgangspunkt für ihre Gedichte sein, deren Tonfall und Wortwahl häufig nach Alltag klingen, manchmal aber auch wie Märchen, und dann und wann wie ein Zauberspruch.

Judith Herzbergs Sicht der Welt ist nicht eindimensional. Ihre Gedichte evozieren keine heile oder harmonische Welt. Sie beobachtet genau und bezeichnet mit Präzision. Sie kommentiert selten und nie abschließend. Ihre Kunst ist nie laut, sie bringt uns oft zum Schmunzeln, zum Staunen. Neben vielen erfolgreichen Gedichtbänden erschienen von Judith Herzberg Theaterstücke, Fernsehdramen und Filme (1980 erhielt sie den Bayerischen Filmpreis).

Der Horst-Bienek-Preis für Lyrik ist mit € 10.000,- dotiert.

Den Förderpreis des Horst-Bienek-Preises für Lyrik erhält in diesem Jahr Ronya Othmann, geboren 1993 in München. Othmann ist eine Alleskönnerin und wird zurecht als eine der profiliertesten Public Intellectuals des Landes angesehen. Als Kolumnistin und Romanschreiberin setzt sie sich kenntnis- und materialreich mit Vertreibung, Flucht und Heimweh, mit Repressionen von und Massakern an Minderheiten auseinander. Aus ihrer eigenen Familiengeschichte hat sie eine Art Lebensthema herausgebildet, an das sie mit hohen ethischen und ästhetischen Ansprüchen herangeht und für das sie in ihrem ersten Gedichtband die verbrechen nun auch eine poetische Stimme gefunden hat.

Der Horst-Bienek-Förderpreis für Lyrik ist mit € 5000,- dotiert.

Der international ausgerichtete Preis wird aus dem Nachlass des Dichters Horst Bienek (geb. 1930 in Gleiwitz, gest. 1990 in München) ermöglicht, den er der Bayerischen Akademie der Schönen Künste vermacht hat mit der Auflage, eine Stiftung zu errichten. Im Mittelpunkt von Bieneks literarischem Schaffen steht die Gleiwitzer Tetralogie (1975-1982), in der er die Erinnerung an seine Kindheit mit der Chronik Oberschlesiens während des Zweiten Weltkriegs verbindet. Im Traumbuch eines Gefangenen (1957) und im Roman Die Zelle (1968) versuchte Bienek seine dreijährige Haft im Archipel Gulag zu verarbeiten.

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